Rz. 1

§ 35 regelt die Behandlung von Verlusten, die eine in den neuen Bundesländern ansässige Körperschaft vor der Herstellung der Einheit Deutschlands erlitten hat und nach Einführung des Halbeinkünfteverfahrens im Wege des Verlustvortrags geltend macht.

Die Vorschrift ist durch Gesetz v. 20.12.2001[1] eingefügt worden und hat den bisherigen § 35 ersetzt. Die bisherige Fassung des § 35 enthielt eine umfangreiche Übergangsregelung für die Einführung des bundesdeutschen Rechts in den neuen Bundesländern nach der Herstellung der deutschen Einheit. Diese Regelungen sind wegen Zeitablaufs gegenstandslos geworden. Erforderlich ist nur noch eine Regelung, wie der Verlustvortrag zu berücksichtigen ist; dies regelt § 35 in der neuen Fassung.

 

Rz. 2

Die Übergangsregelung ist durch das Einigungsvertragsgesetz vom 23.9.1990 i. V. m. Anlage I Kapitel IV Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 19d des Einigungsvertrages vom 31.8.1990[2] in das KStG eingefügt worden. Die Vorschrift gilt für die "in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiete" (Anwendungsbereich). Diese Gebiete sind die Länder

  • Brandenburg
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • Sachsen
  • Sachsen-Anhalt
  • Thüringen

sowie der Teil des Landes Berlin, in dem das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vor dem 3.10.1990 nicht galt (Berlin-Ost).

Auf dem Gebiet der Besitz- und Verkehrsteuern, und damit auch auf dem der Körperschaftsteuer, ist die Vereinigung der beiden getrennten Erhebungsgebiete wegen des Prinzips der Kalenderjahrbesteuerung nicht — wie die staatliche Einheit — zum 3.10.1990, sondern erst zum 1.1.1991 hergestellt worden (Anlage I Kapitel IV Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 14). Das bedeutet, dass in dem Gebiet der ehemaligen DDR für den Vz 1990, d. h. für diejenigen Besitz- und Verkehrsteuern, die vor dem 1.1.1991 entstanden sind, noch die steuerrechtlichen Vorschriften der früheren DDR galten.

Das Recht der Bundesrepublik Deutschland galt also für Körperschaftsteuersubjekte der neuen Bundesländer erstmals für den Vz 1991, bei abweichendem Wirtschaftsjahr aber nicht für das ganze Wirtschaftsjahr, das im Jahr 1991 endete, sondern nur für die Besteuerungsgrundlagen, die nach dem 31.12.1990 verwirklicht wurden.

 

Rz. 3

Die Regelung des § 35 gilt für Körperschaftsteuersubjekte, die am 31.12.1990 ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz in dem Gebiet der ehemaligen DDR einschließlich Berlin (Ost) hatten. Diese Körperschaftsteuersubjekte waren nach dem Recht der ehemaligen DDR in der DDR unbeschränkt steuerpflichtig; die Abgrenzung der unbeschränkten von der beschränkten Steuerpflicht entsprach der bundesdeutschen Regelung des § 1 bzw. § 2.

§ 35 gilt aber andererseits nur für solche Körperschaftsteuersubjekte, die in dem Gebiet der bisherigen Bundesrepublik am Stichtag weder Geschäftsleitung noch Sitz hatten. Körperschaftsteuersubjekte, bei denen dies der Fall war, waren in der Bundesrepublik unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, sodass für sie § 35 keine Anwendung fand. Solche Körperschaftsteuersubjekte konnten für das Jahr 1990 sowohl in der ehemaligen DDR als auch in der bisherigen Bundesrepublik unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sein; die Abgrenzung der Besteuerungsrechte erfolgte dann nach den Grundsätzen der DBA, insbesondere also nach dem Betriebsstätten- und Belegenheitsprinzip.

 

Rz. 4

§ 35 behandelt den Fall, dass ein Verlust aus dem Vz 1990, der noch dem Recht der DDR unterlag, auf einen Vz nach In-Kraft-Treten des Halbeinkünfteverfahrens (zu diesem Zeitpunkt vgl. § 34 KStG Rz. 15) vorgetragen wird. Verluste des Vz 1990 aus dem Gebiet der ehemaligen DDR sind grundsätzlich nach § 10d EStG vortragsfähig. Wird dieser Verlust von einem späteren Gewinn, der dann ja dem Halbeinkünfteverfahren unterliegt, abgezogen, muss der damit steuerfrei gestellte Vermögenszugang als positiver Betrag in das steuerliche Einlagekonto eingestellt werden. Bei der erstmaligen Gliederung nach dem Anrechnungsverfahren wurde der Verlust des Jahres 1990 als Negativbetrag in das EK 04 eingestellt. Mit dem Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren ist das EK 04 in das steuerliche Einlagekonto übergeleitet worden (vgl. § 39 KStG Rz. 3). Entsprechend ist der Vermögenszugang, der durch den Verlustabzug steuerfrei gestellt worden ist, als Positivbetrag in das steuerliche Einlagekonto einzustellen.

[1] BStBl I 2002, 35.
[2] BStBl I 1990, 654, 672.

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