Rz. 103

Hält der übernehmende Rechtsträger Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft oder der übertragende Rechtsträger Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger, erfordert dies grundsätzlich dieselben Korrekturen im steuerlichen Einlagekonto wie bei der Verschmelzung.[1] Diese Grundsätze gelten aber nur entsprechend. Bei der Spaltung tritt die Rechtsfolge mithin nur bei dem übernehmenden Rechtsträger ein, der die Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft hält bzw. an dem Anteile gehalten werden.

 

Rz. 104

Strittig ist, inwieweit die entsprechende Anwendung der Vorschriften zur Abwärts- oder Aufwärtsverschmelzung zu erfolgen hat, also ob diese bezogen auf die einzelne Gesellschaft oder bezogen auf eine Gesamtbetrachtung zu verstehen sind. Entscheidend ist, ob man bei der Anwendung der Regelung den Wortlaut oder den Telos der Norm zugrundelegen will. Bei Anwendung des Wortlauts könnte die Regelung zu unsystematischen Ergebnissen führen. Trotzdem scheint die h. M. dazu zu tendieren, die Regelung wortlautgetreu anwenden zu wollen.[2] Die hiervon abweichende Auffassung ist demgegenüber eine Mindermeinung.[3]

 

Rz. 105

Die unterschiedlichen Wirkungen sollen an dem nachfolgenden Beispiel illustriert werden:

 
Praxis-Beispiel

Die A-GmbH mit einem Nennkapital von EUR 50.000 sowie einem Bestand auf dem steuerlichen Einlagekonto von 100.000 EUR wird auf die X-GmbH und die Y-GmbH aufgespalten. Die beiden übernehmenden Körperschaften sind zu je 50 % (zusammen 100 %)an der übertragenden Körperschaft beteiligt (vollständige Upstream-Abspaltung).

Die Hinzurechnung des anteiligen steuerlichen Einlagekontos unterbleibt, soweit die übernehmenden Körperschaften an der übertragenden Körperschaft beteiligt sind. Da jede der übernehmenden Körperschaft zu 50 % an der übertragenden Körperschaft beteiligt ist, kommt es auf die Anwendung der Regelung an, inwieweit eine Kürzung des zuzurechnenden Einlagekontos vorzunehmen ist. Bei Anwendung des genauen Wortlauts, darf bei jeder von ihnen ein steuerliches Einlagekonto i. H. v. 50 % des hälftigen Bestands, der ohne Beteiligung zur Zurechnung käme (0,5 × 150.000/2 = 37.500), nicht hinzugerechnet werden. Damit erhöhen sich die steuerlichen Einlagekonten der Gesellschafter, obgleich eine komplette Upstream-Aufspaltung erfolgt. Dies wäre nicht der Fall, sofern es einen Alleingesellschafter gäbe. Wird die Regelung demgegenüber nach dem Telos der Norm angewendet, entfällt die Hinzurechnung des steuerlichen Einlagekontos vollständig, da beide Gesellschafter zusammen 100 % an der Überträgerin besitzen und insoweit jeweils die Hinzurechnung insgesamt unterbleibt.

 

Rz. 106

M. E. führt die Anwendung der Regelung sowohl bei Anwendung nach dem Wortlaut als auch bei Anwendung nach dem Telos der Norm zum selben Ergebnis. § 29 Abs. 3 S. 3 KStG ordnet insoweit an, dass § 29 Abs. 2 S. 2 und 3 KStG bei Bestehen von Beteiligungsverhältnissen der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger "entsprechend" gelten. Eine entsprechende Anwendung bedeutet m. E., dass die Vorschriften über die Behandlung des steuerlichen Einlagekontos von Verschmelzungen im Falle der Beteiligung des Überträgers am Übernehmer und umgekehrt sinngemäß zu erfolgen hat. Dies bedeutet im Ergebnis eine Anwendung nach dem Telos der Norm, d. h. im vorstehenden Beispiel unter Rz. 105 entfällt eine Hinzurechnung des steuerlichen Einlagekontos der übertragenden Kapitalgesellschaft zum Übernehmer. Dies gilt insoweit auch bei nicht verhältniswahrenden Abspaltungen, bei Wertverschiebungen gelten die Ausführungen zur Verschmelzung entsprechend.[4]

 

Rz. 107

Besonderheiten können sich m. E. ferner bei der Upstream-Abspaltung mit Schuldüberhang ergeben. Nach der h. M. ist eine solche Abspaltung grundsätzlich möglich und fällt unter den Anwendungsbereich des § 15 UmwStG.[5]

Im gewissen Maße gleicht diese Umwandlungsart der Übernahme einer Verpflichtung der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft. Zur Illustration diene das nachfolgende Beispiel.

 
Praxis-Beispiel

Die M-GmbH ist 100 %ige Anteilseignerin der T-GmbH. Der Geschäftsgegenstand der M-GmbH erstreckte sich bislang auf das Halten und Verwalten der Beteiligung an der T-GmbH sowie der Erbringung von Managementdienstleistungen. Der Geschäftsgegenstand der T-GmbH umfasst hingegen die Produktion und den Vertrieb von Fenstern. Im Zuge einer Umstrukturierung soll der Bereich Vertrieb von der T-GmbH auf die M-GmbH abgespalten werden. Da der Bereich nicht die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 2 UmwStG erfüllt, erfolgt die Abspaltung zum gemeinen Wert. Neben Anlagevermögen (100) gehen insbesondere die Arbeitsverhältnisse der Vertriebsmitarbeiter und damit die Pensionsrückstellungen (330) auf diese über. Zwar sind die Pensionsrückstellungen aufgrund des § 15 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 2 UmwStG weiterhin mit dem Teilwert gem. § 6a EStG zu bewerten, aufgrund des geringen dem Vertrieb zuzuordnenden Anlagevermögens verbleibt es indessen trotzdem bei einem übergehenden negativen Vermögen (Schuldüberh...

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