Rz. 2

§ 102 AO begründet für die hier aufgezählten Träger von Berufsgeheimnissen ein Auskunftsverweigerungsrecht und erweitert für das gesamte Verwaltungsverfahren in Abgabenangelegenheiten[1] den zur Auskunftsverweigerung berechtigten Personenkreis über § 101 AO hinaus. § 102 AO enthält eine abschließende Aufzählung der geschützten Berufsgeheimnisse[2] und ist unanwendbar, wenn die Auskunftsperson nicht zum Kreis der hier genannten Berufsangehörigen zählt.[3]

Das auf dem Vertrauensverhältnis zwischen dem Kreditinstitut und seinen Kunden beruhende sog. Bankgeheimnis berechtigt Bankmitarbeiter nicht zur Auskunftsverweigerung.[4] Das Steuergeheimnis[5] begründet ebenfalls kein Auskunftsverweigerungsrecht, wenn die Auskunftsperson kein Amtsträger ist.[6] Das Auskunftsverweigerungsrecht des Berufsangehörigen hindert auch nicht die Ermittlungen gegen ihn in seiner eigenen Steuersache und insbesondere nicht die Anordnung der Außenprüfung unabhängig davon, ob ggf. die einzelne Prüfungsmaßnahme (z. B. die Ausfertigung von Kontrollmitteilungen) zulässig ist.[7] Der Berufsträger muss im Falle einer zusammenfassenden Meldung nach § 18a UStG die USt-Identitätsnummer seines Partners aus einem anderen Land angeben.[8] Im Grunde geht es hier um die Durchsetzung des Rechts auf gleichmäßige Besteuerung.[9] Die in § 102 Abs. 1 Nr. 3 AO Genannten können auch die Vorlage von Fahrtenbüchern[10] und Bewirtungsaufwendungen[11] nicht verweigern.[12]

 

Rz. 3

Geschützt werden durch § 102 AO Personenkreise oder Institutionen, denen der Bürger i. d. R. weitgehende persönliche oder wirtschaftliche Informationen gibt, sodass ein besonderes persönliches Vertrauensverhältnis begründet wird. Gegenüber diesem besonderen Vertrauensverhältnis muss das Interesse an der steuerlichen Sachverhaltsaufklärung zurücktreten.[13] Zugleich wird für diesen Personenkreis ein aus der beruflichen Tätigkeit resultierender Interessenkonflikt ausgeschaltet oder auch die Institution geschützt, der die Person angehört (s. Rz. 12–15).

 

Rz. 4

§ 102 AO begründet kein generelles Auskunftsverweigerungsrecht des Berufsangehörigen, sondern nur ein solches hinsichtlich des jeweils betroffenen Vertrauensverhältnisses.[14] Hilfspersonen des Berufsangehörigen haben nur ein abgeleitetes Weigerungsrecht. Die Entscheidung über das Vorliegen einer Gehilfenstellung liegt beim Berufsangehörigen (vgl. auch Rz. 28).

 

Rz. 5

Die Ausübung des Auskunftsverweigerungsrechts steht nach § 102 AO allein im Ermessen des Weigerungsberechtigten. Die Finanzbehörde darf im Rahmen ihrer Ermittlungstätigkeit demgemäß diese auch nicht unterstellen.[15] Der Beteiligte hat gegenüber der Finanzbehörde und dem Weigerungsberechtigten keinen Anspruch darauf, dass der Weigerungsberechtigte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht[16], er kann ggf. nur umgekehrt durch Entbindung die Ausübung des Aussageverweigerungsrechts verhindern.[17]

Auch wenn sich aus dem Mandatsverhältnis[18] oder aus anderem Rechtsgrund Verschwiegenheitspflichten ergeben[19], berührt dies den Entscheidungsspielraum des Weigerungsberechtigten nicht. Die unter Verletzung nichtsteuerlicher Verschwiegenheitspflichten erteilte Auskunft ist für das Besteuerungsverfahren voll verwertbar.[20]

 

Rz. 6

Das Auskunftsverweigerungsrecht ist nur davon abhängig, dass das Vertrauensverhältnis einmal begründet worden ist. Die berufliche Beziehung zwischen dem Berufsangehörigen und dem Beteiligten braucht zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens nicht mehr existent zu sein.[21]

 

Rz. 7

Wegen der Geltendmachung des Verweigerungsrechts s. Vor §§ 101106 AO Rz. 6. Eine Begründung für die Ausübung des Verweigerungsrechts muss nicht gegeben werden.[22] Wegen der Beweiswürdigung s. Pahlke, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, Vor §§ 101–106 AO Rz. 13. Wegen des Rechtsschutzes s. Pahlke, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, Vor §§ 101106 AO Rz. 6ff.

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