Rz. 2

In § 139b Abs. 2 AO finden sich – nach Finanzbehörden sowie anderen öffentlichen oder nicht öffentlichen Stellen differenzierende – Aussagen zu Art und Umfang der Erhebung bzw. Verwendung der Identifikationsnummer.

3.1 Verarbeitung durch Finanzbehörden (Abs. 2 S. 1)

 

Rz. 2a

Die Finanzbehörden dürfen unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Erforderlichkeit die Identifikationsnummer nur erheben und verwenden, soweit dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift die Erhebung oder Verwendung ausdrücklich erlaubt oder anordnet.[1] Zu den Rechtsvorschriften i. d. S. gehören neben Gesetzen und Rechtsverordnungen auch Satzungen.[2] Richtlinien, Erlasse und sonstige Verwaltungsvorschriften können eine Erhebung oder Verwendung hingegen nicht rechtfertigen. Da der unberechtigte Abruf der Identifikationsnummer bereits nach § 30 Abs. 6 AO untersagt ist, bzw. die datenschutzrechtlichen Restriktionen des § 29 Abs. 1 AO ohne weiteres auch die Verwendung der Identifikationsnummer beschränkt, ist wohl die Regelung des § 139b Abs. 2 S. 1 AO redundant bzw. könnte wohl auch ohne weiteres gestrichen werden.

Im Rahmen von Kontenabrufersuchen nach § 93 Abs. 7, 8 AO ist die Mitteilung der vom Kreditinstitut nach § 24c Abs. 1 KWG abgelegten Identifikationsnummer nur gegenüber Finanzbehörden zulässig.[3]

Eine spezialgesetzlich geregelte Pflicht hat z. B. ein Kreditinstitut für von ihm hergestellte oder vermittelte Beziehungen von inländischen Stpfl. zu Drittstaatengesellschaften i. S. d. § 138 AO.[4]

Da die Finanzbehörden untereinander ganz überwiegend nicht elektronisch nach Maßgabe des § 93c AO kommunizieren, ist die Mitteilung der Identifikationsnummer noch nicht geläufiger Standard. Allerdings beginnen die Finanzbehörden, die nach § 180 AO festzustellenden Besteuerungsgrundlagen elektronisch an die zuständige Finanzbehörde des Beteiligten weiterzugeben, sodass die Weitergabe der Identifikationsnummer in naher Zukunft immer häufiger vorkommen wird.

[1] Vgl. ausführlich Wiese, in Gosch, AO/FGO, § 139b AO Rz. 9ff.
[2] BFH v. 18.1.2012, II R 49/10, BStBl II 2012, 168; Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 139b Rz. 9; ausführliche Zusammenstellung bei Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 139b AO Rz. 3.

3.2 Verarbeitung durch andere Stellen (Abs. 2 S. 2)

 

Rz. 2b

Andere öffentliche oder nicht öffentliche Stellen[1] unterliegen nach § 139b Abs. 2 S. 2 AO noch strengeren Restriktionen. Die Befugnisse dieser Stellen erschöpfen sich im Wesentlichen in Handlungen, die zur Vornahme von Datenübermittlungen erforderlich sind. Darüber hinaus sind aber auch diese Stellen zur Erhebung und Verwendung der Identifikationsnummer befugt, wenn eine Rechtsvorschrift dies ausdrücklich erlaubt oder anordnet.

Bei der Verarbeitung der Identifikationsnummer haben diese Stellen die Vorgaben des Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1–4 strikt zu beachten. Insofern gelten im Vergleich zu Abs. 2 Satz 1, der die Vorgaben der Finanzbehörden enthält, striktere Vorgaben.[2]

So darf nach der Nr. 1 eine Verarbeitung der Identifikationsnummer nur erfolgen, wenn dies für eine Datenübermittlung an die Finanzbehörde erforderlich oder durch Gesetz zugelassen ist. Verarbeitung in diesem Sinne ist die Erhebung (im Regelfall durch Abruf), das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung.[3]

Hierunter fallen zum Beispiel der Mitwirkungspflichten von Behörden und anderer öffentlicher Stellen nach § 93a AO in Verbindung mit der zugrunde Mitteilungsverordnung, sowie die Pflicht zur Datenübermittlung nach § 93c AO. Soweit Dritte diese Mitteilungspflicht trifft, können diese die Identifikationsnummer beim BZSt erfragen.[4]

 

Rz. 2c

Von der Möglichkeit, die Nutzung der Identifikationsnummer ausdrücklich zuzulassen, hat der Gesetzgeber z. B. durch die Einfügung des § 10 Abs. 2a S. 4 EStG bereits Gebrauch gemacht. Danach melden bestimmte Versicherungsunternehmen, die Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Künstlersozialkasse die Beiträge ihrer Versicherten unter Angabe der Vertrags- und Versicherungsdaten sowie der Identifikationsnummer an die zentrale Stelle i. S. d. § 81 EStG (Deutsche Rentenversicherung Bund – DRV). Auch die Rentenversicherungsträger teilen der DRV nach dem durch das Gesetz zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen[5] eingeführten § 22a Abs. 1 EStG mittels einer Rentenbezugsmitteilung u. a. die jährlichen Rentenbezüge ihrer Versicherten unter Angabe der jeweiligen Identifikationsnummer mit.[6]

 

Rz. 2d

Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 erlaubt die Verwendung des Identifikationsmerkmals als Ordnungskriterium für ein Dateisystem nur, soweit dies der Datenübermittlung an die Finanzbehörde dient. Damit sind Dritte für die Wahrnehmung ihrer originären Aufgaben verpflichtet, a...

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