Rz. 35

Die ertragsteuerlichen Folgen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln auf Ebene der Anteilseigner sind grds. im KapErhStG geregelt.[1] Nach § 1 KapErhStG zählt der Erhalt neuer Anteilsrechte bei einer Ausgabe neuer Anteile (sog. "Gratisaktien") im Rahmen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nicht zu den Einkünften i. S. d. § 2 Abs. 1 EStG. Die neuen Anteile treten in die Rechtsstellung der alten Anteile ein. Folgerichtig bestimmt § 3 KapErhStG deshalb, dass die Anschaffungskosten der Altanteile auch auf die Neuanteile entsprechend des Verhältnisses der Anteile zum Nennkapital zu verteilen sind. Die Körperschaft trifft gem. § 4 KapErhStG zudem eine Mitteilungspflicht an das FA innerhalb von zwei Wochen nach Eintragung dieser in das Handelsregister sowie die Pflicht, eine Abschrift des Kapitalerhöhungsbeschlusses einzureichen. Gem. § 7 KapErhStG gelten die Grundsätze des § 1 KapErhStG auch für Anteile an ausl. Gesellschaften, sofern die Gesellschaft und die Kapitalmaßnahme den inländischen Gesellschaftsformen und Kapitalmaßnahmen entspricht. Darüber hinaus normiert § 7 Abs. 2 KapErhStG einen "fiktiven Sonderausweis" für ausl. Gesellschaften. Demnach gelten bei nicht in der EU oder dem EWR ansässigen Gesellschaften die Rückzahlungen aus einer Nennkapitalherabsetzung in Höhe der Nennkapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln beim Anteilseigner als Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 S. 1 EStG, sofern die Kapitalherabsetzung innerhalb von fünf Jahren nach einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln vorgenommen wird. Lediglich sofern die Körperschaft innerhalb der EU oder dem EWR ansässig ist, gilt insoweit § 27 Abs. 8 KStG. Die Regelung ist im Zusammenhang mit der Diskussion zu sehen, ob in Drittstaaten ansässige Körperschaften Einlagen zurückgewähren können oder nicht.[2] Es entspricht insoweit der h. M.[3], dass zumindest im Falle der Kapitalherabsetzung ein Direktzugriff auf Einlagen der Gesellschafter möglich ist und diese im Inland entsprechend nicht zu einer Steuerpflicht führen. Dies wurde zwischenzeitlich durch den BFH bestätigt[4]. Auch der Gesetzgeber scheint diese Auffassung zu vertreten, denn anderenfalls wäre die Regelung des § 7 Abs. 2 KapErhStG nicht notwendig gewesen. Nur aufgrund dieses "fiktiven Sonderausweises" kommt es entsprechend zu einer Besteuerung auf Ebene der Anteilseigner bei Kapitalherabsetzung. M.E. ist die Regelung als europarechtlich bedenklich einzustufen.[5]

[1] G. v. 10.10.1967, BStBl I 1967, 367, zuletzt geändert durch G. v. 7.12.2006, BStBl I 2007, 4.
[2] Vertiefend hierzu § 27 KStG Rz. 283.
[3] Bauschatz, in Gosch, KStG, 3. Aufl. 2015, § 28 KStG Rz. 52.
[5] Gl. A. BFH v. 13.7.2016, VIII R 73/13, BFH/NV 2016, 1827; BFH v. 13.7.2016, VIII R 47/13, BFH/NV 2016, 1831. Der EuGH hat die Konturierung der Kapitalverkehrsfreiheit zur Niederlassungsfreiheit jüngst relativiert und den Anwendungsbereich Ersterer eingeschränkt, Watrin/Eberhardt, IStR 2014, 2967, 2968 f.

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