Rz. 44

Die Rückwirkung nach § 2 UmwStG gilt nur für die Umwandlung i. e. S. nach den §§ 3ff. UmwStG, die Verschmelzung und Vermögensübertragung nach den §§ 11ff. UmwStG, die Aufspaltung, Abspaltung und Teilübertragung nach § 15 UmwStG sowie die Aufspaltung und Abspaltung auf eine Personengesellschaft nach § 16 UmwStG.[1] Soweit bei diesen Vorgängen nicht das ganze Vermögen auf die Übernehmerin übertragen wird, sondern nur ein Teil, gilt die steuerliche Rückwirkung auch für Teilübertragungen. Die Rückwirkung gilt für die genannten Umwandlungsarten unabhängig davon, ob sie steuerneutral oder unter Aufdeckung der gemeinen Werte erfolgen können oder müssen, folglich bei der Ab- oder Aufspaltung auch dann, wenn kein Teilbetrieb übertragen wird.[2] Für Einbringungen nach den §§ 20ff. UmwStG einschließlich der Ausgliederung gilt § 2 UmwStG nicht. Zwar lässt sich aufgrund der systematischen Stellung des § 2 UmwStG im Teil "Allgemeine Vorschriften" argumentieren, dass § 2 UmwStG, wie auch § 1 UmwStG, für alle Teile des UmwStG gilt.[3] U. E. handelt es sich bei § 20 Abs. 5, 6 UmwStG jedoch um eine spezielle Regelung, die insoweit § 2 UmwStG verdrängt.[4] Dafür spricht, dass § 20 Abs. 6 S. 4 UmwStG ausdrücklich regelt, dass § 2 Abs. 3, 4 UmwStG entsprechend anzuwenden ist. Diese Vorschrift wäre überflüssig, wenn § 2 UmwStG ohnehin als allgemeine Regel gelten würde. Folge ist, dass sich die Rückwirkung für die Einbringung nicht aus § 2 Abs. 1, 2 UmwStG ergibt, sondern aus § 20 Abs. 6 UmwStG. Diese Vorschrift steht im Zusammenhang mit § 20 Abs. 1 UmwStG, ist folglich nur auf die dort genannten Einbringungen von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen anwendbar. Sie gilt daher nicht für die Einbringung von einzelnen Wirtschaftsgütern, auch wenn es sich hierbei um eine Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG handelt. § 20 UmwStG, und damit auch dessen Abs. 6 mit der Rückwirkung, ist nur anwendbar, wenn die Ausgliederung einen Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil betrifft, wobei allerdings § 20 Abs. 6 S. 4 UmwStG eine ausdrückliche Verweisung auf § 2 Abs. 3, 4 UmwStG enthält. Allerdings kann sich bei der Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter eine der Rückwirkung ähnliche Folge aus dem wirtschaftlichen Eigentum ergeben, das früher als das rechtliche Eigentum übergehen kann.[5]

Dies unterscheidet die Einbringung von den in den §§ 319 UmwStG geregelten Umwandlungen. Für diese Umwandlungen (einschließlich Aufspaltung und Abspaltung) ist das UmwStG, und damit auch § 2 UmwStG mit der Rückwirkung, immer dann anwendbar, wenn der Vorgang unter das UmwG fällt, auch dann, wenn wegen Nichterfüllung der steuerlichen Voraussetzungen die Umwandlung nicht steuerneutral ist. § 2 UmwStG erfasst ausschließlich das übertragene Vermögen (bei der übertragenden Körperschaft und der Übernehmerin), dagegen nicht etwaige Gegenleistungen des übernehmenden Rechtsträgers (wie bspw. Aktien).[6]

 

Rz. 45

Außerdem gilt § 2 UmwStG unmittelbar nur, wenn es einen "übertragenden" und einen "übernehmenden" Rechtsträger gibt, dagegen nicht beim Formwechsel. Soweit es sich um einen strukturgleichen Formwechsel handelt (Personengesellschaft in Personengesellschaft; Körperschaft in Körperschaft), sind besondere Regeln nicht erforderlich, weil steuerlich keine Vermögensübertragung vorliegt. Für den Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft enthält § 9 UmwStG eine eigenständige Regelung zur Rückwirkung. Für den Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Körperschaft gilt nach § 25 S. 1 UmwStG die Rückwirkung nach § 20 Abs. 6 UmwStG.

 

Rz. 46

Die Regelung über die Rückwirkung ist auch bei sog. Kettenumwandlungen anzuwenden, d. h. bei Umwandlungen, bei denen auch der übernehmende Rechtsträger umgewandelt wird. Steuerlich ist für die Rechtsfolgen der Umwandlungen die Reihenfolge der steuerlichen Übertragungsstichtage maßgebend, nicht die Zeitfolge der Eintragungen in das Handelsregister oder der Zeitpunkt des Abschlusses der Umwandlungsverträge.

 
Praxis-Beispiel

Die A-GmbH wird durch Beschluss v. 1.7. auf die B-GmbH verschmolzen; steuerlicher Übertragungsstichtag ist der vorangehende 31.12. Am 1.6. wurde bereits beschlossen, die B-GmbH in eine Personengesellschaft umzuwandeln; steuerlicher Übertragungsstichtag ist der 1.4.

In diesem Fall erfolgt steuerlich zuerst die Verschmelzung auf den 31.12., dann die Umwandlung der durch die Verschmelzung vergrößerten B-GmbH in eine Personengesellschaft.

 

Rz. 47

Ist der steuerliche Übertragungsstichtag identisch, können die Parteien in den Umwandlungsverträgen bzw. -beschlüssen vereinbaren, in welcher Reihenfolge die Umwandlungen erfolgen sollen.[7] Da die Parteien die Reihenfolge der Umwandlungen durch die Wahl unterschiedlicher steuerlicher Übertragungsstichtage bestimmen können, bestehen keine Bedenken, ihnen dieses Wahlrecht auch bezüglich desselben steuerlichen Übertragungsstichtags zuzugestehen. In diesen Fällen sind Übertragungs- und Übernahmebilanz aller betroffenen Rechtsträger auf den gleich...

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