FinMin Baden-Württemberg, 20.3.2003, 3 - S 4521/13

 

1. Abgabenrechtliche Geltendmachung von Erschließungsbeiträgen

Nach Abschn. 1 letzter Satz des Erlasses vom 25.7.2002 gehört der Erschließungsbeitrag nach dem BauGB dann nicht zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung, wenn eine Kommune eigene erschlossene Grundstücke veräußert und den Erschließungsbeitrag abgabenrechtlich geltend macht. Eine abgabenrechtliche Geltendmachung liegt vor, wenn ein entsprechender Verwaltungsakt (Beitragsbescheid) der betreffenden Gemeinde ergeht oder wenn zwischen der Gemeinde und dem Erwerber ein öffentlich-rechtlicher (subordinationsrechtlicher) Vertrag über die Erschließungsbeiträge geschlossen wird (vgl. Münchener Komm., 4. Aufl., vor § 145 Rdn. 35 bis 39, Boruttau, 15. Aufl., § 9 Rdn. 298).

 

2. Beiträge nach dem KAG Baden-Württemberg

Abweichend von Abschn. 1 letzter Satz des Erlasses vom 25.7.2002 (a.a.O.) gehören Beiträge, die auf der Grundlage des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes i.d.F. vom 28.5.1996 (Gesetzblatt für Baden-Württemberg S. 481) – KAG – erhoben werden, zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung. Nach § 10 Abs. 7i.V. mit § 9 Abs. 5 KAG entsteht für gemeindeeigene Grundstücke die Beitragspflicht in dem Zeitpunkt, in dem sie bei einem Dritten entstehen würde, d.h. sobald das Grundstück an die Einrichtung oder den Teil einer Einrichtung angeschlossen werden kann (abstrakte Beitragspflicht). Einer Konkretisierung der Beitragspflicht mittels Bescheid bzw. öffentlich-rechtlichem (subordinationsrechtlichem) Vertrag wie bei § 134 Abs. 1 BauGB bedarf es daher insoweit nicht. Im Anwendungsbereich des KAG kann eine Gemeinde deshalb – anders als im Anwendungsbereich des BauGB (vgl. BVerwG-Urteil vom 21.10.1983, 8 C 29.82, Deutsches Verwaltungsblatt 1984 S. 188; vom 5.7.1985, Die Öffentliche Verwaltung 1985 S. 1078, BFH-Urteil vom 30.1.1985, BStBl 1985 II S. 373) auch ihr eigener Beitragsschuldner sein.

Der fingierte Entstehungszeitpunkt der Beitragspflicht nach § 10 Abs. 7i.V. mit § 9 Abs. 5 KAG führt dazu, dass die vom Grundstückseigentümer übernommenen Erschließungsbeiträge auf landesrechtlicher Grundlage dann zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage gehören, wenn die entsprechende Erschließungsanlage im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs bereits fertig gestellt war.

 

3. Teilweise Erschließung und Erhebung von Teilbeträgen

Nach Abschn. 1 des Erlasses vom 25.7.2002 (a.a.O). kann Gegenstand eines Erwerbsvorgangs nur das „erschlossene Grundstück” sein, wenn sämtliche nach dem örtlichen Baurecht vorgeschriebenen öffentlichen Erschließungsanlagen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits vorhanden (hergestellt) sind. In vielen Baugebieten werden die Erschließungsanlagen nicht in einem Zug, sondern schrittweise entsprechend dem Fortgang der Bautätigkeit in diesem Gebiet fertiggestellt. Dementsprechend ist häufig ein Teil der Grundstücke bautechnisch bereits vollständig erschlossen, während bei anderen Grundstücken die Erschließungsanlagen erst teilweise fertiggestellt sind. Für die Gemeinden dürfte es schwierig sein, den Stand der Erschließung eines einzelnen Grundstücks zu einem bestimmten Stichtag mitzuteilen. Für sie ist der Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage insgesamt und nicht das einzelne Grundstück von Bedeutung, weil dies eine Voraussetzung für die Entstehung des öffentlich-rechtlichen Anspruchs auf den Erschließungsbeitrag ist (§ 133 Abs. 2 BauGB). Aus vorstehenden Gründen ist bei der Frage, ob Gegenstand des Erwerbsvorgangs ein „erschlossenes Grundstück” ist, auf die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen im jeweiligen Baugebiet abzustellen.

Eine Beitragspflicht kann sich auch aus Teilmaßnahmen der Erschließung ergeben. Nach § 133 Abs. 2 BauGB entsteht die Beitragspflicht für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind (sachliche Beitragspflicht).

Ein Grundstück, für das entsprechende Teilbeträge entstanden sind, kann nicht als „erschlossenes Grundstück” i.S. von Abschn. 1 des Erlasses vom 25.7.2002 angesehen werden. Der Abschluss von Teilmaßnahmen im Rahmen einer Erschließung kann der Fertigstellung sämtlicher nach dem örtlichen Baurecht erforderlichen öffentlichen Erschließungsanlagen nicht gleichgestellt werden.

 

4. Vorausleistungen auf Erschließungsbeiträge

Nach Abschn. 2 Buchstabe a) letzter Satz des Erlasses vom 25.7.2002 (a.a.O.) sind Vorausleistungen auf Erschließungsbeiträge, die der Erwerber eines noch nicht erschlossenen Grundstücks dem Veräußerer erstattet, nicht Teil der Gegenleistung. Dies gilt auch, wenn der Grundstückserwerber entsprechende Verpflichtungen des Veräußerers übernimmt.

Soweit eine Gemeinde nach § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB vom Eigentümer eines Grundstücks Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag verlangt (hat) und diese Vorausleistungslast bei der Veräußerung des Grundstücks vom Veräußerer vertraglich auf den Grundstückserwerber abgewälzt wird, ist darin keine grunderwe...

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