Rz. 47

Die gezielte Einlagenrückgewähr war nach Ansicht der Finanzverwaltung in Sonderfällen zulässig, insbes. bei der Rückzahlung von Nachschusskapital bei der GmbH.[1] Nach alter Rechtslage war dies m. E. insbes. aufgrund der eindeutigen Zuordnungsmöglichkeit nach der Gliederungsrechnung des Eigenkapitals möglich, die in ihren Bestandteilen auch noch nach formeller Abschaffung des Verfahrens einige Jahre fortbestand.[2] Nach aktueller Rechtslage, d. h. ab Änderung der Vorschrift durch Gesetz v. 7.12.2006[3] und damit ab dem Vz. 2006, ist dies m. E. nicht mehr möglich.[4] Die Verwendungsreihenfolge ist insoweit eindeutig, auf eine mögliche (nämliche) Zuordnung des Nachschusskapitals kommt es nicht an.[5] Eine derartige Behandlung würde dem Wortlaut und der Intention der Vorschrift zuwiderlaufen. Die Versagung des Direktzugriffs auf das steuerliche Einlagekonto bei Rückgewähr von Nachschusskapital ist das Ergebnis einer Vereinfachung im Masseverfahren; eine planwidrige Regelungslücke, die eine teleologische Reduktion ermöglichen würde, ist nicht ersichtlich. Auch bei einer Auslegung nach Sinn und Zweck wären die Ziele des Gesetzgebers, einerseits Einlagen der Gesellschafter gesondert festzustellen und andererseits die Verwaltungstätigkeit zu vereinfachen, zu gewichten, wobei sich diese beiden Ziele durchaus nicht komplementär gegenüberstehen, sondern durch die Anwendung der allgemeinen Verwendungsreihenfolge auch bei Rückgewähr von Nachschusskapital in Einklang gebracht werden können. Die Auffassung der Finanzverwaltung[6] ist m. E. in diesem Punkt überholt, sollte in der Praxis aufgrund der Selbstbindung der Finanzverwaltung jedoch weiterhin angewendet werden und dürfte insoweit als Billigkeitsregelung anzusehen sein. Ob diese Billigkeitsregelung jedoch auch von § 163 AO gedeckt ist, erscheint zweifelhaft, da eine Umqualifizierung von steuerpflichtigen in nicht steuerbare Elemente durch die Regelung nicht möglich ist und in der Regelung auch keine sachliche Unbilligkeit zu sehen sein dürfte. Eine Billigkeitsmaßnahme ist insbesondere nicht möglich, sofern der Gesetzgeber eine für den Stpfl. ungünstige Rechtsfolge bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat.[7] Dies ist durch explizite Anordnung der Verwendungsreihenfolge aber gerade geschehen. M. E. ist damit dem Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto bei Rückgewähr von Nachschusskapital zumindest ab dem Vz. 2006 "der Boden entzogen".

 

Rz. 48

Bei Leistungen von Körperschaften mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Drittstaaten[8] ist eine Steuerpflicht hingegen allein nach dem Telos des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG zu beurteilen, wonach das ausl. Handelsrecht eine Art "indirekte Maßgeblichkeit" für die innerstaatliche Qualifikation entfaltet.[9].

 

Rz. 49

Nach derzeitiger Rechtslage ist der Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto auf 2 im Gesetz genannte Möglichkeiten beschränkt. Nach § 27 Abs. 6 KStG ergibt sich eine unmittelbare Minderung eines positiven Bestands auf dem steuerlichen Einlagekonto einer Organgesellschaft, sofern in organschaftlicher Zeit verursachte Mehrabführungen an den Organträger vorgenommen werden. Durch Einfügung einer zweiten Tatbestandsalternative in § 27 Abs. 1 S. 3 KStG durch das KöMoG[10] wurde dies klarstellend und explizit auch direkt bei der Verwendungsreihenfolge aufgenommen.[11] Der Direktzugriff erfolgt mithin aufgrund expliziter gesetzlicher Anordnung abweichend von der allgemeinen Verwendungsreihenfolge.

 

Rz. 50

Der zweite Anwendungsfall betrifft Kapitalauskehrungen infolge einer Kapitalherabsetzung, da die Systematik des § 28 Abs. 2 S. 1 und 3 KStG bei einer Kapitalherabsetzung zunächst eine Gutschrift auf dem steuerlichen Einlagekonto vorschreibt, im Anschluss hieran indes einen Direktzugriff erlaubt.

Ein solcher Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto ergibt sich allerdings nur dann, wenn die Leistung der Körperschaft an die Anteilseigner erkennbar darauf abzielt, den Betrag des herabgesetzten Nennkapitals auszuzahlen.[12] Hierfür muss der Wille der Gesellschafter zur Auskehrung des Kapitals eindeutig zum Ausdruck kommen, wobei eine Beschlussänderung bis zur Eintragung der Kapitalherabsetzung grundsätzlich möglich und auch ertragsteuerlich anzuerkennen ist. Wird der Beschluss zur Kapitalherabsetzung erst später um die Auskehrung an die Anteilseigner ergänzt, ist trotzdem ein Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto zu gewähren, wenn die Ergänzung vor Eintragung der Kapitalherabsetzung erfolgt.

 

Rz. 51

Eine weitere Ausnahme ergibt sich bei einem negativen steuerlichen Einlagekonto. Das steuerliche Einlagekonto kann zwar grds. nicht negativ werden, bei organschaftlich verursachten Mehrabführungen wird durch § 27 Abs. 6 S. 2 KStG allerdings abweichend hiervon explizit angeordnet, dass hierdurch der Bestand des steuerlichen Einlagekontos auch negativ werden kann. Ist dies der Fall, werden Einlagen einer Kapitalherabsetzung zunächst zum Ausgleich des Negativbetrags verwendet, eine Auskehrung ist dann ab...

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