Rz. 486

Ausgangspunkt muss eine Analyse der Fälle sein, bei denen es zu einem doppelten Verlustabzug im In- und im Ausland, also zu einem "double dip" kommen kann.[1]

 

Rz. 487

Fall 1: Eine Körperschaft mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland hat negative Einkünfte aus ausl. Quellen, etwa aus einer ausl. Betriebsstätte oder einer Beteiligung an einer ausl. Personengesellschaft. In diesem Fall kann es zur doppelten Berücksichtigung der ausl. negativen Einkünfte aufgrund der unbeschränkten Stpfl. im Inland und der beschränkten Stpfl. im Ausland kommen, wenn beiden Staaten das Besteuerungsrecht zusteht. Das ist möglich, wenn kein DBA existiert, ein DBA für diese Einkünfte die Anrechnungsmethode vorsieht oder ein Qualifikationskonflikt besteht. In dieser Fallgruppe können nur Verluste mit Auslandsbezug betroffen sein, weil es, abgesehen von einem Qualifikationskonflikt, kaum denkbar ist, dass Einkünfte aus einer inl. Quelle bei einer Körperschaft mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland im Ausland steuerpflichtig sind. Gleichgelagert sind Fälle, in denen ein im Ausland ansässiger Stpfl. inl. Einkünfte (Verluste) erzielt. Diese Einkünfte können im Inland der beschränkten, im Ausland der unbeschränkten Stpfl. unterliegen. Diese Fallgruppe hat in beiden Alternativen keine Beziehung zur Organschaft, d. h., sie kommt auch außerhalb der Organschaft vor. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG kann diese Fallgruppe daher nicht erfassen, da die Vorschrift sich ausdrücklich auf die Organschaft bezieht. Den bloßen "double dip" von Verlusten außerhalb einer Organschaft hat das Gesetz nicht zum Anlass einer einschränkenden Regelung genommen. Soweit es sich um die erste Alternative handelt, also um negative ausl. Einkünfte einer im Inland ansässigen Körperschaft, fallen diese unter § 2a EStG. Eine dem § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG vergleichbare Regelung ist dies jedoch nicht, da § 2a Abs. 1, 2 EStG nur "passive" negative Einkünfte erfasst, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG aber alle negativen Einkünfte unabhängig von einer Qualifikation als "aktiv" oder "passiv".

 

Rz. 488

Fall 2: Zu dem Sachverhalt in Fall 1 in Rz. 487 tritt ein Organschaftsverhältnis hinzu. Betroffen sind 2 verschiedene Fallvarianten. Bei der ersten Variante besteht eine inl. Organschaft zu einem Organträger mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland. Der Organträger und/oder die Organgesellschaft haben Verluste aus ausl. Quellen, etwa aus ausl. Betriebsstätten oder Beteiligungen an ausl. Personengesellschaften, erzielt, die nach den in Fall 1 geschilderten Grundsätzen im Inland und im Ausland abziehbar sind. Die zweite Variante betrifft beschränkt stpfl. Körperschaften, die mit einer inl. Betriebsstätte nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 KStG Organträger sind, also im Ausland ansässige Stpfl. mit inl. Betriebsstätten, die ein Organschaftsverhältnis zu einer inl. Kapitalgesellschaft unterhalten. Beide Varianten entsprechen Fall 1 mit der Besonderheit, dass das Organschaftsverhältnis hinzutritt. Dies hat, ohne Berücksichtigung der Regelung der Nr. 5, zur Folge, dass auf der Ebene des Organträgers etwaige ausl. Verluste der Organgesellschaft mit Gewinnen des Organträgers oder anderer Organgesellschaften verrechnet werden können, oder dass ausl. Verluste des Organträgers mit Gewinnen der Organgesellschaften verrechnet werden können. Außerdem können bei beschränkter Steuerpflicht des Organträgers inl. Verluste mit inl. Gewinnen verrechnet werden, obwohl die inl. Verluste u. U. auch im Ausland abziehbar sind. Es gelten grundsätzlich die Ausführungen zu Fall 1; allerdings könnte der Gesetzgeber in den zusätzlichen Verlustverrechnungsmöglichkeiten aufgrund der Organschaft einen besonderen Regelungsbedarf gesehen haben. Das wäre aber nicht schlüssig, da die Verlustverrechnungsmöglichkeit zum Wesen der Organschaft gehört. Wenn die doppelte Abzugsfähigkeit der Verluste sachgerecht ist (Fall 1), dann wird sie durch Hinzutreten der organschaftlichen Verlustverrechnungsmöglichkeiten nicht sachwidrig. Für eine isolierte organschaftliche Regelung, wie sie § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG darstellt, fehlt aber auch bei dieser Fallgruppe der sachliche Grund.

 

Rz. 489

Fall 3: Die ausl. Rechtsordnung qualifiziert eine Körperschaft mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland, z. B. wegen eines Wahlrechts wie dem "check the box-Verfahren" in den USA, nicht als Steuerrechtssubjekt ("look through entity") und übernimmt wegen der Anwendung der Anrechnungsmethode die positiven oder negativen Einkünfte dieser Körperschaft für die eigene Besteuerung. In diesem Fall kann es zur doppelten Berücksichtigung inl. und ausl. Verluste kommen. Diese Fallgruppe ist nicht organschaftsspezifisch, kann also in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG nicht gemeint sein. Ein Regelungsbedarf im Inland besteht für diese Fälle nicht, da es allein eine Entscheidung des ausl. Rechts ist, ob eine inl. Körperschaft für die Besteuerung als selbstständiges Rechtssubjekt anerkannt werden soll oder nicht und ob die Anrechnungsmethode mit Übernahme der ausl. Ergeb...

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