Rz. 118

Die Ausführungen in den Rz. 113ff. sind auch für die Abwicklung im Dreiecksverhältnis zugrunde zu legen, wenn also das Darlehen nicht von einem unmittelbar oder mittelbar beteiligten Gesellschafter gegeben wurde, sondern von einer "in der Seitenlinie" stehenden Gesellschaft.

 

Beispiel

Die Obergesellschaft ist an der X- und der Y-GmbH zu je 100 % beteiligt. Die Y-GmbH gibt der X-GmbH ein Darlehen, das wegen Überschreitens des safe haven unter § 8a fällt.

Die Abwicklung hat wie bei der verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 zu erfolgen. Daher sind die Vergütungen bei der X-GmbH nach § 8a in eine verdeckte Gewinnausschüttung umzuqualifizieren. Dies führt zu einer entsprechenden Einnahme bei der Obergesellschaft, die nach § 8b Abs. 1 steuerlich nicht erfasst wird, aber die Folgen des § 8b Abs. 5 auslöst[1]. Da die Obergesellschaft bilanzmäßig aber nicht bereichert ist, muss der Vorteil aus der verdeckten Gewinnausschüttung bei ihr "verbraucht" werden und im Ergebnis bei der Y-GmbH, die die Zinsen tatsächlich bezogen hat, ankommen. Dies ist auf zwei Wegen möglich: Bei der Obergesellschaft können Zinsaufwendungen angenommen werden, die zu Zinseinnahmen bei der Y-GmbH führen[2]; alternativ kann eine Einlage der Obergesellschaft bei der Y-GmbH vorliegen[3]. Das Ergebnis ist, integriert betrachtet, nach beiden Ansichten das gleiche; ein Unterschied liegt nur hinsichtlich der Ebene, auf der die steuerlichen Folgen eintreten.

 

Rz. 119

In der folgenden Berechnung wird von Vergütungen für das § 8a-Darlehen von 100 ausgegangen.

 
  Zinsaufwand Einlage
X-GmbH Zinsen – 100 – 100
  verdeckte Gewinnausschüttung + 100 + 100
       
Obergesellschaft verdeckte Gewinnausschüttung (100) 0 0
  nichtabziehbare Ausgaben +   5 +   5
  Zinsaufwand – 100 0
       
Y-GmbH Zinsertrag + 100 0
Bemessungsgrundlage   +   5 +   5

Wie auch im Fall der Darlehensvergabe durch den mittelbar Beteiligten in der Beteiligungskette (vgl. Rz. 113ff.) ist auch hier aus dem Wortlaut des Gesetzes keine eindeutige Entscheidung für die eine oder die andere Ansicht möglich. M. E. sprechen aber die besseren Argumente für die Annahme einer Einlage, da dann die Abwicklung bei § 8a KStG mit der Dogmatik der verdeckten Gewinnausschüttung übereinstimmt. Außerdem führt nur diese Ansicht zu einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Lösung, wenn sich die Muttergesellschaft und die darlehensnehmende Kapitalgesellschaft (X-GmbH) im Inland befinden, die darlehensgebende Schwestergesellschaft (Y-GmbH) aber im Ausland sitzt (vgl. Rz. 115, 116). Diese Lösung wirft jedoch die Frage nach der Rechtsgrundlage auf, die es gestattet, die Zinseinnahmen bei der darlehensgewährenden Gesellschaft (Y-GmbH) in eine Einlage umzuqualifizieren.

Die Umqualifikation der Zinseinnahmen bei der Y-GmbH in eine Einlage setzt voraus, dass die Zuwendung der Vergütungen durch die X-GmbH (und damit auch die fiktive Zuwendung der Vergütungen durch die Obergesellschaft) nicht auf betrieblicher, sondern auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage beruht. Das ist auf Grund der im Tatbestand des § 8a enthaltenen Vermutungsregeln (vgl. Rz. 7) der Fall. Der Gesetzgeber hat die Vergütungen, wenn der Tatbestand des § 8a KStG erfüllt ist, als gesellschaftsrechtlich veranlasst eingestuft. Auf Grund der in § 8a KStG enthaltenen unwiderlegbaren bzw. widerlegbaren Vermutungen gelten die Vergütungen, welche die X-GmbH leistet, als gesellschaftsrechtlich veranlasst. Damit hat die Y-GmbH aus gesellschaftsrechtlicher Veranlassung einen Vermögensvorteil bezogen. Da dieser Vermögensvorteil über die Obergesellschaft "geleitet" wird, bedeutet dies (fiktiv), dass die Y-GmbH von ihrem Gesellschafter auf gesellschaftsrechtlicher Basis einen Vermögensvorteil bezogen hat. Dies stellt eine Einlage nach § 4 Abs. 1 EStG dar[4].

 

Rz. 120

Gleiche Grundsätze gelten auch bei einer längeren Beteiligungskette.

 
Praxis-Beispiel

Die Obergesellschaft ist an der A-GmbH und der B-GmbH beteiligt. Die B-GmbH ist an der X-GmbH, diese an der Y-GmbH beteiligt. Alle Beteiligungen betragen 100 %. Die A-GmbH gibt der Y-GmbH ein Darlehen, das wegen Überschreitens des safe haven unter § 8a fällt.

Nach der hier (vgl. Rz. 113) vertretenen Ansicht ist die nach § 8a bei der Y-GmbH anzunehmende verdeckte Gewinnausschüttung durch die Beteiligungskette bis zur Obergesellschaft durchzuleiten. Das hat zur Folge, dass nicht nur auf der Ebene der X-GmbH, sondern auch auf der Ebene der B-GmbH und der Obergesellschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt und auf allen drei Ebenen 5 % der verdeckten Gewinnausschüttung, also zusammen 15 %, als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben zu behandeln sind. Bei der Obergesellschaft ist eine Einlage in die A-GmbH anzunehmen. Bei der A-GmbH werden die Zinseinnahmen in eine nicht steuerbare Einlage umqualifiziert.

[2] So Wassermeyer, DStR 2003, 2056.
[3] So Rödder/Schumacher, DStR 2003, 1725, 1731; Gosch, KStG, § 8a Rz. 161; BMF v. 15.7.2004, IV A 2 –...

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