Rz. 3

Das UmwStG wurde durch das in 2006 in Kraft getretene SEStEG neu gefasst. Anlass der Neufassung waren insbesondere die Entwicklungen auf europäischer Ebene sowie die im UmwG eröffnete Möglichkeit grenzüberschreitender Umwandlungen im EU-/ERW-Raum. So wurde zivilrechtlich insbesondere durch einen neu eingeführten X. Abschnitt (§§ 122a ff. UmwG) die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus EU-/EWR-Mitgliedstaaten ermöglicht.[1]  Der Gesetzgeber reagierte auf die europäischen Vorgaben mit der auf Basis der SE-VO[2] eingeführten europäischen Gesellschaft (Societas Europaea – SE) und der auf Basis der SCE-VO[3] eingeführten Europäischen Genossenschaft (SCE) sowie mit der Umsetzung der Fusionsrichtlinie[4] in nationales Recht. Damit kommt es zu einer Europäisierung, nicht aber einer Globalisierung, des Anwendungsbereichs des UmwStG. Grenzüberschreitende Umwandlungen sind unter Sicherung der inländischen Besteuerungsrechte nunmehr möglich.[5]  Ausweislich der Gesetzesbegründung soll das neu gefasste UmwStG damit zur Sicherung des im Inland verhafteten Steuersubstrats beitragen, die Steuerattraktivität erhöhen und schließlich das Steuerrecht vereinfachen. Zudem wurde mit dem SEStEG 2006 die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz in Bezug auf die Umwandlungsvorgänge aufgegeben.[6]

 

Rz. 4

Inhaltlich wurde mit der Neufassung des UmwStG durch das SEStEG der Anwendungsbereich (§ 1 UmwStG) auf grenzüberschreitende Umwandlungen innerhalb der EU und des EWR-Raums ausgedehnt. Der Zweite Teil (§ 3ff. UmwStG) betreffend den Vermögensübergang bei Verschmelzung auf eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person und den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft unterliegt konzeptionellen Änderungen und führt zum Ansatz eines Übertragungs- und Übernahmeergebnisses sowie zur Besteuerung von offenen Rücklagen, die aus dem Übernahmeergebnis ausgeschieden und bei jedem Anteilseigner als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) gesondert besteuert werden (§ 7 UmwStG). Ein Übernahmegewinn wird nach dem Teileinkünfteverfahren (vor dem URefG 2008: Halbeinkünfteverfahren) besteuert. Ebenfalls wurden die Einbringungsvorgänge der §§ 20ff. UmwStG konzeptionell neu aufgestellt. Nunmehr wird ausschließlich nach Einbringung (§ 20 UmwStG) und Anteilstausch (§ 21 UmwStG) unterschieden, unabhängig davon, ob es sich um einen rein inländischen oder grenzüberüberschreitenden Vorgang handelt. Zudem wurde das Konzept der einbringungsgeborenen Anteile aufgegeben und stattdessen eine nachgelagerte Besteuerung des Einbringungsvorgangs bei schädlichen Veräußerungen eingeführt (§ 22 UmwStG).

 

Rz. 5

Das UmwStG i. d. F. des SEStEG 2006 ist erstmals auf Umwandlungen und Einbringungen anzuwenden, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister nach dem 12.12.2006 erfolgt ist (§ 27 Abs. 1 S. 1 UmwStG). Sofern es zur Wirksamkeit einer Einbringung keiner Eintragung in das Handelsregister bedarf, ist der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den eingebrachten Wirtschaftsgütern maßgeblich (§ 27 Abs. 1 S. 2 UmwStG). Für Anmeldungen zur Eintragung bzw. Übergang des wirtschaftlichen Eigentums vor dem 12.12.2006 gilt das UmwStG in seiner alten Fassung fort.[7]  Davon betroffen sind insbesondere die Regelungen zu den einbringungsgeborenen Anteilen (§ 21 UmwStG a. F.).

[1] Siehe dazu das Zweite Gesetz zur Änderung des UmwG v.19.4.2007, BGBl I 2007, 542; das Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.10.2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABl. EG, Nr. L310/1, aufgehoben durch die Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, Abl. EU, Nr. 169/46 v. 30.6.2017.
[2] Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 v. 8.10.2001, Abl. EG Nr. L294/1, anwendbar seit dem 8.10.2004.
[3] Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 v. 22.7.2003, Abl. EG Nr. L207/1, anwendbar seit dem 18.8.2006.
[4] Richtlinie 2005/19/EG vom 17.2.2005 des Rates zur Änderung der Richtlinie 90/434/EWG über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, Abl. EU L58/19 v. 4.3.2005.
[5] Rödder, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, Einführung, Rz. 14.
[6] BR-Drs. 542/06, 1, 55.
[7] Umwandlungssteuergesetz 2002 i. d. F. der Bekanntmachung vom 15.10.2002 (BGBl I 2002, 4133, berichtigt BGBl I 2003, 738), geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 16.5.2003 (BGBl I 2003, 660); siehe dazu auch den UmwSt-Erlass 2011, Rz. 00.01.

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