Rz. 119

Die Geltung grenzüberschreitender Umwandlungen wurde zivilrechtlich jüngst im Zuge des UmRUG neu geregelt.[1]

Umwandlungsmaßnahmen mit grenzüberschreitendem Bezug sind demnach regelmäßig solche, bei denen mindestens eine der an der Umwandlungsmaßnahme beteiligten Gesellschaften dem Recht eines EU- oder EWR-Staates unterliegt.[2] Der Steuerrechtsgesetzgeber hat demgegenüber bereits im Zuge des KöMoG[3] zumindest die – für § 29 KStG erhebliche – Umwandlung von Kapitalgesellschaften auch über die EU- bzw. den EWR hinaus auf Drittstaaten erweitert, indem § 1 Abs. 2 UmwStG a. F. gestrichen wurde.[4]

§ 29 Abs. 6 S. 1 KStG regelt für Fälle, in denen für eine übertragende Körperschaft oder Personenvereinigung bislang kein steuerliches Einlagekonto festzustellen war, die Erfassung von Einlagen, die nicht in das Nennkapital geleistet worden sind. Überdies erfolgt eine Verweisung auf § 27 Abs. 8 KStG in S. 2 der Vorschrift.

 

Rz. 120

Die Vorschrift gilt ihrem Wortlaut nach für alle ausl. Körperschaften. Eine Beschränkung ergibt sich allein aus dem Tatbestand, dass für die Überträgerin bisher kein steuerliches Einlagekonto geführt werden musste.

 

Rz. 120a

Bei einem "Hereinformwechsel" hingegen, in dem eine Körperschaft oder Personenvereinigung ausländischen Rechts ihren statutarischen Sitz und ihre Geschäftsleitung nach Deutschland verlegt und zugleich das Rechtskleid in eine deutsche Körperschaft oder Personenvereinigung wechselt, ist hingegen nach Auffassung der Finanzverwaltung keine Anwendung des UmwStG gegeben.[5] Derartige Vorgänge stellen einen steuerrechtlich unbeachtlichen Wechsel des Rechtskleids dar, sodass auf diese Vorgänge die allgemeinen Vorschriften des § 27 KStG zur erstmaligen Feststellung des steuerlichen Einlagekontos heranzuziehen sind.

 

Rz. 121

War für die übertragende Körperschaft ein Einlagekonto nicht festzustellen, ist der Bestand an Einlagen auf den Zeitpunkt des Vermögensübergangs zu ermitteln. Für diese Ermittlung gilt § 27 Abs. 8 KStG entsprechend.[6] Eine Feststellung der Einlagen erfolgt nicht; § 27 Abs. 8 KStG sieht nur eine Feststellung der Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto vor, nicht aber die Feststellung des Einlagekontos selbst. Insoweit wird die zuzurechnende Leistung für Zwecke des § 29 Abs. 6 KStG festgestellt. Diese Feststellung ist antragsabhängig; für den Antrag gilt die Ausschlussfrist des § 27 Abs. 8 S. 4 KStG.[7] Die Frist beginnt nach § 28 Abs. 8 S. 4 KStG in dem Zeitpunkt, in dem die Leistung erbracht wird. M. E. ist hierbei auf die tatsächliche Leistungserbringung abzustellen, d. h. auf die handelsrechtliche Wirksamkeit der Umwandlung. Nicht maßgebend ist daher der steuerliche Übertragungsstichtag.[8] Wird die Antragsfrist versäumt, gelten alle Beträge als thesaurierte Gewinne und daher nicht als Einlagen. Ein Zugang auf dem steuerlichen Einlagekonto der übernehmenden Körperschaft ist insoweit nicht möglich. M. E. gilt dies zumindest nicht für Nennkapital ausländischer Körperschaften, sofern adäquat nachgewiesen wird, dass dieses aus Einlagen besteht. Zuständig wird entsprechend § 20 Abs. 4 AO regelmäßig das FA des übernehmenden Rechtsträgers sein, hilfsweise das BZSt.[9] Die übertragende Körperschaft muss bei dem zuständigen FA eine – u. U. bis zu ihrer Gründung reichende – Ermittlung der Einlagen und der Rückzahlung von Einlagen bis zum Zeitpunkt des Vermögensübergangs vorlegen.[10] Das Gesetz enthält keine Regelung, wie zu verfahren ist, wenn die übertragende Gesellschaft diese Ermittlung nicht aufstellt oder aufstellen kann. Entsprechend § 27 Abs. 8 S. 9 KStG wird dann davon auszugehen sein, dass es sich bei den fraglichen Beträgen nicht um Einlagen handelt.

 

Rz. 122

Der auf diese Weise ermittelte Bestand an Einlagen wird bei der Vermögensübertragung auf einen inl. übernehmenden Rechtsträger ebenso behandelt wie ein steuerliches Einlagekonto für eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft nach Abs. 1-5. Das bedeutet:

  • Das Nennkapital der übertragenden Körperschaft gilt in vollem Umfang als herabgesetzt und erhöht daher den ermittelten Bestand der Einlagen.[11]
  • Der Bestand an Einlagen (Einlagen zzgl. Nennkapital) wird dem steuerlichen Einlagekonto des übernehmenden Rechtsträgers hinzugerechnet.[12] Das gilt jedoch nicht, soweit der übernehmende Rechtsträger an dem übertragenden Rechtsträger beteiligt ist.[13] Ist der übertragende Rechtsträger an dem übernehmenden Rechtsträger beteiligt ("Downstream-Merger"), mindert sich der Bestand an Einlagen des übertragenden Rechtsträgers im Verhältnis seiner Beteiligung an dem übernehmenden Rechtsträger.[14]
  • Wird der übertragende Rechtsträger aufgespalten oder handelt es sich um eine Abspaltung, gehen die Bestände an Einlagen nur anteilig auf den übernehmenden Rechtsträger über.[15]
  • Das Nennkapital der übernehmenden Kapitalgesellschaft ist unter Verwendung der zusammengerechneten Einlagebeträge anzupassen.[16]

Diese Regelung gilt nicht nur für ausl. übertragende Rechtsträger, die einer deutschen Kapitalgesellschaft entsp...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge