Rz. 176
Durch § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 4 UmwStG stellt der Gesetzgeber sicher, dass es zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns I kommt, soweit die weiter eingebrachten Anteile nach der Weitereinbringung
- veräußert werden i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG; es sei denn die Veräußerung erfüllt nachweislich den Ausnahmetatbestand des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 Hs. 2 UmwStG unter Berücksichtigung der Wertobergrenze für die sonstigen Gegenleistungen, oder
- unentgeltlich auf eine Kapitalgesellschaft übertragen werden i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1 UmwStG.
Die weiter eingebrachten Anteile bleiben damit quasi-sperrfristverstrickt.
Rz. 177
§ 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 4 UmwStG erfasst sowohl die unmittelbare als auch die mittelbare schädliche Verwendung. Eine mittelbare schädliche Verwendung kann sich daraus ergeben, dass die quasi-sperrfristverstrickten Anteile gem. § 20 oder § 21 UmwStG zum Buchwert noch einmal unschädlich weiter eingebracht werden (Ketteneinbringung). Eine mittelbare schädliche Veräußerung liegt dann vor, wenn die nochmals weiter eingebrachten Anteile nach der Ketteneinbringung bzw. wenn die im Rahmen der Ketteneinbringung neu erhaltenen Anteile schädlich verwendet werden.
Rz. 178
Die schädliche Verwendung der aus der (ersten) Weitereinbringung neu erhaltenen Anteile erfüllt nicht den Tatbestand der mittelbaren schädlichen Verwendung der weiter eingebrachten Anteile, da dieser Tatbestand ausdrücklich in § 22 Abs. 1 Satz Nr. 5 UmwStG geregelt ist.
A bringt seine sperrfristverstrickten Anteile an der A-GmbH gegen Gewährung neuer Anteile gem. § 21 UmwStG zum Buchwert in die B-GmbH weiter ein. Anschließend bringt die B-GmbH die Anteile an der A-GmbH weiter in die C-GmbH ein.
Vor der Weitereinbringung sind die Anteile an der A-GmbH originär sperrfristverstrickt. Deren Weitereinbringung erfüllt den Ausnahmetatbestand des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 UmwStG. Aufgrund der Entgeltlichkeit dieses Vorgangs verlieren die Anteile an der A-GmbH durch die Weitereinbringung ihren Status der originären Sperrfristverstrickung.
Nach der Weitereinbringung sind die weiter eingebrachten Anteile an der A-GmbH quasi-sperrfristverstrickt gem. § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 4 UmwStG ("Nr. 4") und die neu erhaltenen Anteile an der B-GmbH quasi-sperrfristverstrickt gem. § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 5 UmwStG ("Nr. 5"). Ungeachtet der Quasi-Sperrfristverstrickung sind die Anteile an der A-GmbH zudem originär-sperrfristverstrickt gem. § 22 Abs. 2 UmwStG.
Gem. § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 4 UmwStG dürfen die Anteile an der A-GmbH noch ein zweites Mal zum Buchwert weiter übertragen werden (Ketteneinbringung), ohne dass darin ein schädlicher Vorgang zu sehen wäre.
Nach der Ketteneinbringung sind sowohl die Anteile an der C-GmbH als auch die Anteile an der A-GmbH quasi-sperrfristverstickt nach Nr. 4 und ihre schädliche Verwendung würde eine mittelbare schädliche Verwendung darstellen.
Rz. 179
Da der Gesetzeswortlaut nur die zweifache Weitereinbringung der Anteile (an der A-GmbH) als Ausnahmetatbestand anspricht, muss davon ausgegangen werden, dass eine weitere Einbringung, auch wenn sie gem. § 20 oder § 21 UmwStG zum Buchwert erfolgt, eine schädliche Veräußerung darstellt.
Rz. 180
Fraglich ist, inwieweit die Quasi-Sperrfristverstrickung auch den Ersatztatbestand des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 3 UmwStG erfasst.[1] Bei einer weiten Auslegung dieses Ersatztatbestands würde z. B. die Liquidation der A-GmbH, ungeachtet einer etwaigen Weiter- oder Ketteneinbringung, eine rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns I auslösen.[2] Dagegen erfasst der Ersatztatbestand der Nr. 3 zweifelsfrei nicht die anderen Gesellschaften, mithin im obigen Beispiel nicht die B-GmbH und auch nicht die C-GmbH.
Rz. 181
Es muss weiterhin davon ausgegangen werden, dass die mittelbare schädliche Verwendung auch die mittelbar über eine Personengesellschaft erfolgende schädliche Verwendung erfasst. Unschädlich sollte aber u. a. eine unentgeltliche Übertragung der quasi-sperrfristverstrickten Anteile auf eine natürliche Person sein, z. B. im Wege einer verdeckten Gewinnausschüttung. In diesem Fall wird keiner der relevanten Ersatztatbestände erfüllt. Fraglich wäre hier weiterhin, ob nach der unentgeltlichen Übertragung § 22 Abs. 6 UmwStG einschlägig ist, da sich § 22 Abs. 6 UmwStG nach seinem Wortlaut nur auf den Einbringenden i. S. d. Abs. 1 und die übernehmende Gesellschaft i. S. d. Abs. 2, nicht aber auf den Inhaber von sperrfristverstrickten Anteilen (Quasi-Einbringender) bezieht.[3]
Rz. 182
Der Ablauf der Sieben-Jahresfrist richtet sich ausschließlich nach dem Zeitpunkt der originären Einbringung.
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