Rz. 167

Obgleich die Steueranrechnung nach § 26 KStG i. V. m. § 34c EStG grundsätzlich als unilaterale Maßnahme zur Vermeidung bzw. Verminderung von Doppelbesteuerungen geschaffen wurde, ist sie auch im Zusammenhang mit der in zahlreichen DBA enthaltenen Anrechnungsmethode zu sehen. Grundsätzlich ist § 26 KStG nicht "neben" einem DBA anzuwenden. Als spezielleres Recht und aufgrund des völkerrechtlichen Vorrangs des DBA verdrängt dieses grundsätzlich die Steueranrechnung nach § 26 KStG. Die Doppelbesteuerung wird in erster Linie auf der Ebene des DBA vermieden, d. h., es wird für zahlreiche Einkünfte, die der Besteuerungshoheit des anderen Staats zugeordnet werden, typischerweise die Freistellungsmethode gewählt. Sieht das DBA demgegenüber für bestimmte Einkünfte die Anrechnungsmethode vor, gelten § 26 Abs. 1 KStG und § 34c Abs. 13 EStG dem Grunde nach ebenfalls nicht. Auch insoweit verdrängt das jeweilige DBA das innerstaatliche Recht. Da die DBA für die Anrechnung aber regelmäßig keine Durchführungsregeln enthalten und z. T. auch auf das nationale Recht verweisen, bestimmt § 34c Abs. 6 S. 3 EStG, dass die Anrechnung nach § 34c Abs. 1 S. 2–5, Abs. 2 EStG durchgeführt wird. In diesem Fall richtet sich die Anrechnung dem Grunde nach nach den Bestimmungen des DBA, in der Durchführung nach § 26 KStG und § 34c EStG. Der Vorrang des DBA gilt auch dann, wenn dies im Ergebnis ungünstiger für den Stpfl. wirken sollte als die unmittelbare Anwendung des § 34c Abs. 1 EStG, § 26 KStG.[1]

 

Rz. 168

Voraussetzung für die Steueranrechnung unter einem DBA ist, dass ausl. Einkünfte des jeweiligen DBA-Staats nach Definition des DBA's vorliegen und die Steuererhebung in diesem Staat in Übereinstimmung mit dem DBA erfolgt ist. Sofern in dem jeweiligen DBA speziellere Regelungen zur Steueranrechnung bestehen (z. B. zur Definition, was als ausländische Einkünfte gilt), werden die nationalen Regelungen insoweit verdrängt.[2]

 

Rz. 169

In DBA mit Entwicklungsländern kann vereinbart sein, dass eine nicht entstandene Steuer bzw. eine durch einen Ermäßigungsanspruch verminderte Steuer in vollem Umfang angerechnet wird. Hierdurch soll vermieden werden, dass eine von dem Entwicklungsland zur Investitionsförderung vorgenommene Steuerermäßigung über die verminderte Steueranrechnung nur dem Fiskus des Investors, nicht aber dem Investor selbst zugutekommt (fiktive Anrechnung).[3] Die fiktive Anrechnung ist gegenwärtig vereinbart in den DBA mit Ägypten, Argentinien, Bangladesch, Bolivien, VR China, Ecuador, Elfenbeinküste, Griechenland, Indien[4], Indonesien, Iran, Irland, Israel, Jamaika, Kenia, Korea, Liberia, Malaysia, Malta, Marokko, Mauritius, Mexiko, Mongolei, Papua-Neuguinea, Philippinen, Polen, Portugal, Simbabwe, Singapur, Spanien[5], Sri Lanka, Trinidad und Tobago, Tunesien, Venezuela, Vietnam und Zypern. Die Bundesrepublik bemüht sich, durch Änderung der DBA die fiktive Anrechnung zu beseitigen; das DBA mit Brasilien ist aus diesem Grund gekündigt worden.[6] Soweit in einem DBA mit einem Staat der EU eine fiktive Anrechnung für Zins- und Lizenzeinkünfte vereinbart wurde, läuft diese Regelung für Zinsen und Lizenzen, die unter die Zins- und Lizenz-Richtlinie der EU fallen, aus.

 

Rz. 170

Hält eine inl. Körperschaft Anteile an einer ausl. Kapitalgesellschaft, kann es vorkommen, dass von der Tochtergesellschaft gezahlte Vergütungen im Ausland das Einkommen der Tochtergesellschaft gemindert haben, in Deutschland aber als offene (Hybridfinanzierung) oder verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren sind.[7] In diesem Fall greifen die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 KStG sowie eine etwaige Steuerfreistellung nach DBA (internationales Schachtelprivileg) nicht ein; § 8b Abs. 1 S. 3 KStG enthält insoweit ein Treaty override.[8] Für diese Fälle bestimmt § 26 Abs. 1 S. 2 KStG, dass § 34c Abs. 1 bis 3 und Abs. 6 S. 6 EStG auch dann entsprechend anwendbar ist, wenn ein DBA besteht. An sich schließt das Bestehen eines DBA die Anrechnung nach § 34c Abs. 1 S. 1 EStG dem Grunde nach aus; vielmehr regelt das DBA den Rechtsgrund der Anrechnung. Für die genannten Fälle gilt dies jedoch nicht, da das DBA mit dem internationalen Schachtelprivileg die Freistellung verbindet, also kein Anlass für die Regelung einer Anrechnung besteht.[9] Diese Lücke schließt Abs. 1 S. 1 Hs. 2 mit der entsprechenden Anwendung des § 34c Abs. 1 S. 1 EStG. Wenn auf der Leistung der ausl. Tochtergesellschaft an die inl. Körperschaft ausl. Steuern lasten, die Freistellung im Inland wegen des treaty-overrides in § 8b Abs. 1 S. 3 KStG aber nicht eingreift, ist diese ausl. Steuer nach § 26 Abs. 1 S. 2 KStG i. V. m. § 34c Abs. 1 EStG anrechenbar. Im Übrigen folgt diese Anrechnung den üblichen Grundsätzen (Rz. 43ff.). Diese Regelung ist durch Gesetz v. 13.12.2006[10] eingeführt worden und auf ausl. Quellensteuer anwendbar, die von Bezügen erhoben worden ist, die dem Stpfl. nach dem 18.12.2006 zugeflossen sind.

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