Rz. 1

§ 22 UmwStG soll im Wesentlichen verhindern, dass durch die Vorschaltung einer Einbringung gem. § 20 oder § 21 UmwStG die im Rahmen einer späteren Veräußerung aufgedeckten stillen Reserven entweder

  • einer niedrigeren inländischen Besteuerung unterliegen oder
  • dem inländischen Besteuerungszugriff gänzlich entzogen werden.

§ 22 UmwStG hat mithin den Charakter einer Missbrauchsverhinderungsvorschrift.

 

Rz. 2

Eine niedrigere inländische Besteuerung liegt insb. in den Fällen vor, in denen im Einbringungszeitpunkt vorhandene stille Reserven nach der Einbringung entweder beim Einbringenden oder bei der übernehmenden Gesellschaft nach innerstaatlichem Recht "nur noch" dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG bzw. der Steuerfreiheit gem. § 8b Abs. 2 KStG unterliegen (innerstaatliche Statusverbesserung).

Rz. 3 – 7 einstweilen frei

 

Rz. 8

Zur Verhinderung bzw. Sanktionierung missbräuchlicher Gestaltungen folgt § 22 UmwStG dem Grundsatz der rückwirkenden Besteuerung der im Zeitpunkt der Einbringung vorhandenen stillen Reserven beim Einbringenden. Zur rückwirkenden Besteuerung eines Einbringungsgewinns kommt es dann, wenn entweder

innerhalb der Sperrfrist von sieben Jahren veräußert. Neben der Veräußerung der erhaltenen bzw. (mit) eingebrachten Anteile innerhalb der Sperrfrist ("sperrfristverstrickte Anteile") löst eine Reihe ausdrücklich genannter Ersatztatbestände ebenso die rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns aus.

 

Rz. 9

Bei einer Veräußerung innerhalb von sieben Jahren nach dem Einbringungsvorgang unterstellt der Gesetzgeber pauschal, ohne dass die Möglichkeit eines Gegenbeweises besteht, einen Missbrauch. Da die Vermutung eines Missbrauchs mit zunehmendem Abstand zum Einbringungszeitpunkt abnimmt, baut sich der rückwirkend zu besteuernde Einbringungsgewinn jährlich linear um ein Siebtel ab.

Fraglich ist, ob diese pauschale Missbrauchsvorschrift ohne die Möglichkeit eines Gegenbeweises ggf. gegen die Fusionsrichtlinie verstößt.[3]

 

Rz. 10

Der rückwirkend zu besteuernde Einbringungsgewinn unterliegt in keinem Fall den Vergünstigungen der §§ 16 und 34 EStG, sondern den allgemeinen Besteuerungsgrundsätzen; er wird als nachträgliche Anschaffungskosten berücksichtigt.

 

Rz. 11

Der Einbringende muss gem. § 22 Abs. 3 UmwStG innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist jährlich zum 31. Mai den Nachweis erbringen, dass in den Fällen des § 22 Abs. 1 UmwStG die erhaltenen Anteile noch dem Einbringenden und in den Fällen des § 22 Abs. 2 UmwStG die (mit) eingebrachten Anteile noch der übernehmenden Gesellschaft zuzurechnen sind.

 

Rz. 12

§ 22 Abs. 4 UmwStG regelt die Sonderfälle der Veräußerung von erhaltenen Anteilen durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine von der KSt befreite Körperschaft und fingiert dabei, dass der Veräußerungsgewinn in einem Betrieb gewerblicher Art bzw. in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entsteht.

 

Rz. 13

§ 22 Abs. 5 UmwStG regelt die Bescheinigung der auf den Einbringungsgewinn entfallenden und entrichteten Steuern, welche für die Anwendung von § 23 Abs. 2 UmwStG von Bedeutung ist.

 

Rz. 14

Gem. § 22 Abs. 6 UmwStG gilt ein unentgeltlicher Rechtsnachfolger des Einbringenden bzw. der übernehmenden Gesellschaft als Einbringender bzw. übernehmende Gesellschaft. Damit soll grundsätzlich verhindert werden, dass durch eine unentgeltliche Übertragung der erhaltenen oder eingebrachten Anteile die Anwendung des § 22 UmwStG unterlaufen wird.

 

Rz. 15

Gehen im Rahmen einer Gesellschaftsgründung oder einer Kapitalerhöhung von den sperrfristverstrickten Anteilen stille Reserven auf andere Anteile über, so gelten die anderen Anteile gem. § 22 Abs. 7 UmwStG insoweit auch als sperrfristverstrickt.

[1] Einbringungsgewinn I; § 22 Abs. 1 UmwStG.
[2] Einbringungsgewinn II, § 22 Abs. 2 UmwStG.

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