Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage an das Bundesverfassungsgericht wegen Verfassungswidrigkeit der Gewerbeertragsteuer und der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
  2. Dem BVerfG wird zum dritten Mal die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Vorschriften des GewStG über die Gewerbeertragsteuer und die Abfärberegelung in § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG in der jeweils für den Veranlagungszeitraum 1988 geltenden Fassung verfassungswidrig sind.
 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 100; BVerfGG § 80; EStG §§ 13, 15 Abs. 3 Nr. 1, § 18; GewStG §§ 1-2, 5-8, 10-11, 14, 16, 18

 

Streitjahr(e)

1988

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 15.01.2008; Aktenzeichen 1 BvL 2/04)

Niedersächsisches FG (Beschluss vom 14.04.2005; Aktenzeichen 4 K 317/91)

 

Tatbestand

A. Einleitende Darlegungen

I. Der Senat legt dem Bundesverfassungsgericht die Fragen der Vereinbarkeit der Gewerbeertragsteuer und der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG zum dritten Mal zur Entscheidung vor, nachdem die beiden vorangegangenen Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Senats vom 23.07.1997 (EFG 1997, 1456; FR 1997, 864; BB 1997, Beilage 16 zu Heft 45) und vom 24.06.1998 (EFG 1998, 1428; FR 1998, 1041) durch die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts als unzulässig zurückgewiesen worden sind (Beschlüsse vom 05.05.1998 – 1 BvL 23/97, HFR 1998, 680; BB 1998, 1292 und vom 17.11.1998 – 1 BvL 10/98, BStBl II 1999, 509). Der Senat ist gezwungen, diesen Weg erneut zu beschreiten. Er kann den vorliegenden Rechtsstreit ohne weitere Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht auf gesetzmäßige Weise entscheiden.

Weil der Senat nach erneuter Überprüfung weiterhin von der Verfassungswidrigkeit der Gewerbeertragsteuer und der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG überzeugt ist, es nach seiner Auffassung für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Gültigkeit dieser Regelungen ankommt und die in den zurückweisenden Beschlüssen der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts benannten Zulässigkeitsmängel nach Auffassung des Senats entweder nicht vorhanden oder behebbar sind, besteht die Entscheidungssperre nach Art. 100 Abs. 1 GG für den Senat fort und er muss – mit einem neuen Versuch, die Zulässigkeitsanforderungen zu erfüllen – erneut die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen (vgl. zur Notwendigkeit wiederholter Vorlagen Ulsamer, in: Maunz/ Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Kommentar zum BVerfGG, Loseblatt, Stand September 2003, § 81, Rdn. 28).

II. Zur Begründung dieser Vorlage nimmt der Senat zunächst Bezug auf den 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss vom 24.06.1998 (B.). Es folgen ergänzende Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der beiden Vorlagefragen (C.) und zur Zulässigkeit der Vorlage in Bezug auf beide Vorlagefragen (D.).

III. Der Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17.11.1998 (1 BvL 10/98), mit dem der 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Senats als unzulässig zurückgewiesen wurde, ist nach Auffassung des vorlegenden Gerichts an entscheidender Stelle widersprüchlich, er missachtet die Bindung der Kammer an die Senatsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, er richtet eine aus der Sicht des Senats unzulässige Zulässigkeitshürde für die Vorlage betreffend die Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auf und er stellt mit Rücksicht auf das Grundrecht der Kläger auf effektiven Rechtsschutz nach Auffassung des Senats allgemein zu hohe Anforderungen an die Zulässigkeit von Richtervorlagen gemäß Art. 100 Abs. 1 GG.

Weil es für die Beurteilung der Zulässigkeit dieser dritten Vorlage und den Ausgang des gesamten Verfahrens auf diese Punkte entscheidend ankommt, kann es der Senat trotz der gebotenen Rücksichtnahme auf die besondere Stellung des Bundesverfassungsgerichts nicht vermeiden, sich an dieser Stelle mit dem Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17.11.1998 kritisch auseinanderzusetzen.

Der Kammerbeschluss vom 17.11.1998 hält die Darlegungen des Senats im 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss zur Verfassungswidrigkeit der Gewerbeertragsteuer im Hinblick auf die seiner Ansicht nach einzuhaltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen für unzulänglich. In Bezug auf die zweite Vorlagefrage, die Vereinbarkeit der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG, bezeichnet er die Frage der Vereinbarkeit der Gewerbeertragsteuer mit Art. 3 Abs. 1 GG als vorgreiflich, eine materiell-rechtliche Überprüfung dieser Frage wegen der Unzulässigkeit der diesbezüglichen Vorlage jedoch für unerreichbar und folgert aus der Unzulässigkeit der Vorlage zur Gewerbeertragsteuer die Unzulässigkeit der Vorlage zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Der Kammerbeschluss vom 17.11.1998 legt seiner Beurteilung der Zulässigkeit der Vorlage zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG also nicht die Entscheidung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 25.10.1977 (BVerfGE 46, 2...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge