Rz. 45

Sowohl bei der Kapitalherabsetzung als auch der Liquidation des Unternehmens kommt bzw. kann es zu einer Rückzahlung des Nennkapitals kommen. Die Rechtsfolge bei Rückzahlung des Nennkapitals an die Anteilseigner bestimmt § 28 Abs. 2 S. 2 KStG. Demnach gilt die Rückzahlung als Gewinnausschüttung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG, soweit der Sonderausweis durch die Nennkapitalherabsetzung zu mindern ist. Hierdurch wird verhindert, dass sich eine Besteuerungslücke dadurch ergibt, dass Gewinnrücklagen nicht direkt an die Anteilseigner ausgekehrt werden (in diesem Fall würde die Auskehrung beim Anteilseigner bereits gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen), sondern über den "Umweg" einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und anschließender Kapitalherabsetzung.

Aus dem Gesetzeszweck ist diese Regelung so zu verstehen, dass die Kapitalherabsetzung unter Verwendung von in dem Sonderausweis erfassten Beträgen allgemein nicht als (steuerlich unbeachtliche) Kapitalrückzahlung, sondern als (stpfl.) Ausschüttung zu behandeln ist.[1] Der Gesetzeszweck, eine Umgehung der Ausschüttungsfolgen zu vermeiden, gilt nicht nur im Rahmen des § 20 EStG, sondern auch, sofern der Vorgang bei dem Anteilsinhaber unter eine der anderen Einkunftsarten zu fassen ist.[2] Daher treten die Rechtsfolgen einer Ausschüttung, nicht einer Kapitalrückzahlung, ein, wenn der Anteilseigner die Anteile im Betriebsvermögen hält oder sofern diese unter § 17 EStG fallen. Dies gilt auch, soweit der Anteilseigner eine Körperschaft ist; die Auskehrung des Betrags der Kapitalherabsetzung ist dann als Ausschüttung zu behandeln, auf die § 8b Abs. 1, 4 i. V. m. Abs. 5 KStG anwendbar ist, die also effektiv zu 95 % stfrei gelassen wird, wenn die Beteiligung mindestens 10 % beträgt. Für eine Rückzahlung von Nennkapital, das nicht zum Sonderausweis gehört, gelten demgegenüber die allgemeinen Grundsätze zur vorrangigen Verrechnung mit dem Buchwert.[3]

 

Rz. 46

Soweit die Herabsetzung des Nennkapitals und die Auskehrung an den Anteilseigner wegen Verwendung von Beträgen des Sonderausweises bei den Anteilseignern als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG gelten, unterliegen diese Auskehrungen nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch zugleich der KapESt von 25 %. Hierüber ist dem Anteilseigner eine Bescheinigung nach § 45a Abs. 2 EStG zu erteilen. Ein gesonderter Ausweis auf der Bescheinigung, dass die Beträge aus dem Sonderausweis stammen, ist nicht erforderlich. Dies gilt unabhängig davon, ob die Auszahlung im Zuge einer Kapitalherabsetzung oder einer Liquidation erfolgt.

 

Rz. 47

Wird der Herabsetzungsbetrag nicht an die Anteilseigner ausgezahlt, sondern (handelsrechtlich) in Rücklagen eingestellt, vermindert sich der Sonderausweis dennoch um den Herabsetzungsbetrag. Dies dürfte insbesondere den Fall einer vereinfachten Kapitalherabsetzung betreffen, da eine Rückzahlung des Herabsetzungsbetrages hierbei gesetzlich untersagt ist. Weitere ertragsteuerliche Folgen treten weder bei der Körperschaft noch bei den Anteilseignern ein. Insbesondere darf dieser Herabsetzungsbetrag, soweit er den Sonderausweis betrifft, bei der Körperschaft nicht in das steuerliche Einlagekonto eingestellt werden, da dieser sonst bei der Ausschüttung dem Besteuerungszugriff des Fiskus entzogen wäre. Dies gilt, obwohl der Betrag handelsrechtlich in die Kapitalrücklage einzustellen ist. In das steuerliche Einlagekonto kann ein Betrag aus der Herabsetzung des Nennkapitals dem Wortlaut der Vorschrift nach nur eingestellt werden, soweit der Herabsetzungsbetrag den Betrag des Sonderausweises übersteigt.[4] Insoweit stimmt der Telos der Norm mit dem Wortlaut überein. Daraus ergibt sich die (selbstverständliche) Folge, dass im Fall einer Kapitalherabsetzung der Sonderausweis nur bis zum Betrag 0 gemindert werden kann; der Sonderausweis kann hierdurch nicht negativ werden. Ein den Sonderausweis übersteigender Herabsetzungsbetrag ist nicht vom Sonderausweis abzuziehen, sondern ist in das steuerliche Einlagekonto einzustellen.

 

Rz. 48

Wie bereits dargestellt, ist bei einer Kapitalherabsetzung oder Liquidation der Körperschaft der Sonderausweis entsprechend zu mindern. Die Minderung des Sonderausweises erfolgt unabhängig davon, ob der Betrag an die Anteilseigner ausgekehrt oder in die Kapitalrücklage eingestellt wird. Der Sonderausweis bezieht sich auf Nennkapital, welches durch Gewinnrücklagen dotiert wurde. Im Falle der Kapitalherabsetzung ist das Nennkapital insoweit nicht mehr existent, sodass ein entsprechender Ausweis auch nicht benötigt wird. Gemindert wird der Sonderausweis ausgehend von dem Bestand, der zum Schluss des dem Wirtschaftsjahr der Kapitalherabsetzung vorangegangenen Wirtschaftsjahrs gesondert festgestellt worden ist. Es wird also, anders als beim steuerlichen Einlagekonto im Falle einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, nicht auf den Bestand am Ende des Wirtschaftsjahrs der Kapitalveränderung abgestellt, sondern auf den zum Sc...

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