Rz. 208

Die Frage, ob eine verdeckte Einlage eines Gesellschafters eine Schenkung an den anderen Gesellschafter sein könne, hatte der BFH bisher verneint.[1] Zwar erhöhe die verdeckte Einlage auch den Wert der Beteiligungen der anderen Gesellschafter. Eine Schenkung erfordere aber eine Vermögensminderung aufseiten des Schenkers und eine Vermögensmehrung aufseiten des Beschenkten, also eine unmittelbare Vermögensverschiebung zwischen beiden. Eine zivilrechtliche Vermögensverschiebung finde in diesem Verhältnis aber nicht statt, sondern nur im Verhältnis des Gesellschafters zur Gesellschaft. Handeln auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage zur Förderung des Gesellschaftszwecks und freigebige Zuwendung schließen sich aber gegenseitig aus (Rz. 207).

 

Rz. 209

Diese Rechtslage hat sich durch § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG mit Wirkung für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 13.12.2011 entstanden ist, geändert.[2] Danach wird auch die mittelbare Zuwendung durch Werterhöhung des Anteils eines Gesellschafters durch eine verdeckte Einlage einer anderen Person der ErbSt unterworfen. Die Regelung betrifft Zuwendungen an eine Kapitalgesellschaft und, nach § 7 Abs. 8 S. 3 ErbStG, auch an eine Genossenschaft, durch die die anderen Anteilseigner bereichert werden, weil der Wert der Anteile steigt. Für Zuwendungen an andere Körperschaften gilt die Regelung nicht. Systematisch handelt es sich um die Fiktion einer freigebigen Zuwendung, da diese grundsätzlich eine unmittelbare Vermögensverschiebung erfordert, § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG die ErbSt-Pflicht aber auf mittelbare Zuwendungen ausdehnt.[3]

 

Rz. 210

Leistender, der einer anderen Person mittelbar einen Vermögensvorteil durch die verdeckte Einlage zuwendet, kann jede Person sein.[4] Ist Leistender eine Personengesellschaft, ist die Zuwendung den Gesellschaftern der Personengesellschaft als Leistenden zuzurechnen.[5] Das Gesetz setzt damit nicht voraus, dass der Leistende an der durch die Einlage begünstigten Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist. Von § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG werden also auch Fälle erfasst, in denen der Zuwendende ein gesellschaftsfremder Dritter ist.[6] Allerdings liegt bei Fehlen einer Beteiligung u. U. bereits im Verhältnis des Zuwendenden zur Kapitalgesellschaft eine steuerpflichtige Schenkung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG oder eine körperschaftsteuerpflichtige Vermögensmehrung bei der Kapitalgesellschaft vor, die Vorrang vor einer etwaigen Bereicherung der Gesellschafter hat.[7] Ein zeitgleiches Eingreifen sowohl von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, als auch von § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG ist insoweit ausgeschlossen.[8] Zur Abgrenzung wird auf den Bereicherungswillen des Zuwendenden abgestellt: Nur wenn er mit seiner Leistung auf eine unmittelbare Bereicherung der Kapitalgesellschaft abzielt, kann § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG eingreifen.[9] Das klingt in der Theorie überzeugend, jedoch dürfte es oftmals in der Praxis kaum feststellbar sein, ob der Zuwendende eine Bereicherung der Kapitalgesellschaft oder des Gesellschafters im Auge hatte. Die Beteiligten sollten bei einer Zuwendung deshalb stets nachvollziehbar dokumentieren, ob die Zuwendung an die Gesellschaft oder an den Gesellschafter mit abgekürztem Zahlungsweg an die Kapitalgesellschaft gerichtet sein soll, um späteren Auseinandersetzungen über die schenkungsteuerliche Einordnung des Vorgangs vorzubeugen.

 

Rz. 211

Der Empfänger der mittelbaren Zuwendung muss nach § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG eine natürliche Person oder eine Stiftung sein. Kapitalgesellschaften und Genossenschaften können daher nicht Empfänger einer Zuwendung nach § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG sein; diese Fälle werden allenfalls durch den ergänzenden Tatbestand § 7 Abs. 8 S. 2 erfasst.[10] Die natürliche Person oder Stiftung muss an der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft beteiligt sein, wobei an die Höhe der Beteiligung keine Anforderungen gestellt werden; eine Zwergbeteiligung genügt daher.[11] Die Beteiligung kann unmittelbar oder auch nur mittelbar sein. Es genügt also, dass die natürliche Person oder Stiftung über eine Personen- oder eine Kapitalgesellschaft an der Kapitalgesellschaft bzw. Genossenschaft, in die die Einlage erfolgt ist, mittelbar beteiligt ist.[12] Der Tatbestand des § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG ist auch erfüllt, wenn die Zuwendung an eine Personengesellschaft, an der eine Kapitalgesellschaft, an welcher die natürliche Person als mittelbarer Zuwendungsempfänger beteiligt ist, erfolgt. In diesem Fall gilt die Zuwendung an die Personengesellschaft anteilig als an die Kapitalgesellschaft als Mitunternehmerin erbracht, sodass der Tatbestand des § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG erfüllt ist.[13] Voraussetzung ist jedoch in allen Fällen, dass sich der Wert der Anteile, die die natürliche Person oder Stiftung unmittelbar oder mittelbar hält, durch die Einlage erhöht.

 

Rz. 212

§ 7 Abs. 8 ErbStG erfasst im Gegensatz zu Schenkungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mittelbare Wertverschiebungen ohne eine unmittelbare Vermögenszuwendung zwischen Zuw...

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