Rz. 34

§ 32 Abs. 3 KStG stellt eine spezielle Regelung zum Steuerabzug bei Wertpapierleihgeschäften dar und wurde durch Gesetz v. 14.8.2007[1] in das KStG aufgenommen. Vor Einfügung der Regelung war es insbesondere steuerbefreiten Körperschaften möglich, durch Wertpapierleihgeschäfte einen Steuerabzug zu umgehen, der aufgrund der Steuerfreiheit der Körperschaft endgültig gewesen wäre. Betroffen sind folglich Körperschaften, bei denen die Steuerpflicht davon abhängt, dass eine Abzugsteuer einbehalten wird. Dies sind beschränkt steuerpflichtige "sonstige" Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. d. § 2 Nr. 2 KStG, also juristische Personen des öffentlichen Rechts außerhalb eines Betriebs gewerblicher Art,[2] und unbeschränkt stpfl., aber nach § 5 KStG steuerbefreite Körperschaften.[3] Bei diesen Körperschaften hängt die Steuerpflicht von Einkünften davon ab, dass die Einkünfte einem Steuerabzug unterliegen. Im Umfang des Steuerabzugs tritt Steuerpflicht ein; diese Steuerpflicht ist nach § 32 Abs. 1 KStG durch den Steuerabzug abgegolten.

 

Rz. 35

Hält eine der vorstehend genannten Körperschaften Anteile an einer anderen Körperschaft und bezieht eine Dividende, unterfällt diese dem KapESt-Abzug des § 44a EStG. Diese KapESt ist nicht erstattungsfähig und wird definitiv. Werden die Anteile hingegen an eine andere Körperschaft (Entleiher) verliehen, die nicht der beschränkten Steuerpflicht unterfallen, erhält der Entleiher die Dividende und kann sich die einbehaltene KapESt typischerweise auf die eigene Steuerschuld anrechnen, wobei Dividenden zumindest außerhalb des Anwendungsbereichs von § 8b Abs. 4, 7 und 8 KStG effektiv zu 95 % steuerbefreit sind . Die beschränkt steuerpflichtige bzw. steuerbefreite Körperschaft erhält vom Entleiher eine Leihgebühr für den Verleih der Anteile. Die Leihgebühr unterfiel vor Einführung des § 32 Abs. 3 KStG keiner Abzugsteuer und konnte beim Entleiher als Betriebsausgabe abgesetzt werden. Der erlangte Steuervorteil konnte hierdurch die aufgrund der Anrechenbarkeit "gesparte" Abzugsteuer übersteigen. Verleiher und Entleiher haben sich diesen Vorteil über die Leihgebühr regelmäßig geteilt.

 

Rz. 36

Die Steuerabzugspflicht betrifft Einkünfte gem. § 2 Nr. 2 KStG. Hierbei handelt es sich um Wertpapierleihgeschäfte, insbesondere

  • Wertpapierleihgeschäft, bei dem Wertpapiere leihweise an einen anderen als die Körperschaft temporär übertragen und hierfür eine Leihgebühr entrichtet wird,[4]
  • Wertpapierpensionsgeschäfte i. S. d. § 340b Abs. 2 HGB
  • sonstige Wertpapierleihgeschäfte, die in den Anwendungsbereich des § 8b Abs. 10 KStG fallen.[5]
 

Rz. 37

Weitere Voraussetzung ist, dass es sich um inländische Einkünfte handelt. Dies ist gem. § 2 Nr. 2 KStG immer dann der Fall, wenn die entsprechenden Anteile, die Gegenstand des Leihgeschäfts sind, an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland bestehen. Für das Merkmal der Inlandsbezogenheit ist es unerheblich, wo Verleiher oder Entleiher ihren Sitz oder ihren Ort der Geschäftsleitung haben, es ist allein auf die Gesellschaft abzustellen, deren Anteile Gegenstand des Leihgeschäfts sind. Der Steuerabzug besteht auch, sofern das Wertpapierleihgeschäft zwischen in einem ausländischen Staat ansässigen Körperschaften stattfindet und außer den Anteilen an der in Deutschland ansässigen Gesellschaft keinerlei Bezugspunkte zum Inland bestehen.

 

Rz. 38

Die inländischen Einkünfte müssen im Rahmen einer beschränkten Steuerpflicht bezogen werden (was bei der Wertpapierleihe von Anteilen an inländischen Körperschaften stets der Fall ist), oder an eine gem. § 5 Abs. 1 KStG oder nach anderen Gesetzen steuerbefreite Körperschaft[6] gezahlt werden. Hierunter fallen bis 31.12.2017 noch Investmentfonds, die nach dem InvStG transparent besteuert werden, indem Erträge auf Fondsebene steuerfrei gestellt und den Anteilseignern zugerechnet werden.[7] Ab 1.1.2018 werden Investmentfonds unter dem InvStG demgegenüber nicht mehr transparent besteuert, wodurch auch keinerlei Steuerbefreiung mehr besteht.

Es ist unerheblich, nach welchen Regelungen eine Steuerbefreiung für die jeweilige Körperschaft besteht. Eine Ausnahme besteht lediglich für Spezialfonds, die weiterhin transparent besteuert werden sollen. Die Regelung des § 32 Abs. 3 KStG soll die Besteuerung von ansonsten steuerfrei vereinnahmten Zahlungen verhindern. Folglich greift die Regelung, soweit die Leihgebühren ansonsten steuerfrei vereinnahmt werden könnten.

 

Rz. 39

Sind die Voraussetzungen erfüllt, fällt die Transaktion unter eine Steuerabzugsverpflichtung. Steuerabzugspflichtig sind "Einkünfte" oder eine sonstige Gegenleistung. Durch den Verweis auf § 2 Nr. 2 Halbs. 2 KStG werden Einkünfte als "Entgelte" (Buchst. a und b) bzw. die "Einnahmen und Bezüge" (Buchst. c) definiert. "Einkünfte" i. S. d. § 32 Abs. 3 KStG ist also nicht im Sinn von Nettoeinkünften zu verstehen, sondern als "Entgelte, Einnahmen und Bezüge" (Bruttobeträge). Eine Kürzung der Bemessungsgrundlage für den Steuerabz...

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