Rz. 257

Regelmäßig führt die verdeckte Gewinnausschüttung bei dem Gesellschafter zu Einkünften, die der KapESt unterliegen.[1] Bemessungsgrundlage der KapESt ist der volle Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung.[2] Das bedeutet, dass die volle KapESt auch dann zu erheben ist, wenn feststeht, dass die Einnahme bei dem Anteilseigner nach § 8b Abs. 1 KStG nicht in das Einkommen einzubeziehen ist und daher steuerfrei bleibt. Entsprechendes gilt für das Teileinkünfteverfahren; auch § 3 Nr. 40 EStG ist für die KapESt nicht anzuwenden. § 43 Abs. 1 S. 3 EStG schließt die Anwendung der § 8b Abs. 1 KStG, § 3 Nr. 40 EStG im Verfahren der KapESt ausdrücklich aus. Auch bei der Abgeltungssteuer nach § 32d EStG ist der volle Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung als Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen.[3]

Hat die verdeckte Gewinnausschüttung nicht der KapESt unterlegen, hat der Gesellschafter nach § 32d Abs. 3 EStG die Kapitalerträge zu erklären.[4] Allerdings kann zweifelhaft sein, ob diese Vorschrift nur auf Kapitalerträge anwendbar ist, für die keine KapESt vorgesehen ist, oder auch auf solche Kapitalerträge, bei denen der KapESt-Abzug lediglich tatsächlich unterblieben ist. M.E. ist der letzteren Auslegung der Vorzug zu geben.

 

Rz. 257a

Die KapESt ist dann bei dem Anteilseigner im Rahmen der Steuerveranlagung anzurechnen, wenn die Voraussetzungen der § 8b Abs. 1 KStG, § 3 Nr. 40 EStG vorliegen, und, da insoweit keine Steuer auf die Kapitalerträge entstanden ist, mit sonstiger Steuerlast zu verrechnen oder zu erstatten. Erfolgt bei der die verdeckte Gewinnausschüttung empfangenden Körperschaft keine Veranlagung (z. B. beschränkt stpfl. Körperschaft oder natürlichen Personen ohne Betriebsstätte im Inland), wird die KapESt definitiv.[5] Andererseits gilt für die KapESt auf die verdeckte Gewinnausschüttung die Regelung des § 43b EStG. Bei verdeckten Gewinnausschüttungen an EU-Muttergesellschaften darf daher der KapESt-Abzug bei Vorliegen einer Freistellungsbescheinigung nicht vorgenommen werden bzw. ist die KapESt zu erstatten. Ebenfalls anwendbar ist die Beschränkung des KapESt-Abzugs aufgrund der DBA.

 

Rz. 257b

Erbringt die inl. Betriebsstätte eines beschränkt Stpfl. die verdeckte Gewinnausschüttung, weil ihr Einkommen durch eine Leistung an den Gesellschafter des Stammhauses gemindert worden ist, entsteht keine KapESt. Der KapESt nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG unterliegen nach dem Einleitungssatz nur inl. Kapitalerträge. Nach § 43 Abs. 3 S. 1 EStG liegen nur dann inl. Kapitalerträge vor, wenn die ausschüttende Gesellschaft Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat; dies ist bei einer inl. Betriebsstätte einer im Ausland ansässigen Körperschaft nicht der Fall. Eine Ausnahme besteht nur für Niederlassungen von Versicherungsunternehmen nach § 43 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 EStG. Die verdeckte Gewinnausschüttung führt damit zu einem ausl. Kapitalertrag nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 EStG. Für ausl. Kapitalerträge trifft die KapESt-Pflicht nach § 44 Abs. 1 S. 3 EStG nur die "auszahlende Stelle". Dies ist nach § 44 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 Buchst. a EStG nur ein inl. Kreditinstitut oder ein inl. Finanzdienstleistungsinstitut. Beides ist bei beschränkter Stpfl. nicht gegeben.[6]

 

Rz. 257c

Ab Vz 2009 beträgt die KapESt im Normalfall 25 %[7], bei Betrieben gewerblicher Art dagegen 15 %.[8]

Ist der Gesellschafter, an den die verdeckte Gewinnausschüttung erbracht wird, eine beschränkt stpfl. Körperschaft, werden nach § 44a Abs. 9 EStG zwei Fünftel der einbehaltenen und abgeführten KapESt erstattet. Damit wird die Steuerbelastung durch die KapESt auf den Tarifsteuersatz von 15 % ermäßigt und eine Überbesteuerung durch die Abgeltungswirkung der KapESt verhindert.

 

Rz. 257d

Einbehaltung, Abführung und Anrechnung der KapESt weisen im Fall der verdeckten Gewinnausschüttung keine Besonderheiten auf; sie erfolgen ausschließlich nach kapitalertragsteuerlichen Grundsätzen. Daher entsteht die KapESt (noch) nicht mit Hinzurechnung der verdeckten Gewinnausschüttung auf der Ebene der Körperschaft, sondern erst mit dem Zufluss beim Gesellschafter.[9] Soweit die verdeckte Gewinnausschüttung also (noch) nicht zu einem Zufluss führt, greift auch die KapESt (noch) nicht ein (z. B. überhöhte Pensionsrückstellung). Liegt andererseits ein Kapitalertrag i. S. d. § 20 Abs. 1, § 43 Abs. 1 EStG vor, fällt auch KapESt an, wenn es sich auf der Ebene der Körperschaft nicht um eine verdeckte Gewinnausschüttung handelt, z. B. bei Abtretung eines Anspruchs auf InvZul oder bei Veräußerung einer unter § 8b KStG fallenden Beteiligung zu einem unangemessen niedrigen Preis.

 

Rz. 258

Erfolgt die verdeckte Gewinnausschüttung an eine nahestehende Person oder einen Dritten, ergibt die Vermögenszuordnung aufgrund der steuerlichen Wertung, dass der Vermögensvorteil nicht direkt an die nahestehende Person fließt, sondern an den Gesellschafter und von diesem an die nahestehende Person.[10] Die verdeckte Gewinnausschüttung ist daher bei dem Gesellschafter steuerlich zu erfassen.

 

Rz. 258a

Ursprüngli...

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