Rz. 4

Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung liegt dort, wo der maßgebende Wille der Körperschaft, Personenvereinigung, Gesellschaft oder des Unternehmens gebildet wird. Das ist dort, wo die für die Geschäftsführung erforderlichen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit angeordnet werden[1], also die den Willen gestaltenden Personen ihre Entscheidungen treffen. Wo das konkret liegt, hängt von den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall ab. Das gilt auch hinsichtlich der Frage, welche Person oder Personen den maßgeblichen Willen bilden. Auch eine sehr starke Einflussnahme eines Mehrheits- oder Alleingesellschafters hat für sich noch keinen geschäftsleitenden Charakter. Umgekehrt können auch nur die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen den entscheidenden Willen gestalten. Greift der inländische Mehrheitsgesellschafter in den gewöhnlichen Geschäftsverkehr der ausländischen Gesellschaft nicht aktiv ein und überwacht ihn nur, so fehlt i. d. R. eine Geschäftsleitung im Inland.[2] Das Büro oder die Wohnung eines Aufsichtsrats werden i. d. R. nicht den Ort der Geschäftsleitung eines Unternehmens begründen.[3]

 

Rz. 5

Werden die wichtigen Maßnahmen und Entscheidungen nicht nur an einem einzigen Ort getroffen, so ist maßgebend, wo sich die in organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht bedeutungsvollste Stelle befindet.[4] Das kann, soweit eine Zuordnung nach einer Gesamtwürdigung nicht möglich ist, an mehreren Orten gegeben sein.[5]

[2] RFH, RStBl 1940, 706; Birk, in HHSp, AO/FGO, § 10 AO Rz. 14; Strahl KÖSDI 2010, 17126f.
[3] Buciek, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 10 AO Rz. 35.
[5] Vgl. Rz. 2; anders (noch) BFH v. 3.7.1997, IV R 58/95, BFH/NV 1998, 400; Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 10 AO Rz. 6; v. Wedelstädt, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 21. Aufl. 2015, § 10 AO Rz. 5; Buciek, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 10 AO Rz. 29.

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