Rz. 258

Der durch Gesetz v. 7.12.2006[1] aufgehobene und nur noch auf vor dem 13.12.2007 zur Eintragung ins Handelsregister angemeldete Einbringungen anzuwendende Abs. 4 a. F.[2] enthält eine Reihe von Ausnahmen zu Abs. 2. Das bedeutet, dass bei Vorliegen der Tatbestände des Abs. 4 a. F. die Veräußerung von Anteilen zu steuerpflichtigen Gewinnen führt.[3] Diese Ausnahmeregelungen beziehen sich nur auf die Steuerfreistellung nach Abs. 2, nicht auf die Steuerfreistellung der Bezüge nach Abs. 1; für Abs. 1 gibt es keine entsprechende Missbrauchsverhinderungsvorschrift. Abs. 4 a. F. sollte verhindern, dass Wirtschaftsgüter, deren Veräußerung steuerpflichtig ist, im Wege der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft in steuerfrei zu veräußernde Anteile "umgewandelt" und steuerfrei veräußert werden können. Die Vorschrift gilt für alle Anteile, die nach § 21 UmwStG in der am 12.12.2006 geltenden Fassung einbringungsgeboren sind, unabhängig vom Zeitpunkt der Einbringung,[4] sowie für bis zum 12.12.2006 nach § 8b Abs. 4 S. 1 Nr. 2 KStG a. F. unter dem Teilwert erworbene Anteile. Sie erfasst daher auch Anteile, die aus einer vor dem Jahr 2002 erfolgten Einbringung entstanden sind.[5]

 

Rz. 259

Abs. 4 a. F. ist sehr kompliziert aufgebaut. Er enthält in S. 1 Nr. 1 und 2 die Umgehungstatbestände, die zum Ausschluss der Anwendung des Abs. 2, und damit zur steuerlichen Erfassung, führen. S. 2 enthält Tatbestände für Gegenausnahmen, wonach bei Vorliegen eines Tatbestands des S. 2 die Veräußerungs- und sonstigen Gewinne des Abs. 2 steuerlich nicht zu erfassen sind, obwohl an sich ein Umgehungstatbestand des S. 1 erfüllt ist. Bei den Gegenausnahmen enthält S. 2 Nr. 1 einen verhältnismäßig klaren Tatbestand, da hier die Erfassung oder Nichterfassung vom Ablauf einer 7-Jahres-Frist abhängig gemacht wird. S. 2 Nr. 2 ist dagegen komplizierter aufgebaut, da die steuerliche Nichterfassung nach Abs. 2 nicht positiv, sondern negativ definiert ist, also davon abhängt, dass bestimmte Sachverhalte nicht vorliegen. Danach gilt die steuerliche Nichterfassung der Gewinne nach Abs. 2 nur dann (d. h. der Tatbestand des Abs. 4 S. 1 ist nicht anzuwenden), wenn die einbringungsgeborenen Anteile aufgrund folgender Vorgänge erworben wurden:

  • nach § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG a. F. (Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Anteilen an der übernehmenden Kapitalgesellschaft);
  • nach § 23 Abs. 4 UmwStG a. F. (Einbringung von Anteilen an einer EU-Kapitalgesellschaft in eine andere EU-Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Anteilen an der übernehmenden Kapitalgesellschaft).

In den Fällen der Gegenausnahmen wäre eine Veräußerung der eingebrachten Anteile durch die einbringende Körperschaft nach Abs. 2 nicht besteuert worden. Daher soll auch eine Veräußerung der hierdurch entstandenen einbringungsgeborenen Anteile steuerlich nicht erfasst werden.

 

Rz. 260

Die Ausschlussklausel nach S. 1 (mit der Folge, dass die Gewinne im Einkommen erfasst werden und daher steuerpflichtig sind) gilt nach der Gegenausnahme des S. 2 Nr. 2 jedoch dann, wenn die einbringungsgeborenen Anteile unmittelbar oder mittelbar durch eine Einbringung nach § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG a. F. (Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der übernehmenden Kapitalgesellschaft) oder nach § 23 Abs. 1–3 UmwStG a. F. (grenzüberschreitende Einbringung von Betrieben oder Teilbetrieben einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft innerhalb der EU gegen Gewährung von Anteilen an der übernehmenden Körperschaft) erworben wurden. In diesen Fällen wäre eine Veräußerung des Teilbetriebs durch die einbringende Körperschaft steuerpflichtig gewesen; die Steuerpflicht soll also nicht dadurch umgangen werden, dass dieser Teilbetrieb in eine Körperschaft eingebracht wird und dann die einbringungsgeborenen Anteile veräußert werden.

Die Vorschrift ist trotz ihrer komplizierten Fassung auslegungsfähig und daher nicht wegen fehlender Normenklarheit verfassungswidrig.[6]

 

Rz. 261

Die Vorschrift erfasst nicht nur Veräußerungsgewinne, sondern bezieht sich auf alle Gewinne, die nach Abs. 2 steuerfrei sein können, also auch auf Liquidationsgewinne und Gewinne aus der Herabsetzung von Nennkapital.[7]

 

Rz. 262

Abs. 4 a. F. ist durch Gesetz v. 7.12.2006[8] aufgehoben worden, da das Institut der "einbringungsgeborenen Anteile" infolge der Neukonzeption des UmwStG entfallen ist. Die entsprechenden Tatbestände sind wegen ihres Zusammenhangs mit Umwandlungen (Einbringungen) jetzt im UmwStG geregelt, und zwar für die Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben in § 22 Abs. 1 UmwStG ("Einbringungsgewinn I"), und für die Einbringung von Kapitalanteilen durch einen nicht nach § 8b Abs. 2 KStG Begünstigten in § 22 Abs. 2 UmwStG ("Einbringungsgewinn II"). Dabei ist die "Sperrfrist" von 7 Jahren beibehalten worden, allerdings verringert sich der steuerpflichtige Einbringungsgewinn mit jedem Jahr des 7-Jahres-Z...

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