Rz. 49

Die Steuerfreistellung erfasst alle Bezüge, die der Definition nach unter § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG fallen. § 8b Abs. 1 KStG definiert diese Bezüge dadurch, dass auf die genannte Vorschrift "dem Sinne nach" verwiesen wird. Damit wird klargestellt, dass nur die dort enthaltene Definition in Bezug genommen wird, nicht aber die Qualifikation dieser Bezüge als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Steuerfreistellung nach Abs. 1 erfordert daher nicht, dass die genannten Bezüge bei der Körperschaft zu den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG gehören, was bei Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und VVaG nach § 8 Abs. 2 KStG nie der Fall wäre. Vielmehr sind die Bezüge bei der empfangenden Körperschaft bereits dann aus dem Einkommen auszuscheiden, wenn sie der Definition in § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 oder 10 Buchst. a EStG entsprechen, unabhängig davon, zu welcher Einkunftsart diese Bezüge bei der Körperschaft gehören. Auch wenn es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handelt, was bei Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und VVaG immer der Fall ist, gehören diese Bezüge nicht zum Einkommen und unterliegen damit nicht der KSt.

 

Rz. 50

§ 8b Abs. 1 KStG verwendet den neutralen Begriff "Bezüge" anstelle des Begriffs der Einnahmen oder der Einkünfte. Das Gesetz nimmt daher den in § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als "sonstige Bezüge" und in § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG für Kapitalherabsetzung und Liquidation verwendeten Begriff auf. Bei "Bezüge" handelt es sich um einen Oberbegriff, der alle Formen von steuerbaren Leistungen einer Körperschaft an ihre Anteilseigner umfasst. Es muss sich nicht um "Einnahmen" i. e. S. handeln, sondern es genügt, dass eine Leistung in den genannten Vorschriften definiert ist, um sie unter den Begriff der "Bezüge" zu fassen.

 

Rz. 51

Die Bezüge müssen jedoch "aus" den Anteilen fließen,[1] also Früchte dieser Anteile sein. Keine "Bezüge" i. d. S. sind daher Veräußerungsgewinne, die unter § 8b Abs. 2 KStG fallen, nicht aber unter Abs. 1. Veräußerungsgewinne sind keine Früchte der Anteile, sondern betreffen deren Substanz. Nicht zu den Bezügen gehören auch Einnahmen aufgrund eines Wertpapierleihgeschäfts. Die Leihgebühren bzw. Kompensationszahlungen des Entleihers beruhen auf dem Wertpapierleihvertrag. Sie werden von dem Entleiher entrichtet, nicht von der Körperschaft, deren Anteile Gegenstand des Leihvertrags sind, und sind daher keine Früchte der Wertpapiere. Diese Bezüge sind daher steuerpflichtig.[2] Dagegen bezieht der Entleiher Ausschüttungen aufgrund der entliehenen Wertpapiere, die dem § 8b Abs. 1 KStG oder § 3 Nr. 40 EStG unterliegen. Für die Wertpapierleihe gelten die Sonderregelungen des § 8b Abs. 10 KStG.

 

Rz. 51a

Bezüge sind von Einkünften zu unterscheiden. Bezüge sind alle Leistungen, die der Anteilseigner von der Körperschaft erhält, und zwar die Bruttoleistungen. Von Bezügen sind Betriebsausgaben und Werbungskosten noch nicht abgezogen worden. Systematisch sind "Einnahmen", nicht aber Einkünfte, mit Bezügen gleichzusetzen; Einkünfte werden dagegen aus Bezügen bzw. Einnahmen entwickelt.

 

Rz. 52

Unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG fallen alle Gewinnanteile und sonstigen, den Gewinnanteilen ähnlichen Bezüge aus Anteilen an Kapitalgesellschaften und Genossenschaften. Dies sind Bezüge von KSt-Subjekten, die Gewinnausschüttungen vornehmen können. Unter diesen Tatbestand fallen alle Zuwendungen, die bei der leistenden Körperschaft Einkommensverwendung sind und daher nach § 8 Abs. 3 KStG deren Gewinn nicht mindern dürfen. Diese Einordnung hat nach deutschem Recht zu erfolgen, unabhängig von der Einordnung nach ausl. Recht. Unerheblich ist auch die zivilrechtliche Einordnung. Dies gilt insbesondere für Zahlungen ausl. Gesellschaften; diese können auch dann als Ausschüttung nach deutschem Recht anzusehen sein, wenn sie z. B. nach ausl. Recht als Zinsen einzuordnen sind.[3] Daher kann eine Eigenkapitalverzinsung nach ausl. Recht zu einer Gewinnausschüttung nach deutschem Recht führen, wenn die Verzinsung von den Gesellschaftern beschlossen werden muss und an den Gewinn der Gesellschaft geknüpft ist. Umgekehrt müssen nach ausl. Recht als Ausschüttung einzuordnende Bezüge nach deutschem Recht nicht als Ausschüttung anzusehen sein. Es kann sich dabei z. B. auch um Kapitalrückzahlungen handeln.[4]

Die Steuerfreistellung einer solchen Leistung ist aber ggf. gem. § 8b Abs. 1 S. 2 KStG eingeschränkt.[5] Dies hat aber keine Auswirkungen auf die grundsätzliche Einordnung als Bezüge i. S. d. § 8b Abs. 1 KStG, sondern enthält nur eine Sonderregelung bei der Rechtsfolge.

 

Rz. 52a

Gewinnanteile zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich nach dem Gewinn der ausschüttenden Gesellschaft bemessen.[6] In Abgrenzung dazu werden z. B. Zinsen regelmäßig sowohl im Gewinn- wie auch im Verlustfall gezahlt. Werden Zinszahlungen jedoch derart vereinbart, dass sie wie Dividenden nur im Gewinnfall ausgeschüttet werden, können sie unter § 8b KStG fallen. Weiterhin muss die Zuwendung auf dem Gesellschaftsverhältnis be...

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