Rz. 62

Fraglich ist, ob die Körperschaft infolge der Kapitalherabsetzung eine Bescheinigung an den Anteilseigner auszustellen hat. Bei Auskehrung von Beträgen aus der Kapitalherabsetzung kann entweder eine stpfl. Leistung oder eine stfr. Einlagenrückgewähr vorliegen. Dies hat materielle Auswirkung auf die ertragsteuerliche Qualifikation der Auskehrung beim Anteilseigner. Zu differenzieren ist zunächst zwischen dem Fall einer Kapitalherabsetzung mit Auskehrung an die Anteilseigner und einer Kapitalherabsetzung mit Einstellung der Beträge in die Kapitalrücklage (insbesondere bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung). Sofern keine Auskehrung von Beträgen aus der Kapitalherabsetzung erfolgt, ist unstreitig auch keine Bescheinigung zu erteilen.

 

Rz. 63

Ist eine Auskehrung an die Anteilseigner erfolgt, ist weiter zu differenzieren, ob stpfl. Erträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder eine steuerfreie Einlagenrückgewähr vorliegt. Sofern ein Sonderausweis zu mindern ist, unterliegt die Leistung der KapESt gem. § 43 Abs. 1 S 1 Nr. 1 EStG. Folglich hat die auszahlende Körperschaft eine entsprechende Bescheinigung gem. § 45a Abs. 2 EStG auszustellen.[1] Liegt hingegen Einlagenrückgewähr vor, besteht keine gesetzliche Verpflichtung zur Erteilung einer Bescheinigung. § 28 KStG enthält keine solche Regelung und es fehlt eine Verweisung auf § 27 Abs. 3 KStG. Z.T. wird deshalb die Auffassung vertreten, dass eine planwidrige Regelungslücke vorliegt und deshalb eine Bescheinigung analog zu § 27 Abs. 3 KStG zu erteilen ist.[2] Nach anderer und m. E. zutreffender Auffassung besteht keine solche Regelungslücke, die Körperschaft ist infolge der Kapitalherabsetzung und Auskehrung an die Anteilseigner mithin nicht zur Ausstellung einer Bescheinigung verpflichtet.[3] Die Kapitalherabsetzung wird in das Handelsregister eingetragen, sodass ein gesonderter Nachweis außerhalb der Registereintragung obsolet ist. Nach der Regelungssystematik der §§ 27-29 KStG besteht eine grds. Vermutung, dass Nennkapital aus Einlagen besteht. Ist dies nicht der Fall, ist ein entsprechender Sonderausweis zu bilden, die auszahlende Körperschaft hat KapESt einzubehalten und abzuführen sowie eine entsprechende Bescheinigung zu erteilen. Gleiches gilt, sofern der Auszahlungsbetrag den positiven Bestand des steuerlichen Einlagekontos übersteigt. Insoweit besteht keine Notwendigkeit zur Erteilung einer gesonderten Bescheinigung, wenn keiner dieser beiden Fälle vorliegt. Das für den Gesellschafter zuständige FA kann bei einer Auskehrung von Nennkapital infolge einer Kapitalherabsetzung grds. davon ausgehen, dass eine Einlagenrückgewähr besteht, da anderenfalls bereits KapESt einbehalten worden wäre. Dies gilt insbesondere in Abgrenzung zur Einlagenrückgewähr außerhalb einer Nennkapitalherabsetzung. Da das für den Gesellschafter zuständige FA keine Kenntnis über den vorhandenen ausschüttbaren Gewinn oder den Bestand des steuerlichen Einlagekontos der auskehrenden Gesellschaft hat und dies auch nicht durch gerichtlich überprüfte Eintragung im Handelsregister veröffentlicht wird, ist in diesem Fall die Ausstellung einer Bescheinigung durch die auszahlende Körperschaft anders als im Fall des § 28 Abs. 2 KStG unablässig für die Herbeiführung einer sachgerechten ertragsteuerlichen Erfassung der Auszahlung. Schließlich war eine Bescheinigung der auskehrenden Körperschaft in der urspr. Fassung des § 28 KStG ausdrücklich vorgesehen.[4] Bereits diese Bescheinigung bezog sich indessen nur auf den Teilbetrag, für den der Sonderausweis zu mindern war. Mit Neufassung der Vorschrift durch das G. v. 20.12.2001[5] wurde die Pflicht zur Ausstellung einer gesonderten Bescheinigung bereits wieder abgeschafft. In der Gesetzesbegründung wird dazu ausgeführt, dass mit der Neufassung des § 28 KStG zugleich die "Verweisungen auf entsprechende Absätze des § 27 korrigiert" werde.[6] Der Gesetzgeber hat sich mithin bewusst dafür entschieden, keine zusätzliche Bescheinigungspflicht für die auszahlende Körperschaft zu regeln. Ansonsten hätte das Gesetz eine solche Pflicht entweder direkt in § 28 KStG enthalten oder es wäre eine Verweisung auf § 27 KStG in § 28 KStG aufgenommen worden. Eine planwidrige Regelungslücke liegt deshalb m. E. nicht vor. Bei der fehlenden Verweisung handelt es sich vielmehr um eine vom Gesetzgeber beabsichtigte formelle Vereinfachung.

 

Rz. 64

Etwas hiervon Abweichendes gilt m. E. auch nicht bei der Liquidation einer Kapitalgesellschaft und einer hiermit verbundenen Auszahlung der Liquidationsraten. In diesem Fall dürfte dem für den Anteilseigner zuständigen FA zwar kein Eintrag aus dem Handelsregister über die Nennkapitalherabsetzung vorliegen, aus dem Handelsregister dürfte indessen ersichtlich sein, dass sich die Kapitalgesellschaft in Liquidation befindet. Das Gesetz enthält insoweit keine Differenzierung dahingehend, ob aus dem Handelsregister ersichtlich ist, ob ein Auszahlungsbetrag aus Nennkapital gespeist wurde oder nicht. Insoweit müssen m. E. andere Nachwe...

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