Rz. 675

Die Organschaft endet auch, wenn über das Vermögen der Organgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Das Verwaltungs- und Verfügungsrecht steht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Insolvenzverwalter der Organgesellschaft zu. Daher entfällt die finanzielle Eingliederung, da der Gesellschafter über seine Stimmrechte keinen Einfluss mehr auf die Organgesellschaft ausüben kann.[1] § 14 Abs. 1 S. 1Nr. 1 KStG kann auch nicht so verstanden werden, dass für die finanzielle Eingliederung formal das Innehaben der Stimmrechte genüge und nicht erforderlich sei, dass Weisungen aufgrund der Stimmrechte auch durchgesetzt werden könnten. Eine solche Auffassung würde das Erfordernis der finanziellen Eingliederung weitgehend bedeutungslos machen. Vielmehr muss eine tatsächliche Durchsetzbarkeit der Weisungen gefordert werden.[2] Schließlich würde auch die Abführung von Vermögensteilen durch den Ergebnisabführungsvertrag dem Zweck des Insolvenzverfahrens widersprechen, die Gläubiger zu befriedigen. Daher kann mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch der Ergebnisabführungsvertrag nicht mehr durchgeführt werden.[3] Die Wirkungen des Ergebnisabführungsvertrags enden daher mit Wirksamkeit des Beschlusses über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, und damit ggf. unterjährig. Dem steht § 296 Abs. 1 S. 1 AktG, der regelmäßig eine Beendigung des Ergebnisabführungsvertrags nur zum Ende des Geschäftsjahrs der abhängigen Gesellschaft zulässt, nicht entgegen. Die Besonderheiten des Insolvenzverfahrens erfordern die unterjährige Beendigung des Ergebnisabführungsvertrags. Die damit verbundenen Erschwernisse einer unterjährigen Abrechnung müssen hingenommen werden.[4] Ist der Ergebnisabführungsvertrag noch nicht für die Mindestdauer von 5 Jahren durchgeführt, entfällt die Organschaft trotzdem nicht rückwirkend. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Organträgers bzw. die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ist ein wichtiger Grund für die Beendigung der Wirkungen des Ergebnisabführungsvertrags.[5] Die Wirkungen der Organschaft entfallen für das ganze Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft, in dessen Verlauf das Insolvenzverfahren eröffnet wird.

Können im Insolvenzverfahren jedoch bestehende Forderungen aus Gewinnabführung oder Verlustübernahme nicht beglichen werden, ist der Gewinnabführungsvertrag insoweit tatsächlich nicht durchgeführt worden. Das Merkmal des wichtigen Grundes bezieht sich nur auf die Beendigung des Gewinnabführungsvertrages, nicht auf seine tatsächliche Durchführung. Können die Forderungen wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht erfüllt werden, scheitert daher die Organschaft, und zwar für den gesamten Zeitraum, wenn die 5-Jahres-Frist noch nicht abgelaufen ist, bzw. wenn dies der Fall ist, für diejenigen Zeiträume, für die die Forderungen aus dem Gewinnabführungsvertrag tatsächlich nicht beglichen werden.[6]

Gleiches gilt bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, dem das Verwaltungs- und Verfügungsrecht übertragen wird ("starker" vorläufiger Insolvenzverwalter). Die Organschaft endet auch bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters für die Organgesellschaft ohne Verwaltungs- und Verfügungsrecht, wohl aber mit Zustimmungsvorbehalt ("schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter) enden. Wird für die Organgesellschaft ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, hat dieser i. d. R. die Aufgabe, das Vermögen der Gesellschaft als künftige Insolvenzmasse zu sichern. Er muss daher seine Zustimmung zur Begleichung von Forderungen verweigern, die Insolvenzforderungen wären. Daher ist eine Gewinnabführung nicht mehr zulässig, sodass der Gewinnabführungsvertrag nicht mehr durchgeführt wird. Auch die finanzielle Eingliederung entfällt, da der Organträger seinen Willen gegen die Entscheidungen des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters nicht mehr durchsetzen kann.

Gleiche Grundsätze gelten für die Organschaft bei Eigenverwaltung in der Insolvenz der Organgesellschaft[7], obwohl dann das Verwaltungs- und Verfügungsrecht bei dem Schuldner verbleibt. Da aber auch dieses Verfahren auf die Befriedigung der Gläubiger der Organgesellschaft gerichtet ist, kann der Gewinnabführungsvertrag nicht mehr durchgeführt werden.

 

Rz. 676

Wird über das Vermögen des Organträgers das Insolvenzverfahren eröffnet, kann es Ziel des Verfahrens sein, das Unternehmen zu erhalten und weiter zu betreiben. Der Zweck des Unternehmens wandelt sich also nicht notwendig in einen Abwicklungszweck um. Trotzdem hat die Rechtsprechung für alle Fälle der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Organträgers das Ende einer Organschaft angenommen. Entschieden worden ist das bisher allerdings nur für die USt.[8] Wird nur über das Vermögen des Organträgers das Insolvenzverfahren eröffnet, sind die Voraussetzungen der finanziellen Eingliederung an sich weiter erfüllt. Der Insolvenzverwalter des Organträgers kann weiter die Stimmrechte aus der Beteiligung an der Organgesellschaft ausüb...

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