Rz. 485a

§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG wurde durch das Gesetz v. 20.12.2001[1] mit Wirkung ab Vz 2001 eingeführt. Das Gesetz entfaltete unechte Rückwirkung, da es auch auf Sachverhalte anwendbar war, die vor dem 20.12.2001 verwirklicht wurden. Bei einem vom Kj. abweichenden Wirtschaftsjahr galt die Neuregelung sogar für Wirtschaftsjahre, die im Jahr 2000 begonnen und vor dem 20.12.2001 geendet hatten. Als unechte Rückwirkung ist dieses Zurückgreifen der Wirkungen des Gesetzes grundsätzlich zulässig. Eingriffe in ein schutzwürdiges Vertrauen des Stpfl. sind bisher nicht bekannt geworden.

 

Rz. 485b

Die Erweiterung und Verschärfung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG durch das Gesetz v. 20.2.2013[2] gilt nach § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG i. d. F. des Gesetzes v. 18.12.2013[3] für alle noch nicht bestandskräftig veranlagten Fälle. Das Gesetz entfaltet daher echte Rückwirkung, die verfassungsrechtlich nur eingeschränkt zulässig ist.[4] Diese Rückwirkung steht, wie auch die Zusammenfassung der Übergangsregelung mit der für die Neuregelung nach § 14 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 KStG zeigt, im Zusammenhang mit der Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs für die Organgesellschaft. Da mit der Zulassung einer doppelt ansässigen Kapitalgesellschaft als Organgesellschaft für alle noch nicht bestandskräftig veranlagten Fälle nach Ansicht des Gesetzgebers insoweit auch eine erweiterte Möglichkeit zur doppelten Verlustnutzung entstanden ist, ist die Erweiterung des Abs. 1 S. 1 Nr. 5 hinsichtlich des Inkrafttretens an das Inkrafttreten der Regelung für die doppelt ansässige Organgesellschaft gekoppelt worden. Der Gesetzgeber ging offensichtlich von der Annahme aus, dass die echte Rückwirkung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG verfassungsrechtlich zulässig ist, soweit sie die Möglichkeit der doppelten Verlustnutzung infolge der Zulassung einer doppelt ansässigen Kapitalgesellschaft als Organgesellschaft betrifft. Da der Gesetzgeber die doppelt ansässige Organgesellschaft mit echter Rückwirkung zugelassen habe, könne er auch die damit verbundene Möglichkeit der doppelten Verlustnutzung mit gleicher Rückwirkung ausschließen. Die Neuregelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG wäre dann nur ein unselbstständiger Annex der Zulassung der doppelt ansässigen Organgesellschaft. Sollte dies die Überlegung des Gesetzgebers gewesen sein, wäre sie unrichtig. Der Gesetzgeber hat nämlich die doppelt ansässige Organgesellschaft durch das Gesetz v. 20.2.2013 nicht konstitutiv zugelassen. Vielmehr galt die Regelung, wie sie jetzt in § 14 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 KStG enthalten ist, bereits früher, da der Ausschluss einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland, aber Sitz im Ausland gegen europäisches Recht verstoßen hat und daher nicht anwendbar war. Das Gesetz v. 20.2.2013 fügt eine Regelung, die europarechtlich bereits vorher galt, also nur deklaratorisch in das KStG ein. Für die Neuregelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG ist die Rechtslage aber anders. Diese Regelung galt weder innerstaatlich noch europarechtlich vor der Gesetzesänderung v. 20.2.2013, sie ist also konstitutiv. Damit kann die echte Rückwirkung insoweit nicht mit der Rückwirkung der Änderung für doppelt ansässige Organgesellschaften begründet werden. Der Gesetzgeber hat die Zulässigkeit der echten Rückwirkung insoweit nicht begründet, vor allem nicht geltend gemacht, dass überwiegende Gründe des Gemeinwohls die echte Rückwirkung erfordern. Diese sind angesichts der geringen Zahl der betroffenen Stpfl. und damit des überschaubaren Anwendungsbereichs der Vorschrift auch nicht ersichtlich. Die Vorschrift kann daher allenfalls ab Vz 2012 angewendet werden; richtiger wäre wohl der Vz 2013, da der Stpfl. angesichts der komplizierten Entstehungsgeschichte des Gesetzes kaum mit einer Änderung noch für den Vz 2012 rechnen konnte.[5] Damit ist die echte Rückwirkung der Änderung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG auch insoweit verfassungswidrig, als die Möglichkeit der doppelten Verlustnutzung allein auf der Öffnung der Organschaft für doppelt ansässige Organgesellschaften beruht.[6]

Das FG Düsseldorf hat aus der Verbindung der Regelung mit der Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs für Organgesellschaften geschlossen, dass die Rückwirkung für Vz vor 2013 jedenfalls für Organgesellschaften nicht gelten könne, die vor und nach der Gesetzesänderung den doppelten Inlandsbezug aufwiesen. Es hat daher eine Gesetzeslücke angenommen, die im Wege der verfassungskonformen Auslegung dadurch zu schließen sei, dass die Neuregelung des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG für solche Gesellschaften für Zeiträume vor 2013 nicht gelten könne.[7]

Wenn auch dem Ergebnis dieser Entscheidung zuzustimmen ist, kann die Begründung nicht überzeugen. Es muss bezweifelt werden, dass eine Gesetzeslücke vorliegt. Zwar war der Anlass der Neuregelung die Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs der Organgesellschaft, das Gesetz unterscheidet insoweit aber nicht zwischen Stpfl., die den doppelten Inlandsbezug aufweisen, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist. Die ...

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