Rz. 143

Nach Abs. 1 S. 8 ist bei der Ermittlung der stillen Reserven der Körperschaft das Betriebsvermögen zu berücksichtigen, das der Körperschaft ohne Berücksichtigung der steuerlichen Rückwirkung, insbesondere nach § 2 Abs. 1 UmwStG, zuzurechnen ist. Die Vorschrift hat immer dann Auswirkungen, wenn die stillen Reserven nicht anhand des Kaufpreises der Anteile, sondern anhand einer Unternehmensbewertung ermittelt werden. Außerdem ist es denkbar, dass der Kaufpreis für die Anteile der übernehmenden Körperschaft sich erhöht, weil sie durch eine rückwirkende Verschmelzung zusätzliche Wirtschaftsgüter erworben hat.

 

Rz. 143a

Diese Bestimmung kommt bei Umwandlungsvorgängen zur Anwendung, wenn der schädliche Beteiligungserwerb in der Zeit zwischen dem steuerlichen Übertragungsstichtag und der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister erfolgt. Da es um die Ermittlung der stillen Reserven der die Verluste ausweisenden Körperschaft geht, muss diese Körperschaft an der Umwandlung beteiligt sein. Ohne Bedeutung ist es, ob der Erwerber an einer Umwandlung beteiligt ist, da ein etwaiger rückwirkender Vermögenserwerb durch Umwandlung auf seiner Ebene keine Auswirkungen auf die Ermittlung der stillen Reserven hat.

 

Rz. 144

Das Gesetz unterscheidet nicht danach, ob die die Verluste ausweisende Körperschaft übernehmender oder übertragender Rechtsträger ist. Da es nur darum geht, ob Vermögen dieser Körperschaft zuzurechnen ist, gilt die Regelung sowohl, wenn die Körperschaft übernehmender Rechtsträger ist (Frage: Ist das übernommene Vermögen der Körperschaft schon zuzurechnen?) als auch für den Fall, dass sie übertragender Rechtsträger ist (Frage: Ist das übertragene Vermögen der Körperschaft noch zuzurechnen?).

 

Rz. 145

Hinsichtlich der Umwandlungsvorgänge erfasst die Regelung die Verschmelzung sowie die Auf- und Abspaltung. Da es nur um die Zurechnung von Wirtschaftsgütern geht, hat die Regelung auch Auswirkungen auf die Frage, ob Wirtschaftsgüter im Inland steuerpflichtig sind. Dies betrifft die Einbringung nach § 20 UmwStG, wenn ein Teilbetrieb der die Verluste ausweisenden Körperschaft gegen Anteile an der übernehmenden Körperschaft "getauscht" wird. Handelsrechtlich kann es sich sowohl um eine Ausgliederung als auch um eine Einbringung durch Einzelrechtsnachfolge handeln.

 
Praxis-Beispiel

(1) Die A-AG erwirbt zum 1.7.01 alle Anteile an der X-GmbH, die Verluste aufweist. Anschließend wird die Y-GmbH rückwirkend zum 1.1.01 auf die X-GmbH verschmolzen.

Für die Frage, ob die Verluste die stillen Reserven übersteigen, ist das durch die Umwandlung erworbene Vermögen nicht zu berücksichtigen.

(2) Wie Fall 1, es wird aber ein Teilbetrieb der X-GmbH abgespalten.

Hier ist das durch die Spaltung abgegangene Vermögen bei der X-GmbH noch zu berücksichtigen.

(3) Wie Fall 1, die X-GmbH bringt jedoch einen Teilbetrieb mit Rückwirkung in die Z-GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ein.

Bei Berücksichtigung der Umwandlung stünde der X-GmbH bei Erwerb der Anteile durch die A-AG nicht mehr der Teilbetrieb, sondern die Beteiligung an der Z-GmbH zu. Da diese Anteile nach § 8b Abs. 2 KStG nicht der Besteuerung unterliegen, wären sie bei der Ermittlung der stillen Reserven nicht zu berücksichtigen. Da die Rückwirkung jedoch die Ermittlung der stillen Reserven nicht beeinflussen soll, ist der X-GmbH für diesen Zweck noch der Teilbetrieb, nicht die Beteiligung zuzurechnen.

 

Rz. 146

Die Regelung ist nur davon abhängig, dass eine Rückwirkung eintritt; ohne Bedeutung ist es, ob der Umwandlungsvorgang zum Buchwert, zum gemeinen Wert oder zu einem Zwischenwert abgewickelt wird.

 

Rz. 147

Die Regelung des Abs. 1 S. 8 bedeutet daher im Ergebnis, dass in Umwandlungsfällen für die Ermittlung der stillen Reserven der handelsrechtliche Vermögensübergang maßgeblich ist, also die Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister. Liegt der schädliche Anteilserwerb nach diesem Zeitpunkt, sind die Vermögenseffekte der Umwandlung (Abgang oder Zugang von Vermögen) zu berücksichtigen, da dann die Zurechnung der Vermögensgegenstände nicht mehr auf einer steuerlichen Rückwirkung beruht.

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