Rz. 29

Rechtsfolge ist, dass ein Steuerbescheid gegen den Gesellschafter, dem die verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen ist, erlassen, aufgehoben oder geändert werden kann. Gleiches gilt für einen Feststellungsbescheid, also insbesondere für den Gewinnfeststellungsbescheid einer Personengesellschaft, wenn die Beteiligung an der ausschüttenden Körperschaft im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft oder im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters gehalten wird. In beiden Fällen ist die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Gewinnfeststellung der Personengesellschaft zu erfassen. Ohne dass dies im Gesetz ausdrücklich geregelt ist, betrifft die Änderungsmöglichkeit nur die Ertragsteuerbescheide des Anteilseigners, also den ESt- oder KSt-Bescheid bzw. bei Personengesellschaften die gesonderte Gewinnfeststellung.[1] GewSt-Bescheide können nur über § 35b GewStG geändert werden, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen.[2] Nicht erfasst werden auch USt-Bescheide. Hier wirkt sich aus, dass die Vorschrift im KStG angesiedelt wurde, nicht in der AO. Bei einer ertragsteuerlichen Vorschrift können Rechtswirkungen nur für die Ertragsteuern, also ESt und KSt, eintreten.

 

Rz. 30

Zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist derjenige Steuer- oder Feststellungsbescheid des Gesellschafters, in dem die verdeckte Gewinnausschüttung erfasst worden ist bzw. bei zutreffender Auslegung des Gesetzes zu erfassen gewesen wäre. Bei Erlass eines KSt-Bescheids wird die verdeckte Gewinnausschüttung durch Erlass oder Änderung des Bescheids gegen den Gesellschafter erstmalig als Einnahme erfasst. Bei der Änderung eines Steuerbescheids kann es sich um die erstmalige Erfassung der verdeckten Gewinnausschüttung, um die Erhöhung oder Minderung des Betrags der verdeckten Gewinnausschüttung oder um die Nichterfassung einer bisher erfassten verdeckten Gewinnausschüttung handeln. Hierbei kann auch eine Umqualifizierung der bereits erfassten Leistung erfolgen, z. B. vom Gehalt (Arbeitslohn) eines Gesellschafter-Geschäftsführers in einen Kapitalertrag aus einer verdeckten Gewinnausschüttung. Die Aufhebung des KSt-Bescheids wird immer den Fall betreffen, dass bisher in der Steuerfestsetzung gegen den Gesellschafter eine verdeckte Gewinnausschüttung erfasst wurde, diese Erfassung jetzt aber rückgängig gemacht wird, weil infolge der Änderung des KSt-Bescheids gegen die Körperschaft feststeht, dass keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt.

 

Rz. 31

Der anzupassende Bescheid des Gesellschafters muss nicht denselben Veranlagungszeitraum betreffen wie der Bescheid gegen die Körperschaft, dessen Erlass, Aufhebung oder Änderung Anlass für die Änderung des Bescheids gegen den Gesellschafter ist. Die Vz können auseinanderfallen, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung bei dem Gesellschafter wegen des Zuflussprinzips in einem anderen Vz zu erfassen ist als bei der Körperschaft.[3]

 
Praxis-Beispiel

Eine GmbH hat zum Schluss des Jahrs 01 eine Rückstellung für eine Tantieme für den Gesellschafter-Geschäftsführer gebildet, die diesem im Jahr 02 ausgezahlt und als Arbeitslohn behandelt worden ist.

Wird bei einer Außenprüfung der GmbH festgestellt, dass die Tantieme eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt, ist der KSt-Bescheid des Jahrs 01 zu ändern. Bei dem Gesellschafter ist die Tantieme aber wegen des Zuflussprinzips im Jahr 02 als Arbeitslohn erfasst worden. Daher ist nach § 32a Abs. 1 KStG die Steuerfestsetzung des Gesellschafters für das Jahr 02 zu ändern und die Tantiemezahlung als Einnahme aus Kapitalvermögen der Abgeltungsteuer oder dem Teileinkünfteverfahren zu unterwerfen.

 

Rz. 32

Gleiches kann sich bei der Bildung von Pensionsrückstellungen ergeben, allerdings wird § 32a Abs. 1 KStG schon wegen der langen Zeit zwischen der Bildung der Rückstellung und der Auszahlung der Pension praktisch kaum anwendbar sein, da die Festsetzungsfrist für den Bescheid gegen den Gesellschafter nur bis zu einem Jahr nach Unanfechtbarkeit des Bescheids gegen die Körperschaft gehemmt ist.

 

Rz. 33

Es kann auch der umgekehrte Fall eintreten, dass sich die Änderung des KSt-Bescheids auf einen einen früheren Vz betreffenden Bescheid gegen den Gesellschafter auswirkt.[4]

 
Praxis-Beispiel

Im Jahr 01 verkauft der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ein Wirtschaftsgut zu einem überhöhten Preis. Wird dieser Sachverhalt bei einer späteren Außenprüfung der Kapitalgesellschaft aufgegriffen, können Korrekturen der Anschaffungskosten im Jahr 01 bzw. der Abschreibungen in den Folgejahren erfolgen. Die Änderung sowohl der Anschaffungskosten als auch der Abschreibungen ermöglicht die Änderung des Bescheids gegen den Gesellschafter für das Jahr 01.

 

Rz. 34

Die Änderung nach § 32a Abs. 1 KStG greift auch bei einem Gesellschafter mit der Rechtsform einer Körperschaft ein, wenn die Steuerfestsetzung der ausschüttenden Gesellschaft geändert wurde. Zwar ist die verdeckte Gewinnausschüttung nach § 8b Abs. 1 KStG dann – sieht man einmal vom Sonderfall einer Streubesitzbeteiligung ab – im Ei...

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