Rz. 234

§ 15a Abs. 1 EStG spricht in S. 1 als Grundtatbestand zunächst die Einlage des Kommanditisten an, womit die effektive, tatsächlich geleistete Einlage gemeint ist. Diese Einlage ist – zeitlich gesehen – geleistet i. S. d. § 15a Abs. 1 S. 2 EStG ("… seine geleistete Einlage übersteigt …"), wenn sie tatsächlich erbracht ist. Das wiederum entscheidet sich nach Handelsrecht, weil § 15a EStG insoweit an § 171 Abs. 1 HGB anknüpft. Der Gegenwert der Einlage muss also in das Vermögen der KG geflossen sein.[1]

 

Rz. 235

Maßgeblich ist insoweit der Zufluss in das Gesamthandsvermögen.[2] Zu den Einlagen zählen daher alle Wirtschaftsgüter, die in das Gesamthandsvermögen gelangt sind, neben Geld also auch Sachwerte. Bei Letzteren gilt wiederum nicht der gemeine Wert, der Markt- oder der Teilwert, sondern der korrekte Steuerbilanzwert. Hier können sich aufgrund des § 6 EStG erhebliche Unterschiede ergeben, vor allem bei Einzelwirtschaftsgütern. Im Normalfall wird gerade durch eine Sacheinlage, die aus einem anderen Betriebsvermögen stammt, das Kapitalkonto nur unzureichend erhöht. Auch insoweit ist aber allein der Buchwertansatz maßgebend; vorhandene stille Reserven bleiben außen vor.

 

Rz. 236

Darüber hinaus wird in der Praxis die vereinbarte Einlage des Kommanditisten häufig nicht sofort oder nicht in voller Höhe fällig gestellt. In beiden Situationen, der Sachwerteinlage und der verzögerten Geldeinlage, könnte das Kapitalkonto sehr schnell auf 0 EUR absinken und dadurch einen Verlustausgleich unmöglich machen. Eine derartige zusätzliche Einschränkung erschien dem Gesetzgeber indessen nicht gerechtfertigt, wenn und solange nach Handelsrecht eindeutig eine höhere Haftung und damit im Ergebnis ein höheres Verlustrisiko für den Kommanditisten besteht.

§ 15a Abs. 1 S. 2 EStG lässt aus diesem Grund zu, dass ein Verlustausgleich auch und insoweit in Betracht kommt, als die im Handelsregister eingetragene Einlage die tatsächlich geleistete Einlage übersteigt. Auch dieser "erweiterte" Verlustausgleich bezieht sich allerdings nur auf den "Anteil am Verlust der KG".

3.1 Außenhaftung gem. § 171 HGB

 

Rz. 237

§ 15a Abs. 1 S. 2 EStG nimmt ausdrücklich Bezug auf § 171 Abs. 1 HGB, der den Grundsatz der unmittelbaren Haftung des Kommanditisten bis zur Höhe seiner Einlage festlegt. Nach handelsrechtlichem Verständnis ist hierunter die "Hafteinlage" oder "Haftsumme" zu verstehen, die im Handelsregister einzutragen ist, dadurch nach außen erkennbar wird und zugleich Außenwirkung entfaltet.

 

Rz. 238

Das Handelsrecht kennt daneben noch die Begriffe "Pflichteinlage" und "tatsächlichen Einlage", die beide einen anderen Inhalt haben. Die Pflichteinlage entspricht der bedungenen Einlage i. S. d. § 167 Abs. 2 HGB und meint den Betrag, der nach gesellschaftsvertraglicher Absprache insgesamt zu leisten ist. Eine Außenhaftung wird durch sie aber nicht bewirkt.

Die Pflichteinlage kann zwar der Hafteinlage im Betrag entsprechen; sie kann aber auch höher oder niedriger festgelegt sein (Rz. 19ff.). Wegen der fehlenden Außenwirkung begründet sie allein keinen erweiterten Verlustausgleich, sie kann allerdings zum Verlustausgleich i. S. d. § 15a Abs. 1 S. 1 EStG beitragen, wenn sie tatsächlich geleistet ist.[1]

[1] Zur Abgrenzung der Begriffe "Haftsumme" bzw. "Hafteinlage" von der "Pflichteinlage" sowie zum Zeitpunkt der Wirkung von Einlagen vgl. BFH v. 11.10.2007, IV R 38/05, BFH/NV 2008, 274.

3.2 Unbeachtliche andere Haftungsgründe

 

Rz. 239

Erforderlich, aber auch für sich ausreichend, ist die Haftung aus § 171 Abs. 1 HGB. Sie liegt auch dann vor, wenn Teile der ursprünglich geleisteten Hafteinlage später zurückgezahlt oder Gewinnanteile entnommen werden, bevor das Kapitalkonto die Hafteinlage erreicht hat. In beiden Fällen besteht gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft eine gleichwertige unmittelbare Haftung, die ihrerseits nach außen wirkt.

 

Rz. 240

Der BFH[1] hat bereits frühzeitig entschieden, dass der erweiterte Verlustausgleich hingegen nicht in Betracht kommt, wenn sich die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gläubigern der KG nur aus § 172 Abs. 2 HGB (nicht eingetragene Erhöhung der Hafteinlage bei handelsüblicher Kundmachung) ergibt. Er bezog sich auf den eindeutigen Wortlaut des § 15a Abs. 1 EStG und hielt selbst eine sinngemäße Anwendung nicht für möglich. Nach seiner Auffassung liegt insoweit auch keine Lücke im Gesetz vor, sondern besteht eine bewusste Entscheidung und Regelung des Gesetzgebers.

Dem hat das FG Berlin-Brandenburg zwischenzeitlich widersprochen, ohne dass der Widerspruch in dem zu beurteilenden Fall entscheidungserheblich war. Es sieht eine erhöhte Ausgleichsfähigkeit von Verlusten aufgrund einer erweiterten Außenhaftung gem. § 15a Abs. 1 S. 2 EStG in analoger Anwendung von § 172 Abs. 2 HGB dann als möglich an, wenn bei fehlerhaft zu niedrig eingetragener Haftsumme die KG oder der Kommanditist s...

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