1 Systematische Einordnung

Für die Zuordnung von Gewinnpotenzial hat die Verteilung der Funktionen und Risiken eine große Bedeutung ("Funktions- und Risikoanalyse"). Werden diese verändert, so führt dies zu einer anderen künftigen Gewinnsituation der Gesellschaften innerhalb des Konzerns. Daher stellt sich die Frage, ob die Verlagerung von Funktionen zu einem Entschädigungsanspruch der abgebenden Gesellschaft führt. Mit dem Gesetz v. 14.8.2007[1] wurde der Tatbestand der Funktionsverlagerung erstmalig gesetzlich geregelt. Gem. § 21 Abs. 16 AStG sollen diese Regelungen "erstmals für den Vz 2008 anzuwenden" sein. Das BMF hat dazu die "Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen (FunktionsverlagerungsverordnungFVerlV)" veröffentlicht.[2] Die Regelungen sind Ausfluss des hypothetischen Fremdvergleichs ("Fremdvergleich (hypothetischer)"). Hieraus folgt, dass eine Anwendung des Transferpaketansatzes ausscheidet, wenn eine Preisbestimmung auf der Grundlage des tatsächlichen Fremdvergleichs erfolgen kann. Dies ist jedoch nur selten der Fall, weil häufig entweder Funktionen gar nicht auf fremde Dritte übertragen werden oder dies nicht unter vergleichbaren Verhältnissen geschieht. Durch das Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz[3] wurden diese Regelungen in § 1 Abs. 3b AStG zusammengefasst. Hierbei erfolgten einerseits redaktionelle Änderungen, aber auch inhaltliche Modifikationen, die teilweise auch dazu dienen, Rechtsunsicherheit zu beseitigen.

[1] BGBl I 2007, 1912.
[2] VO v. 12.8.2008, BGBl I 2008, 1680.
[3] AbzStEntModG v. 2.6.2021, BGBl I 2021, 1259.

2 Inhalt

2.1 Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen

In Satz 1 wird nunmehr das Transferpaket legal definiert, ohne dass damit ausweislich der Regierungsbegründung eine Änderung des bisherigen Verständnisses verbunden sein soll. sowie den Wirtschaftsgütern oder sonstigen Vorteilen, die das verlagernde Unternehmen dem übernehmenden Unternehmen zusammen mit der Funktion überträgt oder zur Nutzung überlässt, und den in diesem Zusammenhang erbrachten Dienstleistungen. Dies entspricht den bisherigen Aussagen in § 1 Abs. 3 FVerlV. Eine Vergütung auf der Grundlage des Transferpakets richtet sich auch nach dem Übernehmer und damit danach, ob ein fremder Dritter bereit wäre, für das Transferpaket ein Entgelt zu entrichten.

Der Satz 2 übernimmt die Ausnahmeregelung des derzeit geltenden § 1 Abs. 3 S. 10 erster Halbs. erste Alternative. Allerdings sind die weiteren Alternativen entfallen, sodass es künftig zu einer – noch – häufigeren Anwendung der Funktionsverlagerungsregelung kommen wird.

Satz 3 übernimmt den Inhalt aus § 2 Abs. 2 der derzeitigen Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 1 AStG in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen (Funktionsverlagerungsverordnung). Danach ist von einem Ansatz eines Transferpakets abzusehen, wenn das übernehmende Unternehmen die übergehende Funktion ausschließlich gegenüber dem verlagernden Unternehmen ausübt und das Entgelt, das für die Ausübung der Funktion und die Erbringung der entsprechenden Leistungen anzusetzen ist, nach der Kostenaufschlagsmethode anzusetzen ist. Wie die obigen Ausführungen gezeigt haben, ist dies regelmäßig bei funktions- und risikoschwachen Gesellschaften der Fall. Da die Kostenaufschlagsmethode in die transaktionsbezogene Netto-Magenmethode überführt werden kann, muss diese Ausnahme auch bei einer Vergütung nach der TNMM gelten.

Nach § 1 Abs. 2 S. 1 FVerlV liegt eine Funktionsverlagerung vor, "wenn ein Unternehmen (verlagerndes Unternehmen) einem anderen, nahe stehenden Unternehmen (übernehmendes Unternehmen) Wirtschaftsgüter und sonstige Vorteile sowie die damit verbundenen Chancen und Risiken überträgt oder zur Nutzung überlässt, damit das übernehmende Unternehmen eine Funktion ausüben kann, die bisher von dem verlagernden Unternehmen ausgeübt worden ist, und dadurch die Ausübung der betreffenden Funktion durch das verlagernde Unternehmen eingeschränkt wird."

Die Definition verlangt einen zweckgerichteten, finalen Zusammenhang zwischen der Übertragung bzw. Nutzungsüberlassung und der Ausübung der Funktion bei der aufnehmenden Gesellschaft ("damit"). Fraglich kann sein, was unter "Ausübung" zu verstehen ist. Schließlich muss das übernehmende Unternehmen eine solche Funktion nicht selbst ausüben bzw. wahrnehmen. Denkbar wäre, dass es diese an eine ebenfalls nahestehende Person oder an einen fremden Dritten weitergibt. Dies kann sowohl unmittelbar im Anschluss an die Übernahme der Funktion erfolgen als auch später, etwa wenn sich später herausstellt, dass ein Fremdbezug günstiger ist als die Selbsterstellung der Leistung. Daher ist jede Form der Nutzung geeignet, auch wenn diese nur mittelbar erfolgt.

Laut BMF[1] ist eine Funktion u. a. dann ein organischer Teil eines Unternehmens, wenn es erst unter Rückgriff auf Wirtschaftsgüter beim abgebenden oder aufnehmenden Unternehmen zur Erwirtschaftung von Ergebnisbeiträgen kommt. Es muss eine Einsch...

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