1 Anwendbarkeit der AO, Abs. 1

 

Rz. 1

Für die Gewährung der Zulage und die Rückforderungen sind die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 AO gilt die AO vollen Umfangs auch für Steuervergütungen, somit auch für den Bereich der Zulagengewährung und Rückforderung, soweit nicht Sonderregelungen vorgehen.[1] Es gelten somit insbesondere die Vorschriften betreffend

  • Zuständigkeit (soweit Finanzämter tätig werden),
  • Mitwirkungspflichten,
  • Steuerfestsetzung gem. § 155 Abs. 4 AO, soweit Festsetzungen vorgesehen sind,
  • Haftungsverfahren,
  • Erhebungsverfahren, soweit keine Sonderregelungen bestehen,
  • Vollstreckung,
  • außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren.

Nach Beendigung und Abwicklung des Altersvorsorgevertrags können unberechtigt gezahlte Zulagen vom Zulageempfänger nach § 37 Abs. 2 AO zurückgefordert werden (§ 90 EStG Rz. 16). Dies soll jedenfalls vor Inkrafttreten des durch das BetrRSG[2] eingefügten § 90 Abs. 3a EStG gelten.[3] Ausdrücklich ausgenommen ist die Geltung der Vorschrift über die abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen in § 163 AO. Eine Gewährung der Zulage aus Billigkeitsgründen ist mithin ausgeschlossen, während ein Erlass einer Rückzahlung nach § 227 AO im Erhebungsverfahren zulässig ist. Als spezielle Regelung geht die Regelung der Haftung des Anbieters in § 96 Abs. 2 EStG den Vorschriften der AO über die materielle Haftung[4] vor. Die Vorschrift des § 46 AO über Abtretung und Pfändung von Steueransprüchen wird durch § 97 EStG ausgeschlossen. Die Vorschriften über die Außenprüfung in §§ 193 ff. AO gelten für die Prüfung der zentralen Stelle beim Anbieter gem. § 96 Abs. 4 EStG. Die Geltung der Straf- und Bußgeldvorschriften ist in Abs. 7 besonders geregelt.

2 Haftung des Anbieters, Abs. 2

 

Rz. 2

Bis Vz 2017 haftete der Anbieter nach Abs. 2 gesamtschuldnerisch gegenüber dem Fiskus nur für den Fall, dass Zulagen und die nach § 10a EStG festgestellten Steuervergünstigungen aufgrund einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung zu Unrecht ausgezahlt, nicht einbehalten oder nicht zurückgezahlt worden sind. Die Haftung als Gesamtschuldner nach § 44 AO tritt neben die Schuld des Zulageberechtigten. Zuständig für die Inanspruchnahme ist die zentrale Stelle (§ 81 EStG). Die Regelungen der AO über die Haftung sind entsprechend anzuwenden (Rz. 1).

 

Rz. 2a

Mit Wirkung vom 1.1.2018 wurde § 96 Abs. 2 EStG durch das BetrRSG[1] neu gefasst und die Anbieterhaftung verschärft. Nach der Neuregelung haftet der Anbieter auch für die entgangene Steuer, selbst dann, wenn im Verhältnis zum Zulageberechtigten Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Die Neuregelung soll die Qualität der in den Datensätzen übermittelten Daten verbessern und so zur Minimierung von Steuerausfällen beitragen.[2] Die Erstreckung der Haftung auf entgangene Steuern stellt die Praxis allerdings vor Herausforderungen: Aus der Konzeption des Zulageverfahrens als weitgehend maschinelles Verfahren (§ 90 EStG Rz. 1) ergibt sich, dass im Fall einer unrichtigen, unvollständigen oder unterbliebenen Datenübermittlung regelmäßig eine Vielzahl von Fällen betroffen ist. Während die Höhe der Zulagen bezifferbar ist, muss die Höhe der entgangenen Steuern in jedem Einzelfall bei den jeweils zuständigen Finanzämtern ermittelt werden, da die für die Berechnung der Steuer notwendigen Daten der zentralen Stelle nicht vorliegen.

[1] G. v. 17.8.2017, BGBl I 2017, 3214.
[2] BT-Drs. 18/11286, 68.

3 Rechte und Pflichten von Anbieter und zentraler Stelle, Abs. 3 bis 6

 

Rz. 3

Abs. 3 gibt dem Anbieter ein Anrufungsauskunftsrecht gegenüber der zentralen Stelle. Die Notwendigkeit dieses Auskunftsrechts ergibt sich aus der Einbindung des Anbieters in das Verfahren zur Gewährung der Altersvorsorgezulage (sog. Anbieterverfahren).

Nach Abs. 4 kann die zentrale Stelle als Aufsichtsbehörde gegenüber dem Anbieter die Erfüllung der Pflichten des Anbieters überprüfen und hierfür bei ihm auch eine Außenprüfung nach §§ 193ff. AO durchführen. Anbieter müssen im Ausland befindliche Unterlagen der zentralen Stelle verfügbar machen.

Abs. 5 schließt eine Erstattung der den Anbietern für ihre Einbindung in das modifizierte Anbieterverfahren entstehenden Kosten aus.

Abs. 6 konstituiert eine Verschwiegenheitspflicht ("Zulagengeheimnis") des Anbieters. Die ihm im Zulageverfahren bekannt gewordenen Verhältnisse der Beteiligten dürfen nur in diesem Verfahren verwertet werden, also auch nicht in anderen Geschäftsbereichen des Anbieters. Eine Offenbarung gegenüber Dritten ist nur mit Zustimmung des Betroffenen oder in den gesetzlich zulässigen Fällen gestattet.

Eine vergleichbare Regelung für die zentrale Stelle war nicht erforderlich, weil deren Bedienstete als Angehörige einer Finanzbehörde gem. § 6 Abs. 2 Nr. 7 AO (vgl. § 81 EStG Rz. 8) als Amtsträger oder diesen Gleichgestellte das Steuergeheimnis (§ 30 AO) wahren müssen.

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