1 Systematische Einordnung

Die indirekte Steueranrechnung dient der Vermeidung einer Doppelbesteuerung. Anders als bei der Anrechnungsmethode, die eine direkte Steueranrechnung vorsieht, wird aber nicht die juristische, sondern die wirtschaftliche Doppelbesteuerung vermieden, d. h. es wird die doppelte Besteuerung derselben Einkünfte bei verschiedenen Stpfl. (und nicht wie bei der juristischen Doppelbesteuerung bei demselben Stpfl.) vermieden. Eine derartige doppelte Besteuerung bei verschiedenen Stpfl. kann z. B. erfolgen, wenn Ausschüttungen aus versteuertem Gewinn beim Anteilseigner noch einmal besteuert werden. Auch wenn die indirekte Steueranrechnung in Deutschland wegen der Europarechtswidrigkeit der damaligen Regelung abgeschafft worden ist, verstößt sie nicht per se gegen das Europarecht. In der Mutter-Tochter-Richtlinie ("Mutter-Tochter-Richtlinie") ist sie gleichwertig neben der Freistellungsmethode als Methode zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung vorgesehen.[1]

[1] EuGH v. 12.12.2006, C-374/04 (Test Claimant in the FII Group Litigation), BFH/NV Beilage 2007, 163, IStR 2007, 138.

2 Inhalt

Von einer indirekten Steueranrechnung spricht man, wenn der inl. Stpfl. eine ausl. Steuer anrechnen kann, die nicht er selbst, sondern ein anderer Stpfl. gezahlt hat. Es geht daher nicht um die Anrechnung von im Ausland erhobener Quellensteuer, sondern um die Anrechnung der von der Tochtergesellschaft gezahlten KSt bei der Muttergesellschaft. Eine indirekte Steueranrechnung war im körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren vorgesehen. Die Muttergesellschaft kann die KSt der Tochtergesellschaft auf ihre eigene Steuerbelastung anrechnen. In Deutschland ist das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren abgeschafft worden. Daher ist auch keine indirekte Steueranrechnung mehr möglich. Im nationalen Recht wird eine doppelte Besteuerung z. B. bei Streubesitzbeteiligungen gem. § 8b Abs. 4 KStG hingenommen; eine Anrechnung von Gewinnsteuern der Tochtergesellschaft bei der Muttergesellschaft erfolgt nicht. Eine indirekte Steueranrechnung kennt Deutschland nur in § 12 Abs. 1 AStG.

Sofern andere Staaten das Anrechnungsverfahren noch anwenden, kommt es regelmäßig auch zu einer indirekten Steueranrechnung. Die Anrechnung der ausl. Steuer ist regelmäßig der Höhe nach auf die bei der Muttergesellschaft angefallene Steuer begrenzt. Angerechnet werden können i. d. R. auch Steuern einer Enkelgesellschaft.

3 Praxisfragen

Die indirekte Steueranrechnung erfolgt grundsätzlich im Hinblick auf die Steuer, die eine inl. Tochtergesellschaft gezahlt hat. Da nicht danach unterschieden werden darf, ob eine Tochtergesellschaft im In- oder Ausland ansässig ist ("Diskriminierungsverbot (EU)"), muss innerhalb Europas auch eine ausl. Steuer grundsätzlich anrechenbar sein.[1] Auch insoweit kann aber die Anrechnung der Höhe nach auf die bei der Muttergesellschaft auf die Ausschüttungen anfallende Steuer begrenzt werden.

[1] EuGH v. 7.9.2004, C-319/02 (Manninen), BFH/NV Beilage 2005, 1, HFR 2004, 1262; EuGH v. 12.12.2006, C-374/04 (Test Claimant in the FII Group Litigation), BFH/NV Beilage 2007, 163, IStR 2007, 138.

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