Rz. 1

Die Vorschrift regelt den Anwendungsbereich der AO. Sie muss sich dabei an die vom GG gezogenen Grenzen des Bundesgesetzgebungsrechts halten. In den unmittelbaren Anwendungsbereich fallen daher nicht die landesgesetzlich geregelten Steuern. Nach Art. 108 Abs. 5 GG könnte der Bundesgesetzgeber zwar verfahrensrechtliche Vorschriften auch für die örtlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern erlassen, für die im Übrigen die Länder die Gesetzgebungsbefugnis haben. Da die AO jedoch neben verfahrensrechtlichen Vorschriften in erheblichem Umfang materielles Recht enthält, ist von einer teilweisen Anwendung der AO auf solche Steuern abgesehen worden. Dies gilt für alle landesrechtlich geregelten Steuern.

§ 1 Abs. 2 Nr. 1 wurde mit Wirkung ab 25.5.2018 erweitert (s. dazu Rz. 22). Mit Wirkung ab 29.12.2020 wurde § 1 Abs. 2 Nr. 6 AO eingefügt (Rz. 23a).

 

Rz. 2

Abs. 1 befasst sich mit der Anwendung der AO auf bundesrechtlich geregelte Steuern und Steuervergütungen. Sie regelt abweichend von § 3 Abs. 1 RAO den Anwendungsbereich enger nur für Steuern und nicht weiter für öffentlich-rechtliche Abgaben. Hauptaufgabe der Bundes- und Landesfinanzbehörden ist nämlich die Verwaltung von Steuern. Aus Klarheitsgründen besagt § 3 Abs. 3 AO ausdrücklich, dass Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Art. 5 Nr. 20 und 21 des Zollkodex der Union (UZK) Steuern i. S. d. AO sind. Die früheren Währungsausgleichsbeträge, die im innergemeinschaftlichen Handel gewährt werden, fallen nicht unter die AO.[1]

 

Rz. 3

Die Steuervergütungen sind in Abs. 1 zur Klarstellung besonders erwähnt. Bei den Steuererstattungen können dagegen keine Zweifel am Zusammenhang mit der Steuer bestehen. Bei ihrer Verwaltung handelt es sich zugleich um die Verwaltung der Steuer. Weder Steuervergütungen noch Steuererstattungen sind die mit der Steuerverwaltung verbundenen Subventionen wie Zulagen und Prämien. Sie bedürfen einer besonderen Regelung, welche die AO doch Anwendung finden lässt. Das geschieht durchweg in der Weise, dass die Regeln für Steuervergütungen für entsprechend anwendbar erklärt werden (vgl. Rz. 34).

 

Rz. 4

Wegen des Vorrangs des Rechts der Europäischen Gemeinschaften ist durch das SteuerändG 2001 v. 20.12.2001, BGBl I 2001, 3794 mit späteren Änderungen sowohl in Abs. 1 durch Anfügung eines S. 2 als auch durch Neufassung des Abs. 3 S. 1 die Formulierung "vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Union" eingefügt worden. Wenn und soweit Europäisches Gemeinschaftsrecht vorgeht, wie z. B. beim Zollkodex gegenüber der AO oder bei den EU-Verordnungen, treten die Regeln der AO zurück (vgl. Rz. 16ff.).

In Abs. 2 ist die Anwendbarkeit zahlreicher Vorschriften der AO auf die Realsteuern geregelt, während Abs. 3 eine sinngemäße Anwendung der Vorschriften der AO auf die steuerlichen Nebenleistungen, die keine Steuern, sondern Abgaben sind, vorsieht.[2]

 

Rz. 5

§ 1 AO überlässt die Regelung der Anwendung von AO-Vorschriften auf andere Rechtsgebiete, etwa der darreichenden Verwaltung (z. B. Spar- und Wohnungsbauprämienrecht) oder auf Subventionen und Vergütungen nach dem EG-Marktordnungsrecht, den besonderen Gesetzen in diesen Rechtsgebieten.

[1] FG Hamburg v. 4.10.1978, IV 61/77 H, EFG 1979, 33; a. A. BFH v. 27.6.1978, VII R 68/77, HFR 1978, 367.
[2] Aufzählung dieser Abgaben in § 3 Abs. 4 AO.

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