Rz. 110

Abs. 1 S. 2 macht die Anwendung des S. 1, d. h. die Steuerfreistellung von Bezügen einer Körperschaft, davon abhängig, dass diese Bezüge das Einkommen der auskehrenden Körperschaft nicht gemindert haben.

 

Rz. 111

Anwendbar ist diese Regelung auf alle Bezüge, die gem. § 8b Abs. 1 S. 1 KStG steuerfrei sind, also nicht mehr nur auf verdeckte Gewinnausschüttungen als sonstige Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG.[1] Die Vorschrift erfasst alle Fälle von Qualifikationskonflikten. Sie ist daher nunmehr auch auf andere Bezüge anwendbar, also insbesondere auf Ausschüttungen, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruhen, auf missglückte Ausschüttungen, wenn ein Gewinnverteilungsbeschluss vorliegt, dieser aber nicht den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entspricht, auf Auskehrungen auf beteiligungsähnliche Genussrechte und ähnliche Auskehrungen. Nicht anwendbar ist die Regelung aber auf Auskehrungen aus dem steuerlichen Einlagekonto[2] sowie Liquidationsauskehrungen und Kapitalherabsetzungen, soweit Beträge des "Sonderausweises nach § 28 Abs. 1 S. 3 KStG" verwendet wurden.[3] Im Liquidationsfall ist die Vorschrift m. E. auf verdeckte Liquidationsauskehrungen anzuwenden, also gesellschaftsrechtliche Liquidationsauskehrungen, bei denen eine betriebliche Veranlassung vorgetäuscht wird.

 

Rz. 112

Anwendbar ist die Regelung auf Auskehrungen eines VVaG, von sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und nichtrechtsfähigen Vereinen, Anstalten, Stiftungen und Zweckvermögen des privaten Rechts[4] sowie auf Leistungen eines Betriebs gewerblicher Art mit eigener Rechtspersönlichkeit.[5]

Es wird dabei nicht danach unterschieden, ob die leistende Körperschaft inländisch oder ausländisch ist. Die Regelung gilt unabhängig für rein inländische oder grenzüberschreitende Sachverhalte.[6]

Allerdings muss es sich bei Rechtsformen nach ausländischem Recht um eine einer deutschen Körperschaft entsprechenden Rechtsform handeln.[7] Insoweit ist ein Typenvergleich vorzunehmen.

 

Rz. 113

Im Ergebnis erfasst die Regelung damit hybride Finanzierungen wie stille Beteiligungen und Genussrechte, bei denen wie bei verdeckten Gewinnausschüttungen die Gefahr von Qualifikationskonflikten besteht. Diese Gestaltungen können auch von § 50d Abs. 9 EStG erfasst werden, der die Freistellungsmethode bei fehlender Besteuerung durch den Quellenstaat durch die Anrechnungsmethode ersetzt und damit ebenfalls zu einer Besteuerung im Inland führt.

 

Rz. 114

§ 8b Abs. 1 S. 2 KStG unterscheidet sich von § 50d Abs. 9 EStG dadurch, dass es bei § 50d EStG um einen (negativen) Konflikt hinsichtlich des Besteuerungsrechts nach einem DBA geht, das keiner der Staaten für sich in Anspruch nimmt, während § 8b Abs. 1 S. 2 KStG unterschiedliche Wertungen hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Zahlung als Betriebsausgabe voraussetzt. Soweit Überschneidungen bestehen[8], ist § 8b Abs. 1 S. 2 KStG vorrangig, verdrängt also § 50d Abs. 9 EStG.[9] § 50d Abs. 9 EStG ist als reine Missbrauchsvorschrift nur anwendbar, wenn die allgemeinen Regelungen den Sachverhalt nicht erfassen.

 

Rz. 115

Auch hinsichtlich des Empfängers der Auskehrung werden inl. und ausl. Körperschaften erfasst. Ausl. Körperschaften können betroffen sein, wenn sie im Inland einen gewerblichen Betrieb unterhalten und die Zahlung diesem gewerblichen Betrieb zuzuordnen ist. Die ausl. Körperschaft ist dann mit dieser Zahlung beschränkt steuerpflichtig, sodass die Steuerfreistellung nach Abs. 1 S. 1 bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des S. 2 nicht eingreift.

 

Rz. 116

Da die Regelung sowohl für inl. als auch für ausl. ausschüttende und empfangende Körperschaften gilt, verstößt sie nicht gegen die europarechtlichen Diskriminierungsverbote.[10] Auch die DBA-rechtlichen Diskriminierungsverbote[11] sind nicht angesprochen, da keine Differenzierung nach Staatsangehörigkeit oder Ansässigkeit erfolgt.

 

Rz. 117

Weitere Voraussetzung für die Steuerfreistellung bei dem empfangenden Gesellschafter ist, dass die Leistung bei der auskehrenden Körperschaft das Einkommen nicht gemindert hat. D. h., die Zahlung darf bei der ausl. Körperschaft insbesondere nicht als Zinsaufwand abzugsfähig sein. Auch wenn keine Qualifizierung als Zinsaufwand, aber ein anderweitiger Abzug als Betriebsausgabe möglich ist, fällt dieser Sachverhalt unter Abs. 1 S. 2. Die Rückzahlung eines Darlehens führt dagegen nicht zu einer Minderung des Einkommens und wird daher von S. 2 auch nicht erfasst. Die Steuerfreiheit wird nur versagt, soweit eine Minderung des Einkommens erfolgt. Erfolgt eine solche nicht in voller Höhe, ist die Steuerfreiheit auch nicht in voller Höhe zu versagen. Das Gesetz macht keine Vorgaben, zu welchem Zeitpunkt die Minderung des Einkommens erfolgen muss. M.E. ist es daher schädlich, wenn überhaupt eine Minderung eintritt, auch wenn dies in einem anderen Vz erfolgt.[12]

 

Rz. 118

Die Regelung stellt nur darauf ab, ob die entsprechende Zahlung bei der leistenden Körpe...

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