Rz. 194

Abs. 6 enthält eine Sonderregelung, die steuerliche Gestaltungen im Zusammenhang mit Anteilsübertragungen im Konzern verhindern soll. Die Gesetzesbegründung[1] ist falsch, sie trifft jedenfalls nicht die Regelung. Nach der Gesetzesbegründung soll die Vorschrift verhindern, dass zur Verbesserung des (buchmäßigen) Eigenkapitals nach § 8a Abs. 2 steuerfreie Anteilsverkäufe eingesetzt werden. Abs. 6 verhindert jedoch nicht, dass Anteilsverkäufe innerhalb des Konzerns zur Aufdeckung der stillen Reserven in den Anteilen führen und dadurch das buchmäßige Eigenkapital nach Abs. 2 erhöht wird[2]. Die Regelung schließt nur aus, dass diese Anteilsverkäufe im Konzern mit Gesellschafter-Fremdkapital finanziert werden. Weiterhin möglich ist es z. B., Anteilsveräußerung im Konzern mit Eigenkapital zu finanzieren und dann Gesellschafter-Darlehen im Rahmen des durch das erhöhte Eigenkapital ausgeweiteten safe haven für die Finanzierung anderer Zwecke zu verwenden.

Abs. 6 schließt allerdings die steuerliche Wirkung der folgenden Gestaltung aus:

 

Beispiel

A ist alleiniger Gesellschafter einer GmbH, die mit Gesellschafter-Darlehen fremdfinanziert werden soll. A gründet zu diesem Zweck eine Holding, die von A die Anteile an der GmbH zum Marktpreis erwirbt. Die für die Finanzierung des Erwerbs notwendigen Mittel verschafft sich die Holding durch ein Darlehen bei dem Gesellschafter.

Die Vorschrift behindert aber auch die Akquisition international tätiger Unternehmensgruppen.

 

Beispiel

Die Muttergesellschaft A bzw. eine nur für Zwecke der Akquisition eingesetzte "spezial purpose company" des A-Konzerns kauft die Unternehmensgruppe B und veräußert dann die Einzelgesellschaften der Unternehmensgruppe B an die jeweiligen Landesgesellschaften des A-Konzerns. Dies kann nicht durch Gesellschafter-Kredite finanziert werden, ohne die Folgen des § 8a auszulösen.

Die Vorschrift geht hier deutlich über ihren Regelungszweck hinaus.

Das BMF hat seine Auffassung zu Abs. 6 im Schreiben v. 19.9.2006[3] niedergelegt[4].

 

Rz. 194a

Die Unsicherheit über den Zweck der Vorschrift kommt auch im BMF-Schreiben v. 19.9.2006 (a.a. O. Tz. 1) zum Ausdruck. Danach soll Abs. 6 Verbesserungen des Eigenkapitals durch Anteilsverkäufe verhindern (vgl. bereits Rz. 194) und angewendet werden, wenn eine der beiden folgenden Voraussetzungen vorliegt:

  • Der Veräußerer ist unmittelbar oder mittelbar eine Kapitalgesellschaft. Die Vorschrift soll also nicht anwendbar sein, wenn der Veräußerer eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft ist, an der keine Kapitalgesellschaften beteiligt sind[5]. Dies stimmt mit dem Zweck der Vorschrift insoweit überein, als nur bei einer Veräußerung durch eine Kapitalgesellschaft durch Aufdeckung von stillen Reserven der safe haven (den ja nur eine Kapitalgesellschaft hat) des Veräußerers vergrößert wird. Im Gesetz findet diese Einschränkung jedoch keinen Ausdruck, da an die Person des Veräußerers (anders als an die Person des Erwerbers, der eine Kapitalgesellschaft sein muss, vgl. Rz. 195) keine besonderen Anforderungen gestellt werden. Daher wird auch die Veräußerung durch eine Personengesellschaft erfasst, wenn an ihr ein an der Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligter Anteilseigner beteiligt ist[6].
  • Der Anteilserwerb führt beim Erwerber zu einer Verbesserung seines safe haven nach § 8a Abs. 2, 4. Diese Regelung ist nicht einsichtig, da der Erwerb einer Kapitalbeteiligung regelmäßig nicht zu einer Ausweitung des safe haven des Erwerbers nach Abs. 2 führt. Durch die Kürzung des Eigenkapitals um den Buchwert der Beteiligung tritt im Gegenteil regelmäßig eine Verminderung ein, da nicht kürzungspflichtige Geldmittel durch eine kürzungspflichtige Kapitalbeteiligung ersetzt werden. Allenfalls bei einer Holding lässt sich argumentieren, dass der safe haven "erhöht" wird (richtiger: nicht vermindert wird), da bei ihr die Kürzung nicht eintritt[7]. Nach Auffassung des BMF soll daher eine Verbesserung des safe haven auch bei der Gründung einer Holdinggesellschaft vorliegen.
 

Rz. 195

Abs. 6 betrifft ebenso wie der Grundtatbestand des Abs. 1 nur Kapitalgesellschaften als Darlehensnehmer. Erfasst wird Fremdkapital, das zum Zweck des Erwerbs einer Beteiligung am Grund- oder Stammkapital einer Kapitalgesellschaft aufgenommen wird.

Der Begriff Erwerb ist in Zusammenhang mit der Regelung in Abs. 6 Nr. 2 zu sehen, wonach auf den "Veräußerer" abzustellen ist. "Erwerb der Beteiligung" ist daher nur der abgeleitete Erwerb, also der Erwerb durch Kauf. Originäre Formen des Erwerbs, bei denen kein Veräußerer besteht, kommen nicht in Betracht, also insbesondere nicht der Erwerb einer Beteiligung bei der Gründung der Kapitalgesellschaft, durch Verschmelzung oder Spaltung oder durch Kapitalerhöhung[8]. Ebenfalls nicht von der Vorschrift erfasst werden der Erwerb durch verdeckte Einlage (vgl. BMF, a.a. O., Tz. 7) und die Einbringung gegen Gesellschaftsrechte, da für diese Vorgänge kein zweckbestimmtes Darlehen aufgenommen wird. Anwendbar ist die Vorschrift aber,...

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