Rz. 226

Hängt die verdeckte Gewinnausschüttung mit Vorgängen im Bereich der Passivposten der Gesellschaft zusammen, gelten grundsätzlich die gleichen Regeln. Das bedeutet, dass bei der Gesellschaft eine außerbilanzielle Korrektur steuerpflichtigen Einkünfte vorzunehmen ist, wenn und soweit der Steuerbilanzgewinn aufgrund von gesellschaftsrechtlichen Vorgängen gemindert worden ist. Übernimmt die Gesellschaft mit befreiender Wirkung für den Gesellschafter einen Verlust bringenden schwebenden Vertrag, tritt die Gewinn- und Einkommensminderung bei der Gesellschaft dann ein, wenn sich der Verlust aus diesem Vertrag realisiert bzw. in der Steuerbilanz auszuweisen ist. In diesem Zeitpunkt ist die entsprechende Hinzurechnung bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte vorzunehmen.

 

Rz. 227

Beim Gesellschafter tritt keine Auswirkung ein. Der Vorgang führt bei ihm dazu, dass ein künftig auszuweisender Verlust vermieden wird. Die Hinzurechnung der verdeckten Gewinnausschüttung würde diesen Verlust ausgleichen, das Ergebnis wäre also Null. Da es jetzt nicht mehr zu einem Ausweis des Verlusts kommen kann, braucht auch kein Ausgleich durch Hinzurechnung der verdeckten Gewinnausschüttung mehr zu erfolgen.

 

Rz. 227a

Bleibt der Gesellschafter trotz der Übernahme des ungünstigen Geschäfts durch die Gesellschaft verpflichtet, hat eine Hinzurechnung der verdeckten Gewinnausschüttung in dem Zeitpunkt zu erfolgen, in dem sich der Verlust bei dem Gesellschafter realisiert und auszuweisen ist. Die Hinzurechnung aus der verdeckten Gewinnausschüttung gleicht dann den Verlust aus, das Ergebnis ist ebenfalls neutral. Betraf der ungünstige Vertrag das Privatvermögen des Gesellschafters, ist der Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung als Kapitalertrag zu erfassen und damit zu versteuern. Vermögensminderungen aus dem ungünstigen Geschäft können in der Privatsphäre steuerlich nicht berücksichtigt werden und stehen daher auch nicht zum Ausgleich des Kapitalertrags zur Verfügung.

 

Rz. 228

Besteht die verdeckte Gewinnausschüttung in einer Verpflichtung, die zu der Bildung einer Rückstellung führt, ist zu unterscheiden, ob die Rückstellung in der Handelsbilanz zu bilden war oder nicht. War die Rückstellung in der Handelsbilanz zu bilden, ist weiterhin danach zu unterscheiden, ob die Steuerbilanz dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz folgt, oder ob besondere steuerliche Vorschriften zu einer Abweichung in der Steuerbilanz führen. Dies hat Auswirkungen auf die Behandlung der verdeckten Gewinnausschüttung.[1]

 

Rz. 228a

War die Rückstellung schon handelsrechtlich nicht zu bilden, oder war sie in der Steuerbilanz aufgrund besonderer steuerlicher Vorschriften nicht zu bilden, erfolgt die Korrektur der verdeckten Gewinnausschüttung durch Auflösung der (in der Handelsbilanz und/oder der Steuerbilanz) unzulässigen Rückstellung. Die Korrektur erfolgt damit bereits in der bilanziellen Gewinnermittlung, sodass sich der bilanzielle Gewinn erhöht. Damit liegt keine Minderung des "Unterschiedsbetrags" nach § 4 Abs. 1 EStG[2] und folglich auch keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, da ihr Tatbestand nicht erfüllt ist (keine Minderung des "Unterschiedsbetrags" und somit des steuerpflichtigen Gewinns). Die Anwendung des Tatbestands der verdeckten Gewinnausschüttung ist in diesen Fällen nicht nur nicht möglich, sondern auch nicht notwendig, da mangels einer Minderung des "Unterschiedsbetrags" bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns keine Hinzurechnung mehr zu erfolgen braucht. Bedeutsam an dieser Art der Korrektur ist, dass sie nicht nur in dem Jahr, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung zu einer Verminderung des steuerpflichtigen Gewinns und damit zu einer Einkommensminderung geführt hat, vorgenommen werden kann, sondern in der Bilanz jedes Jahrs, dessen Veranlagung noch geändert werden kann (Berichtigung der "ersten offenen Bilanz"). Da es für die Auflösung einer Rückstellung kein "Nachholverbot" gibt, kann eine unterlassene Korrektur der verdeckten Gewinnausschüttung in der ersten offenen Bilanz nachgeholt werden. Die "Zweischneidigkeit der Bilanz" führt insoweit zu einem Fehlerausgleich, der eine Nachholung der irrtümlich unterlassenen Korrektur der Gewinnauswirkung der verdeckten Gewinnausschüttung bewirkt.[3]

 

Rz. 228b

Anders ist es jedoch, wenn die Rückstellung in der Handelsbilanz zu bilden und mangels einer gegenteiligen steuerrechtlichen Vorschrift in die Steuerbilanz zu übernehmen war. In diesem Fall hat die Einbuchung der Verpflichtung zu einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Minderung des "Unterschiedsbetrags"[4], der steuerpflichtigen Einkünfte und damit des Einkommens geführt. Die Rückstellung in der Handels- bzw. Steuerbilanz kann nicht aufgelöst werden, auch wenn die auf ihr beruhende Vermögensminderung eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt. Stattdessen ist bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns außerhalb der Bilanz eine entsprechende Hinzurechnung vorzunehmen.[5] Anders als im Fall der bilanziellen A...

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