Rz. 72

Das Gesetz fasst alle Übertragungen innerhalb eines Zeitraums von 5 Zeitjahren zusammen und stellt damit nur auf einen zeitlichen Zusammenhang ab, der mit 5 Jahren zudem noch sehr weit gefasst ist. Ein sachlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Übertragungen ist nicht erforderlich.

 

Rz. 72a

Wenn die Beteiligung allerdings in der Folge wieder unter 50 % sinkt und der ursprüngliche Erwerber mit einem weiteren Anteilserwerb diese Grenze wieder übersteigt, können auch frühere Erwerbe berücksichtigt werden. Dies auch unabhängig davon, ob sie bereits zu einem schädlichen Anteilserwerb i. S. d. § 8c KStG geführt haben.

 
Praxis-Beispiel

In Jahr 01 werden 40 % der Anteile an der A-GmbH übertragen. Die A-GmbH hat einen Verlustvortrag. In Jahr 02 werden weitere 20 % der Anteile übertragen. Damit kommt es in Jahr 02 zu einem schädlichen Beteiligungserwerb. In Jahr 03 werden 30 % der Anteile verkauft. In Jahr 04 werden 40 % der Anteile erworben. Für die Frage, ob der Anteilserwerb in Jahr 04 einen schädlichen Beteiligungserwerb vorliegt, ist auch der Anteilserwerb in Jahr 02 zu berücksichtigen.

Erfasst von § 8c KStG werden allerdings nur Verluste, die nach dem schädlichen Anteilserwerb in Jahr 02 erwirtschaftet wurden bzw. nach diesem Anteilserwerb noch bestanden haben.

 

Rz. 72b

Der Zeitraum von 5 Jahren beginnt mit der ersten Übertragung von Anteilen, bei der eine Zusammenrechnung mit späteren Übertragungen in Betracht kommt. Jede Übertragung löst einen neuen 5-Jahres-Zeitraum aus, sodass mehrere dieser Zeiträume sich überlappen können.

 
Praxis-Beispiel

Im Jahr 01 werden 10 % der Anteile an der A-GmbH, die einen Verlustvortrag aufweist, übertragen. Im Jahr 03 werden weitere 10 % übertragen.

Die erste Übertragung löst einen schädlichen Zeitraum von 01 bis 06 aus. Die Übertragung im Jahr 03 löst einen weiteren Zeitraum von 03 bis 08 aus.

 

Rz. 72c

Der jeweilige 5-Jahres-Zeitraum soll unabhängig davon ausgelöst werden, ob bei einem Beteiligungserwerb bereits Verluste vorhanden sind. Auch Verluste, die nach einem Beteiligungserwerb anfallen, werden nach § 8c Abs. 1 KStG unabziehbar, wenn nach einem weiteren Beteiligungserwerb der Tatbestand des § 8c Abs. 1 KStG erfüllt wird.[1] Diese Auslegung entspricht zwar dem Wortlaut des Gesetzes, geht aber über den Gesetzeszweck hinaus.[2] Wenn es Zweck des § 8c Abs. 1 KStG ist, den Übergang der mittelbaren Verlustbeteiligung durch Anteilserwerb oder ähnliche Vorgänge zu verhindern, kann nicht ein Erwerb zur (teilweisen) Erfüllung des Tatbestands führen, wenn zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Verluste vorhanden sind. Die 5-Jahres-Frist begründet eine zeitlich gestreckte Tatbestandserfüllung. Dann muss aber jeder Vorgang innerhalb dieser Frist geeignet sein, zur Tatbestandsverwirklichung beizutragen. Bei einem Erwerb, der nicht zu einem mittelbaren Wechsel der Verlustberechtigung führt, weil keine Verluste vorhanden sind, ist das nicht der Fall. Dieses systemwidrige Ergebnis lässt sich durch die Auslegung vermeiden, dass die 5-Jahres-Frist erst mit einer Anteilsübertragung beginnt, mit der eine mittelbare Übertragung von Verlusten verbunden ist. Daher lässt eine Anteilsübertragung die 5-Jahres-Frist nur beginnen, wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Übertragung der Anteile bereits Verlustvorträge ausweist.[3]

 

Rz. 72d

Bei "vergleichbaren Sachverhalten" wird der Zeitraum durch das einer Anteilsübertragung vergleichbare Ereignis ausgelöst.

 

Rz. 72e

5 Jahre sind keine Kalenderjahre, sondern Zeitjahre mit jeweils 365 Tagen. Der Zeitraum beginnt mit der ersten fraglichen Übertragung und läuft dann 5-mal 365 Tage. Der 5-Jahres-Zeitraum kann daher innerhalb eines Kalenderjahrs, Wirtschaftsjahrs und Vz beginnen und enden; er muss mit diesen Zeiträumen nicht übereinstimmen.

 

Rz. 73

In dem Zeitraum von 5 Jahren werden alle Übertragungen von Anteilen und Stimmrechten bzw. vergleichbaren Sachverhalte zusammengerechnet. Es kommt also nur darauf an, ob innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren mehr als 50 % der Anteile oder Stimmrechte übertragen wurden oder ob ein vergleichbarer Sachverhalt verwirklicht wurde. Entscheidend ist also, ob der Erwerber innerhalb dieses Zeitraums eine Stellung erworben hat, die insgesamt der eines Erwerbs von mehr als 50 % der Anteile oder Stimmrechte entspricht.

 

Rz. 74

Der Zeitraum beginnt bei mehreren Übertragungen mit jeder Übertragung erneut zu laufen, sodass in jedem 5-Jahres-Zeitraum bis zum "Verbrauch" der Übertragung zu prüfen ist, ob die Grenzen von 50 % überschritten sind.

 
Praxis-Beispiel

Im Jahr 01 werden 10 % der Anteile übertragen, im Jahr 04 wiederum 20 %, im Jahr 07 40 %.

Die Übertragungen in den Jahren 01 und 04 liegen zwar in demselben 5-Jahres-Zeitraum, übersteigen aber nicht die Grenze von mehr als 50 %. Da somit keine Rechtsfolge nach § 8c Abs. 1 KStG eingetreten ist, sind die Übertragungen für die Anwendung des § 8c Abs. 1 KStG auch nicht "verbraucht". Die Übertragungen in den Jahren 04 und 07 liegen ebenfalls in einem 5-Jahres-Zeitraum. Die Grenze von 50 % is...

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