Rz. 9

Trotz Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 14 AO ist eine selbstständige und nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden, kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, wenn die Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse über eine Vermögensverwaltung nicht hinausgeht. Der Begriff der Vermögensverwaltung stellt daher ein negatives Tatbestandsmerkmal dar, durch das der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in der Weise konkretisiert wird, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eben nicht Vermögensverwaltung ist.

Eine Konkretisierung des aus Erfahrungswerten gewonnenen Begriffs des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs kann unter Rückgriff auf die ertragssteuerrechtliche Abgrenzung zum Gewerbebetrieb[1] abgeleitet werden.[2] Eine Vermögensverwaltung ist wesentlich dadurch gekennzeichnet, dass die Substanz eines Vermögens erhalten bleibt und die Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Früchte dieses Vermögens zu ziehen. Beschränkt sich der Inhaber des Vermögens jedoch nicht auf diese typische fruchtziehende und das Vermögen erhaltende Tätigkeit, sondern erbringt er weitere Leistungen, die über diesen Rahmen hinausgehen, oder ist seine Tätigkeit wesentlich auf Vermögensumschichtung statt auf Vermögenserhaltung gerichtet, wird der Rahmen der Vermögensverwaltung verlassen und ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet.[3] Beim gewerblichen Grundstückshandel wirkt die Überschreitung der sog. "3-Objekt-Grenze" innerhalb von 5 Jahren indiziell; Wertpapiergeschäfte führen dann zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, wenn die Tätigkeit dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung eine gewerbliche Aktivität ausmacht oder andere bei einer privaten Vermögensverwaltung ungewöhnliche Verhaltensweisen vorliegen. Demgegenüber liegt Vermögensverwaltung vor, wenn lediglich Gegenstände zur Nutzung überlassen werden[4], ohne dass weitere Leistungen übernommen werden. Die Verpachtung eines Vereinsheimes, eines landwirtschaftlichen bzw. gewerblichen Betriebs oder die Überlassung des Anzeigengeschäfts in einer Verbandszeitung führt grds. nicht zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.[5] Weitere Leistungen, die über die Gebrauchsüberlassung hinausgehen, können zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führen.[6]

Kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb liegt dagegen vor, wenn ein Verein eine Geschäftsstelle unterhält und diese nicht benötigtes Büromaterial veräußert (Hilfsgeschäfte) sowie bei der Erhebung von Mitgliederbeiträgen und ähnlichen Umlagen.

Zu weiteren Beispielen von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben vgl. § 64 AO Rz. 8 und, in Abgrenzung zum Zweckbetrieb (ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, der aus besonderen Gründen nicht steuerschädlich ist wie ggf. bei Durchführung von Karnevalsveranstaltungen[7]), § 65 AO Rz. 8ff. sowie die gesetzlichen Beispiele in §§ 6668 AO.

Die Verpachtung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist i. d. R. Vermögensverwaltung. Im Zeitpunkt der Verpachtung eines bisher selbst betriebenen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs besteht ein Wahlrecht, ob dies als Fortführung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs oder als Aufgabe des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs unter Aufdeckung der stillen Reserven behandelt werden soll.[8] Für den Bereich der Betriebe gewerblicher Art ist aber zu beachten, dass nach § 4 Abs. 4 KStG die Verpachtung in keinem Fall als Vermögensverwaltung angesehen wird; insoweit besteht aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung das Wahlrecht nicht.

 

Rz. 10

§ 14 AO nennt als Beispiele für die Vermögensverwaltung die praktisch wichtigen Fälle der verzinslichen Anlegung von Kapitalvermögen und der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen.

Die Verwaltung von Kapitalvermögen ist dann Vermögensverwaltung, wenn die Fruchtziehung, d. h. das Beziehen von Dividenden, Zinsen oder, bei der typischen stillen Beteiligung, Gewinnanteilen im Vordergrund steht. Ist das Halten von Anteilen an Kapitalgesellschaften dagegen darauf gerichtet, mittelbar oder unmittelbar, allein oder mit anderen, entscheidenden Einfluss auf die laufende Geschäftsleitung auszuüben, der über die bloße Ausübung der Gesellschafterrechte[9] hinausgeht, kann ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegen.[10] Das ist der Fall, wenn die Tagesentscheidungen beeinflusst werden.

 

Rz. 10a

Das Halten einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft kann auch dann zum Bereich eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gehören, wenn die Kapitalgesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen für die Nutzung durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zur Verfügung stellt und die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung vorliegen.[11] Die Regelungen über die Betriebsaufspaltung haben dann Vorrang vor den Regeln über die Vermögensverwaltung.[12]

Bei der Nutzung von Kapitalvermögen besteht die Besonderheit, dass eine gewisse Umschichtung der Vermögenssubstanz üblicherweise zur Vermögensverwaltung gehört und daher allein den Bereich der Vermögensver...

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