Rz. 11

Das Eigenkapital (Betriebsvermögen) nach der Steuerbilanz wird ermittelt als Unterschiedsbetrag zwischen Rohvermögen (in der Steuerbilanz aktivierte Positionen, d. h. i. d. R. Wirtschaftsgüter/Vermögensgegenstände) einerseits und Sonderposten mit Rücklageanteil, Schulden (einschließlich Rückstellungen) und passiven Rechnungsabgrenzungsposten der Steuerbilanz andererseits (Einzelheiten zur Ermittlung des Eigenkapitals vgl. Rz. 16ff.).

Die Bindung des Eigenkapitals i.S.d. § 29 an das Betriebsvermögen der Steuerbilanz anstatt an die Handelsbilanz ist notwendig, nicht nur zweckmäßig. Zwar knüpfen die Ausschüttungen (die den Mechanismus des Anrechnungsverfahrens in Gang setzen) an das ausschüttbare Vermögen der Handelsbilanz an; die Körperschaftsteuer, und damit das vorhandene Anrechnungsguthaben, basiert aber auf der Steuerbilanz. Eine richtige Erfassung des Anrechnungsguthabens, und damit eine Grundbedingung des Anrechnungsverfahrens, ist nur auf der Grundlage der Steuerbilanz möglich. Indem das Gesetz (zutreffend) der richtigen Erfassung des Anrechnungsguthabens (Steuerbilanz) vor der richtigen Erfassung des ausschüttbaren Vermögens (Handelsbilanz) Vorrang einräumt, nimmt es in Kauf, dass handelsrechtliches Ausschüttungsvolumen von der Höhe des verwendbaren Eigenkapitals abweicht. Das führt dazu, dass steuerlich verwendbares Eigenkapital ausgeschüttet werden kann, obwohl handelsrechtlich kein Ausschüttungsvolumen vorhanden ist (z. B. bei verdeckten Gewinnausschüttungen), aber auch, dass handelsrechtlich auf Grund eines ordnungsmäßigen Gewinnverteilungsbeschlusses Gewinn ausgeschüttet wird, obwohl steuerlich kein verwendbares Eigenkapital vorhanden ist (Abwicklung über § 35).

 

Rz. 11a

Die Höhe des Eigenkapitals hängt damit davon ab, welche aktiven und passiven Wirtschaftsgüter und Bilanzpositionen, die nicht den Charakter von Wirtschaftsgütern haben, in der Steuerbilanz bilanziert werden. Wegen des Grundsatzes der Maßgeblichkeit hängt dies wiederum in gewissem Umfang von der Bilanzierung in der Handelsbilanz ab. Dieser grundsätzliche Zusammenhang des Eigenkapitals der Gliederungsrechnung mit dem nach der Steuerbilanz ist durch § 29 Abs. 1, wonach Eigenkapital das in der Steuerbilanz ausgewiesene Betriebsvermögen sei, festgeschrieben[1].

 

Rz. 12

Der Begriff des Eigenkapitals ist daher ein Vermögensbegriff, d. h., es wird das in der Anrechnungskörperschaft nach steuerlichen Vorschriften vorhandene Vermögen ausgewiesen. Dagegen ist der Begriff des Eigenkapitals kein "Einkommensbegriff". Ein Unterschied zwischen Eigenkapital und Einkommen besteht schon darin, dass das Eigenkapital das gesamte Vermögen umfasst, das Einkommen aber nur Zugänge eines Wirtschaftsjahres (Veranlagungszeitraum). Wesentlich wichtiger ist aber ein anderer Unterschied. Der Begriff des Einkommens enthält die steuerpflichtigen Beträge, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Vermögenszugänge handelt oder nicht. Daher können Beträge im Einkommen enthalten sein, die keinen Vermögenszugang darstellen, aber steuerpflichtig sind; andererseits sind im Einkommen Vermögenszugänge, die steuerfrei sind, nicht enthalten. Der Begriff des Einkommens enthält daher nicht (nur) den Zugang zum Vermögen, sondern auch die Positionen, die steuerpflichtig sind, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Vermögenszugänge handelt oder nicht.

Im Eigenkapital sind dagegen nur solche Positionen enthalten, die Vermögen darstellen, auch wenn diese Vermögensteile (Vermögensmehrungen) nicht steuerbar oder nicht steuerpflichtig sind und daher keine Bestandteile des Einkommens bilden. Beispiele hierfür sind etwa nicht steuerbares Vermögen (Liebhaberei) und steuerfreies Vermögen (Auslandsvermögen bei Freistellung durch ein DBA) sowie die hieraus resultierenden Vermögensänderungen sowie sonstige steuerfreie Vermögensmehrungen (z. B. Investitionszulagen). Andererseits gehören Einkommensbestandteile, die zwar steuerpflichtig sind, aber keinen Vermögensbestandteil darstellen, nicht zum Eigenkapital (z. B. nicht abzugsfähige Betriebsausgaben; vgl. § 8 Rz. 27, 57).

 

Rz. 13

Aus diesen Anmerkungen ist auch die Behandlung der verdeckten Gewinnausschüttung abzuleiten. Eine abgeflossene verdeckte Gewinnausschüttung ist kein Vermögensbestandteil mehr; das Vermögen ist abgeflossen. Die verdeckte Gewinnausschüttung (d. h. genauer: das im Wege der verdeckten Gewinnausschüttung dem ­Gesellschafter zugewendete Vermögen) kann daher ab dem Abfluss in der (Steuer-) Bilanz nicht mehr bilanziert werden, es mindert das Steuerbilanzvermögen (und damit den Steuerbilanzgewinn; vgl. § 8 Rz. 38). Die steuerliche Erfassung erfolgt über die außerbilanzmäßige Hinzurechnung bei der Einkommensermittlung (vgl. Anh. vGA zu § 8, Rz. 212). Dieser bilanzmäßigen Behandlung der verdeckten Gewinnausschüttung entspricht der Begriff des Eigenkapitals in § 29 Abs. 1. Das verdeckt ausgeschüttete Vermögen gehört ab der Zuwendung nicht mehr zum Eigenkapital; da es nicht mehr vorhanden ist, kann es nicht mehr "Betriebsvermögen" i.S.d...

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