Rz. 99

Ab Vz 2004 enthält der Tatbestand eine Kleinbetragsregelung. Trotz Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 8a erfolgt keine Umqualifizierung der Vergütungen, soweit die Vergütungen nicht mehr als 250.000 EUR betragen. Hierbei handelt es sich um eine Freigrenze, nicht um einen Freibetrag. Auch eine nur geringfügige Überschreitung der Freigrenze führt zur Umqualifizierung des vollen Betrags der Vergütungen.

Die Freigrenze wurde im Zusammenhang mit der Ausdehnung des Geltungsbereichs der Vorschrift auf inländische Fremdkapitalgeber eingeführt. Damit sollen insbesondere mittelständische Unternehmen mit einer moderaten Gesellschafter-Fremdfinanzierung aus dem Geltungsbereich der Vorschrift ausgenommen werden.

Die Freigrenze gilt sowohl für gewinnabhängige wie auch für nicht gewinnabhängige Vergütungen, und zwar unabhängig davon, ob sie an in- oder ausländische Gläubiger gezahlt werden. Sie gilt nicht für Vergütungen, auf die die Holdingregelung anzuwenden ist (vgl. Rz. 173b, 174), und für Vergütungen im Zusammenhang mit einem Erwerb von Beteiligungen nach Abs. 6 (vgl. Rz. 197a).

Im Fall von Darlehen des Gesellschafters der Kapitalgesellschaft an eine der Kapitalgesellschaft nachgeordnete Personengesellschaft nach Abs. 5 ist die Freigrenze auf der Ebene der Kapitalgesellschaft anzuwenden[1]. Die Vergütungen werden auf der Ebene der Kapitalgesellschaft, nicht auf der Ebene der Personengesellschaft in eine verdeckte Gewinnausschüttung umqualifiziert, d. h., es geht darum, ob der Gesellschafter mit der Darlehensvergabe an die Personengesellschaft die zulässige Fremdkapitalfinanzierung bei der Kapitalgesellschaft überschritten hat. Die Freigrenze steht daher jedem Anteilseigner der Personengesellschaft in voller Höhe zu.

 

Rz. 100

Die Freigrenze bezieht sich auf das Wirtschaftsjahr der Kapitalgesellschaft, da sich auch die Prüfung, ob das Fremdkapital das anteilige Eigenkapital überschreitet, auf das Wirtschaftsjahr bezieht[2]. Die gesamte Regelung des § 8a knüpft an das Wirtschaftsjahr an; das muss auch für die Freigrenze gelten. Im Ergebnis bedeutet das, dass die Freigrenze auch für ein Rumpfwirtschaftsjahr gilt; für eine zeitanteilige Kürzung der Freigrenze für den Fall, dass das Wirtschaftsjahr weniger als zwölf Monate beträgt, fehlt die Rechtsgrundlage. Nach dem Gesetz werden die Vergütungen nur für das Wirtschaftsjahr ermittelt; es gibt also keine "veranlagungszeitraumbezogenen" Vergütungen. Da sich die Freigrenze an der Höhe der Vergütungen orientiert, muss sie sich ebenso wie die Vergütungen auf das Wirtschaftsjahr beziehen.

Die Freigrenze gilt für die Kapitalgesellschaft, die das Gesellschafter-Fremdkapital aufgenommen hat, nicht für den Gesellschafter, der das Darlehen gegeben hat[3]. Jede Kapitalgesellschaft kann die Freigrenze daher im Wirtschaftsjahr nur einmal in Anspruch nehmen. Sie ist nicht anteilig auf die die Darlehen gewährenden Anteilseigner zu verteilen, sondern bezieht sich auf die insgesamt von der Kapitalgesellschaft im Wirtschaftsjahr entrichteten Vergütungen. Geben mehrere Gesellschafter Fremdkapital, ist die Freigrenze daher nicht auf die Gesellschafter anteilig aufzuteilen. Daher können nicht einzelne Gesellschafter mit den von ihnen erhaltenen Vergütungen über, andere unter der Freigrenze liegen. Nur die Kapitalgesellschaft kann mit allen gezahlten Vergütungen über oder unter der Freigrenze liegen.

 

Beispiel

Die Gesellschafter A und B sind zu jeweils 50 % an der X GmbH beteiligt. Beide haben der GmbH Gesellschafter-Darlehen gegeben, die den Tatbestand des § 8a erfüllen. Die an A gezahlten Vergütungen betragen im Wirtschaftsjahr 120.000 EUR, die an B gezahlten Vergütungen 140.000 EUR.

Die GmbH zahlt insgesamt Vergütungen von 260.000 EUR und überschreitet damit die Freigrenze. Alle Vergütungen sind als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln. Es ist nicht möglich, die Freigrenze entsprechend der Beteiligungen der beiden Gesellschafter mit jeweils 125.000 EUR aufzuteilen; dann hätten die an A gezahlten Vergütungen die Freigrenze nicht überschritten, nur die an B gezahlten Vergütungen wären als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln.

Hieraus folgt auch, dass der Eintritt oder Austritt wesentlich beteiligter Anteilseigner keinen Einfluss auf die Freigrenze hat.

 

Rz. 100a

Es ist zweifelhaft, welche Vergütungen für Gesellschafter-Fremdkapital einzubeziehen sind. Auszunehmen sind Vergütungen für Gesellschafter-Fremdkapital, das seiner Natur nach überhaupt nicht unter die Vorschrift fällt, also insbesondere kurzfristiges Gesellschafter-Fremdkapital[4] sowie Fremdkapital von nicht rückgriffsberechtigten Dritten.

Für die Frage, ob die Freigrenze überschritten ist, sind alle Vergütungen für Gesellschafter-Fremdkapital, das unter § 8a fällt, zusammenzurechnen. Das bedeutet, dass die Freigrenze nicht eingreift, wenn sich zwar die Vergütungen für gewinnabhängiges Fremdkapital im Rahmen der Freigrenze halten, durch das hinzuzurechnende gewinnunabhängige Fremdkapital die Freigrenze aber überschritt...

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