Rz. 33

Rspr. und Verwaltung sehen die Umwandlung als ein Veräußerungsgeschäft auf der Seite des übertragenden Rechtsträgers und als ein Anschaffungsgeschäft auf der Seite des übernehmenden Rechtsträgers an.[1] Danach ist eine Umwandlung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten als tauschähnlicher Vorgang und damit als rechtsgeschäftliche Veräußerung zu beurteilen. Die Umwandlung ähnelt einem Tausch, weil die übergehenden Wirtschaftsgüter gegen eine Beteiligung an dem übernehmenden Rechtsträger getauscht werden. "Tauschähnlich" ist der Vorgang, weil die Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger als Gegenleistung für die Übertragung des Vermögens mit Ausnahme der Ausgliederung bzw. Einbringung nicht von dem übertragenden Rechtsträger erworben werden, sondern von dessen Gesellschafter. Die Umwandlung ist damit i. d. R. nicht wie der Tausch eine Rechtsbeziehung zwischen 2, sondern zwischen 3 Rechtsträgern, nämlich dem übertragenden und dem übernehmenden Rechtsträger sowie dem Gesellschafter bzw. den Gesellschaftern des übertragenden Rechtsträgers.

 

Rz. 34

Als maßgebend für diese Beurteilung hat die Rspr. die Gewinnrealisierung durch Ansatz des Teilwerts nach dem UmwStG 1995 bzw. des gemeinen Werts nach dem UmwStG 2006 angesehen. Bei Ansatz des Teil- bzw. gemeinen Werts stellen die infolge der Umwandlung erworbenen Anteile eine Gegenleistung dar.[2] Bei dieser Einschätzung ist es ohne Bedeutung, ob die Umwandlung durch Einzel-, Gesamt- oder Teilrechtsnachfolge durchgeführt wird.[3] Das gilt auch für den Formwechsel zwischen den Rechtsformen der Personen- und Kapitalgesellschaften.[4] Danach kann auch eine Vermögensübertragung durch Gesamt- oder Teilrechtsnachfolge ein Veräußerungs- bzw. Anschaffungsgeschäft sein. Die Rspr., und ihr sich anschließend die Verwaltung, folgt damit nicht der Einordnung der Umwandlung als gesellschafts- bzw. organisationsrechtlichem Vorgang. Da der übertragende Rechtsträger bei einer Umwandlung i. d. R. untergeht, wäre auch die Annahme eines liquidationsähnlichen Vorgangs mit Sachauskehrung denkbar, z. B. bei der Aufwärts-Verschmelzung.[5]

 

Rz. 35

Für die Gesellschafter der übertragenden Kapitalgesellschaft bei der Verschmelzung und, aufgrund der Verweisung in § 15 Abs. 1 S. 1 UmwStG, auch für die Spaltung regelt § 13 Abs. 1 UmwStG ausdrücklich, dass es sich auf der Ebene der Gesellschafter der übertragenden Körperschaft um einen Veräußerungs- bzw. Anschaffungsvorgang handelt.[6] Ähnliches bestimmen § 20 Abs. 3 S. 1 UmwStG für die Einbringung und § 21 Abs. 2 S. 1 UmwStG für den Anteilstausch.

 

Rz. 36

Aus den gesetzlichen Regelungen lässt sich jedoch keine eindeutige Entscheidung für oder gegen die Qualifizierung als Veräußerungs- bzw. Anschaffungsvorgang ableiten. Ein Veräußerungs- bzw. Anschaffungsvorgang setzt Entgeltlichkeit voraus.[7] Es gibt aber auch Umwandlungen, die ohne direkte Gegenleistung erfolgen, nämlich Fälle von Verschmelzungen und Spaltungen, in denen keine Anteile gewährt werden bzw. gewährt werden können.[8] Auch bei der Gewährung von Anteilen als Gegenleistung treten einige Folgen einer Anschaffung gerade nicht ein, so bei der Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter, der Bildung einer Reinvestitionsrücklage nach § 6b EStG oder der Gewährung einer InvZul. § 4 UmwStG vermeidet auch den Begriff der "Anschaffung", sondern spricht nur vom "Übernehmen" der Wirtschaftsgüter. Generell lässt sich auch der Eintritt in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers nicht mit der Annahme eines Veräußerungs- und Anschaffungsvorgangs vereinbaren.

 

Rz. 37

U. E. stellt die steuerrechtliche Regelung der Umwandlung eine systematisch schwer einzuordnende Mischung von Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang einerseits sowie organisationsrechtlichem Vorgang andererseits dar. Die Gewinnrealisierung bei Ansatz der gemeinen Werte spricht für einen entgeltlichen Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang, ebenso der Ansatz von "Anschaffungskosten" nach § 24 UmwG. Die Möglichkeit der Buchwertfortführung bzw. der nur teilweisen Aufdeckung der stillen Reserven durch einen Zwischenwertansatz sowie der Eintritt in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers sprechen gegen eine Qualifizierung als Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang, sondern für einen organisationsrechtlichen Vorgang. U. E. handelt es sich um einen Vorgang eigener Art, der Elemente eines tauschähnlichen Vorgangs, aber auch Elemente eines gesellschaftsrechtlichen Organisationsakts aufweist. Es ist daher jeweils einzeln zu prüfen, ob bestimmte Rechtswirkungen aus dem Charakter als Veräußerung und Anschaffung oder als Organisationsakt abzuleiten sind.[9] Bei einer solchen Auffassung ist die Einordnung etwa der GrESt als Anschaffungsnebenkosten mit der Fortführung der Abschreibungen und dem Ausschluss des Sofortabzugs von geringwertigen Wirtschaftsgütern vereinbar.

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