Rz. 212

Bei einer verbilligten Überlassung der Wohnung zu Wohnzwecken ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen (§ 21 Abs. 2 EStG). Das Gesetz ist dabei von einem Prozentsatz ausgegangen, bei dem die Aufteilung zu erfolgen hat.

 

Rz. 213

Bis Vz 2003 war eine Aufteilung vorzunehmen, wenn die ortsübliche Marktmiete weniger als 50 % betrug.[1] Betrug die Miete nur 40 % der ortsüblichen Marktmiete, waren somit nur 40 % der Werbungskosten abziehbar. Betrug die Miete 50 % und mehr, wurde ein voll entgeltliches Geschäft unterstellt.

 

Rz. 214

Mit Wirkung ab Vz 2004 ist der Prozentsatz durch das HaushaltsbegleitG 2004 v. 29.12.2003[2] auf 56 % erhöht worden. Auch in diesem Fall können die Werbungskosten nur entsprechend dem entgeltlichen Teil abgezogen werden. Beträgt die ortsübliche Marktmiete lediglich 40 %, sind auch nur 40 % der Werbungskosten abziehbar. Beträgt die ortsübliche Marktmiete mindestens 56 %, unterstellt der Gesetzgeber ein voll entgeltliches Rechtsgeschäft.

 

Rz. 215

Die Regelung gilt nur bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und kann nicht über die Subsidiaritätsregelung des § 21 Abs. 3 EStG auf andere Einkunftsarten übertragen werden. Der BFH hat Zweifel geäußert, ob die Regelung als sachlich ungerechtfertigte Steuerbegünstigung (Aufteilungsverbot zugunsten des Stpfl.) verfassungsrechtlich unbedenklich ist, da nach dem Rechtsgedanken des § 3c EStG Aufwendungen, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit nicht steuerbaren oder steuerfreien Einnahmen stehen, nicht abziehbar sind.[3] Ausgehend von diesen Zweifeln hat der BFH – wohl zur Vermeidung einer Vorlage an das BVerfG – seine Rspr. zum Anwendungsbereich der Regelung erweitert. Bei einer langfristigen Vermietung ist das Vorliegen der Einkunftserzielungsabsicht zu bejahen (Rz. 15ff.), wenn die ortsübliche Marktmiete nicht weniger als 75 % beträgt. Beträgt der Mietzins 56 % und mehr, jedoch weniger als 75 % der ortsüblichen Marktmiete, ist die Einkunftserzielungsabsicht anhand einer Überschussprognose zu prüfen (Rz. 38). Ist die Prognose positiv, sind die mit der Vermietung zusammenhängenden Werbungskosten zu 100 % abziehbar. Ist die Prognose negativ, ist die Vermietungstätigkeit in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil aufzuteilen; die anteilig auf den entgeltlichen Teil entfallenden Werbungskosten sind abziehbar. Beträgt der Mietzins weniger als 56 % der ortsüblichen Marktmiete, gilt die Regelung des § 21 Abs. 2 EStG.[4] Ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil aufgeteilt, ist das in der verbilligten Überlassung liegende nicht marktgerechte Verhalten des Stpfl. für die Prüfung seiner Einkünfteerzielungsabsicht ebenso wenig bedeutsam wie für den Fremdvergleich.[5] Der BFH begründet dies damit, dass der Verzicht auf einen erheblichen Teil der Miete (unter 75 % der ortsüblichen Marktmiete) ein Indiz für das Fehlen der Einkunftserzielungsabsicht sei, sodass eine Totalüberschussprognose erforderlich sei. Allerdings ist die angenommene Rechtsfolge bei negativer Prognose, Aufteilung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil, überraschend, da Rechtsfolge fehlender Einkünfteerzielungsabsicht die fehlende Steuerbarkeit in toto ist. Dies würde aber zu dem sachlich nicht vertretbaren Ergebnis führen, dass bei einer Vermietung zu 57 % der Marktmiete keine Werbungskosten abgezogen werden könnten, bei einer Vermietung zu 55 % der Marktmiete aber noch 55 %. Der BFH kommt daher im Weg teleologischer Reduktion dazu, das sich aus § 21 Abs. 2 EStG ergebende Aufteilungsverbot einzuschränken: Wenn der Gesetzgeber bei einer Marktmiete von unter 56 % dennoch den Werbungskostenabzug für den entgeltlichen Teil erhalten will, muss das auch oder erst recht gelten, wenn die Marktmiete über 56 % liegt.

[1] Eingefügt durch WohnEigFG v. 15.5.1986, BGBl I 1986, 730, mit Wirkung ab 1.1.1987.
[2] BGBl I 2003, 3076.
[3] BFH v. 29.4.1999, IV R 49/97, BFH/NV 1999, 1281, BStBl II 1999, 652; aber BFH v. 5.11.2002, IX R 48/01, BStBl II 2003, 646, BFH/NV 2003, 253, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; für Verfassungswidrigkeit Kanzler, FR 1999, 818; Paus, DStZ 1999, 753.

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