Rz. 25

Wird eine Steuererklärung nicht abgegeben, so kann ein VZ festgesetzt werden, wenn ein Schätzungsbescheid erlassen wird. Eine mit inhaltlichen oder formellen Fehlern behaftete Steuererklärung (s. Rz. 18) kann nur dann einen VZ zur Folge haben, wenn sie mit derart schweren Mängeln behaftet ist, dass sie praktisch als nicht abgegeben anzusehen ist.[1] Ausgehend vom Zweck des VZ (s. Rz. 1) wird man von einem schwerwiegenden Mangel i. d. S. dann ausgehen können, wenn die abgegebene Erklärung nicht geeignet ist, das ordnungsgemäße Besteuerungsverfahren in Gang zu setzen.[2] Hinsichtlich der Mängel ist somit zu differenzieren:

 

Rz. 26

  • Wird die Steuererklärung nicht auf dem amtlichen bzw. dem gleichwertigen nicht amtlichen Vordruck abgegeben[3], so ist im Hinblick auf die in §§ 150 Abs. 1, 151 AO getroffene zwingende Regelung grundsätzlich ein schwer wiegender Mangel gegeben.[4] Allerdings dürfte eine fehlerhafte Ermessensausübung vorliegen, wenn ein VZ sofort ohne vorherigen Hinweis auf den Formfehler festgesetzt wird. Dies gilt zumal im Hinblick auf die gesetzliche Neufassung des § 150 AO.
  • Wird die USt-Voranmeldung per Telefax abgegeben, so kann kein VZ festgesetzt werden.[5]
 

Rz. 27

  • Unvollständige Angaben rechtfertigen nur dann einen VZ, wenn nicht einmal ein fehlerhaftes Besteuerungsverfahren durchgeführt werden kann.[6] Unbeachtlich ist insoweit auch das Fehlen der steuerstatistischen Angaben[7] und der Unterlagen.[8] Die Finanzbehörde muss hier die Vervollständigung der Steuererklärung erzwingen.[9] Selbst bei besonders lückenhaften Angaben dürfte die Festsetzung eines VZ aber ermessensfehlerhaft sein, wenn die Finanzbehörde den Stpfl. nicht zuvor auf die Möglichkeit der Vervollständigung hinweist. Dies dürfte auch gelten, wenn die E-Bilanz nicht mit der Steuererklärung abgegeben worden ist.[10]
 

Rz. 28

  • Wird eine "vorläufige" Steuererklärung abgegeben, so gibt der Stpfl. zu erkennen, dass er noch nicht in der Lage ist, exakte Angaben zu machen. Hier ist es Aufgabe der Finanzbehörde zu ermitteln[11], sofern die Angaben nicht grob lückenhaft sind (s. Rz. 27). Das Besteuerungsverfahren kann grundsätzlich beginnen, sodass ein VZ nicht festgesetzt werden kann.[12]
 

Rz. 29

Die fehlende Unterschrift beeinträchtigt den Beginn des Besteuerungsverfahrens nicht, sodass hierin kein schwerwiegender Mangel gesehen werden kann.[13] Dies gilt auch, wenn die Steuererklärung entgegen § 150 Abs. 3 AO von einem Vertreter unterzeichnet worden ist.

[1] Dißars, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 150 AO Rz. 7e.
[4] S. hierzu Dißars, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 150 AO Rz. 8; vgl. Mösbauer, BB 1982, 1294; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 152 AO Rz. 12; Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 152 AO Rz. 11; FG Nürnberg v. 31.1.1990, V 67/89, EFG 1990, 339.
[5] Dißars, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 150 AO Rz. 5b; BFH v. 4.7.2002, V R 31/01, BStBl II 2003, 45.
[6] S. Rz. 15; vgl. BFH v. 6.11.1969, IV 249/64, BStBl II 1970, 168; FG Münster v. 17.8.1989, V 914/85 U, EFG 1990, 89.
[8] § 150 Abs. 4 AO; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 152 AO Rz. 12; a. A. Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 152 AO Rz. 11.
[9] § 328 AO, Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 152 AO Rz. 12.
[10] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 152 AO Rz. 10.
[11] § 88 AO.
[12] Michel, BB 1962, 829; BFH v. 6.11.1969, IV 249/64, BStBl II 1970, 168; FG Münster v. 17.8.1989, V 914/85 U, EFG 1990, 89; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 152 AO Rz. 12.
[13] Einschränkend Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 152 AO Rz. 13; Brehm, DStZ 1995, 498; a. A. Schick, StuW 1988, 327; einschränkend auch Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 152 AO Rz. 11 für den Fall, dass die Unterschrift trotz Aufforderung nicht nachgeholt wird.

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