Rz. 22

Die meisten Abkommen der Bundesrepublik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen, z. T. auch weiterer Steuern, enthalten Regeln über einen gegenseitigen Informationsaustausch. Diese in Anwendungsbereich und Inhalt weitgehend zwar typisierten, aber doch weit auseinandergehenden Vereinbarungen gehen in aller Regel auf Art. 26 OECD-Musterabkommen[1] zurück. Dieses Musterabkommen und der dazu ergangene Kommentar[2] sind in ihrer Fassung immer wieder modifiziert und geändert worden, um der zwischenzeitlichen Entwicklung der Sachverhalte über die Grenzen Rechnung zu tragen. Das gilt für das gesamte Musterabkommen, aber auch für seinen Art. 26 über den Informationsaustausch. Zurzeit gilt das OECD-Musterabkommen i. d. F. von 2014. Wegen der Modifizierungen sind auch die nach und nach verhandelten, abgeschlossenen und eventuell später überarbeiteten DBA in ihren Fassungen unterschiedlich, auch wenn die vertragsschließenden Staaten sich weitgehend an das OECD-Musterabkommen halten wollten.

 

Rz. 23

Die DBA, die fast alle die Vereinbarung einer Informationsregelung enthalten[3] werden meist grob in Abkommen mit "Kleiner Auskunftsklausel" und solche mit "Großer Auskunftsklausel" unterteilt.[4] Diese Grobeinteilung wird den Abweichungen der einzelnen Vereinbarungen von den Typen nicht voll gerecht. Auf solche Abweichungen wird in der DBA-Übersicht hingewiesen. Dabei gehen beide Typen von Klauseln auf Art. 26 OECD-Musterabkommen in den jeweiligen Fassungen zurück.

Maßgebend für alle Auskunftsanfragen ist nach Abs. 1, dass die ersuchte Information für die Besteuerung erheblich ist.[5] Für ein Auskunftsersuchen bedarf es stets eines konkreten Anlasses. Eine reine Vermutung reicht nach diesem internationalen Standard nicht aus.[6] Damit sind Anfragen ohne konkreten steuerlichen Bezug im Einzelfall[7] oder allein auf Verdacht bzw. zur Beweisausforschung (sog. fishing expeditions[8]) ausgeschlossen. Möglich sind dagegen Gruppenanfragen, sofern diese notwendig sind und nicht zu einer fishing expedition führen, auch wenn die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann.[9] Die OECD[10] setzt dafür voraus, dass der ersuchende Staat die voraussichtliche Erheblichkeit des Ersuchens nachweist. Dafür bedarf es einer detaillierten Beschreibung der Gruppe und einer konkreten Darlegung aller erheblicher Fakten, Belege und Umstände. Zudem muss ein für die Gruppe bzw. die Mitglieder der Gruppe konkretes Verhalten beschrieben werden, welches nach Auffassung des ersuchenden Staates seinem nationalen Steuerrecht widerspricht und deswegen zu einer nicht gesetzeskonformen Besteuerung führt.

Zu beachten ist im Übrigen, dass im Beitrittsgebiet ab 1.1.1991 die von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen DBA anzuwenden sind, also auch bei der ausländischen Besteuerung auf diesem Gebiet. Dagegen sind die DBA der früheren DDR seit dem 1.1.1991 nicht mehr anzuwenden. Hierüber ist mit den Staaten Ägypten, Indien, Belgien, Indonesien, China, Irland, Dänemark, Island, Ecuador, Japan, Kanada, Schweiz, Korea, Simbabwe, Luxemburg, Singapur, Malaysia, Spanien, Malta, Sri Lanka, Marokko, Südafrika, Niederlande, Thailand, Norwegen, Tschechoslowakei, Österreich, Tunesien, Philippinen, UdSSR (GUS), Polen, Ungarn, Rumänien, Uruguay, Sambia, Zypern und Schweden Einvernehmen erzielt worden (vgl. BMF-Nachrichten Nr. 1/92). Andererseits ist zu beachten, dass durch die Aufteilung früherer Staaten, mit denen DBA geschlossen waren, in selbstständige Staaten (frühere UdSSR, früheres Jugoslawien, frühere Tschechoslowakei) die Frage der Weitergeltung durch völkerrechtliche Vereinbarungen mit den neuen Staaten sichergestellt werden musste.[11]

 

Rz. 24

Die für die gegenseitige Amtshilfe maßgebende Klausel des OECD-Musterabkommen 2014 lautet:

Zitat

Art. 26 Informationsaustausch

  1. Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten tauschen die Informationen aus, die zur Durchführung dieses Abkommens oder zur Verwaltung oder Anwendung des innerstaatlichen Rechts betreffend Steuern jeder Art und Bezeichnung, die für Rechnung der Vertragsstaaten oder ihrer Gebietskörperschaften erhoben werden, voraussichtlich erheblich sind, soweit die diesem Recht entsprechende Besteuerung nicht dem Abkommen widerspricht. Der Informationsaustausch ist durch Art. 1 und 2 nicht eingeschränkt.
  2. Alle Informationen, die ein Vertragsstaat nach Abs. 1 erhalten hat, sind ebenso geheimzuhalten wie die aufgrund des innerstaatlichen Rechts dieses Staates beschafften Informationen und dürfen nur den Personen und Behörden (einschließlich der Gerichte und Verwaltungsbehörden) zugänglich gemacht werden, die mit der Veranlagung oder Erhebung, der Vollstreckung oder Strafverfolgung oder mit der Entscheidung von Rechtsmitteln hinsichtlich der in Abs. 1 genannten Steuern oder mit der Aufsicht über diese Personen oder Behörden befasst sind. Diese Personen oder Behörden dürfen die Informationen nur für diese Zwecke verwenden. Sie dürfen die Informationen in einem öffentl...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge