Rz. 85

Da es sich bei den völkerrechtlichen Vereinbarungen[1] nicht um Gemeinschaftsrecht im eigentlichen Sinn handelt, das Gemeinschaftsrecht zunächst nur partielle Regelungen dieses Bereichs enthielt[2] und eine Informationspflicht der Kommission der EG nicht vorgesehen war, erging am 19.5.1981 als umfassende Grundsatzregelung der Amtshilfe in Zollsachen die VO/EWG Nr. 1468/81 des Rates betreffend die gegenseitige Unterstützung der Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission, um die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und Agrarregelungen zu gewährleisten.[3] Diese Verordnung ist durch die VO/EWG Nr. 515/97 des Rates v. 13.3.1997 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission im Hinblick auf die ordnungsmäßige Anwendung der Zollvorschriften und der Agrarregelung[4] ersetzt worden.

 

Rz. 86

Die VO/EWG Nr. 515/97 unterscheidet wie die VO/EWG 1468/81 die "Unterstützung auf Antrag" und die "Unterstützung ohne vorhergehenden Antrag".[5] Ihr Anwendungsbereich beschränkt sich einerseits auf die gegenseitige Unterstützung zur Durchführung des Gemeinschaftsrechts, schließt andererseits aber auch die Agrarregelungen ein, die nicht mit der Ein- oder Ausfuhr von Waren zusammenhängen. Die Rechtshilfe in Strafsachen bleibt unberührt. Unterstützung ist sowohl im Erhebungs- oder Erstattungsverfahren als auch zur Vorbeugung oder Ermittlung von Zuwiderhandlungen gegen Zoll- oder Agrarregelungen zu leisten. Die Ermittlungen der ersuchten Behörde sind wie innerstaatliche Verfahren durchzuführen. Es findet ein Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission sowie eine Zusammenarbeit mit Drittländern statt. Alle aufgrund der Verordnung erteilten Auskünfte unterliegen dem Berufsgeheimnis, das das Steuergeheimnis umfasst.

Die Verordnung v. 13.3.1997 enthält u. a. eingehende Regelungen über die Errichtung eines Zollinformationssystems (ZIS) als umfassende Sammlung von vor allem personenbezogenen Daten in elektronischer Form, die allen Mitgliedstaaten und der EU-Kommission zugänglich ist. Hierzu ist ein deutsches nationales ZIS-Ausführungsgesetz v. 31.3.2004[6] ergangen.

 

Rz. 87

Die VO/EWG Nr. 515/97 lässt das EUAmtshGesetz (vgl. NG 3) und das Beitreibungsgesetz-EU unberührt. Unberührt bleiben ferner die Abkommen der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten[7] sowie die Verträge der EU mit Drittstaaten.[8] Soweit völkerrechtliche Verträge zwischen den Mitgliedstaaten bestehen[9], geht die Verordnung als unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht den Verträgen in gleicher Weise vor wie dem nationalen Recht. Das einzelstaatliche Recht gilt jedoch ergänzend.

[2] Vgl. z. B. Art. 38 VO/EWG Nr. 222/77 des Rates v. 13.12.1976 über das gemeinschaftliche Versandverfahren, Abl. EG 1977, Nr. L 32.
[3] Abl. EG 1981, Nr. L 144/1; VSFZ 4607.
[4] Abl. EG 1997, Nr. L 82 v. 22.3.1997, 1.
[5] Zu dieser Spontanauskunft s. BFH v. 16.11.1999, VIII R 95/98, BFH/NV 2000, 531.
[6] BGBl I 2004, 482.

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