Rz. 462

Der Ergebnisabführungsvertrag erfasst nicht die während der Liquidation der Organgesellschaft erzielten Ergebnisse.[1] Nach § 301 AktG ist der Jahresüberschuss abzuführen, nach § 302 AktG der Jahresfehlbetrag auszugleichen. Beide Begriffe verweisen auf die Bilanzierung bzw. Gewinnermittlung nach den §§ 238ff. HGB. Im Rahmen der Liquidation der Organgesellschaft wird aber keine Bilanz nach den §§ 242ff. HGB zur Gewinnermittlung, sondern eine Bilanz nach § 270 AktG zur Liquidation (Liquidationsbilanz) erstellt, die der Vermögensermittlung dient. Die in der Liquidationsbilanz ausgewiesenen Beträge, einschl. der Liquidationsgewinne, sind kein "Ergebnis" und kein Gewinn, sondern Vermögen. Sie stehen den Gesellschaftern, nicht dem Organträger zu. Der Ergebnisabführungsvertrag bezieht sich aber nicht auf die Vermögensverteilung, mithin nicht auf die Liquidationsergebnisse der Organgesellschaft.[2] Mit Beginn der Liquidation enden damit die Wirkungen des Ergebnisabführungsvertrags.[3] Damit kann ein vororganschaftlicher Verlustvortrag mit einem Liquidationsgewinn verrechnet werden. Entsprechendes gilt, wenn die Organgesellschaft ihre Tätigkeit ohne Auflösungsbeschluss und ohne förmliche Abwicklung nicht nur vorübergehend einstellt und ihr Vermögen versilbert. Die Organgesellschaft ist dann keine Erwerbsgesellschaft mehr, sodass der Abwicklungsgewinn nicht vom Ergebnisabführungsvertrag erfasst wird.[4] Zu beachten ist aber, dass eine vermögensverwaltende Gesellschaft Organgesellschaft sein kann.[5] Veräußert die Organgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb und wird kein Auflösungsbeschluss gefasst, sondern soll sie weiterbestehen, verwaltet sie zumindest ihr Stammkapital weiter und kann daher als vermögensverwaltende Gesellschaft weiterhin Organgesellschaft sein. Der Gewinn aus der Veräußerung des Geschäftsbetriebs wird aufgrund des Ergebnisabführungsvertrags an den Organträger abgeführt, während Vermögen in Höhe des Stammkapitals und der Buchwerte des veräußerten Geschäftsbetriebs bei der Gesellschaft verbleibt und von ihr verwaltet wird. An dieser Rechtslage ändert sich auch nichts, wenn beabsichtigt ist, die Organgesellschaft alsbald auf den Organträger zu verschmelzen.[6]

[2] BFH v. 18.10.1967, I 262/63, BStBl II 1968, 105; unklar BFH v. 17.2.1971, I R 148/68, BStBl II 1971, 411, wo auf die Auslegung des Ergebnisabführungsvertrags abgestellt und damit m. E. zu Unrecht die Möglichkeit offengelassen wird, in den Ergebnisabführungsvertrag eine Bestimmung über die Abführung der Liquidationsgewinne aufzunehmen; Brink, in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl. 2018, § 14 KStG Rz. 423; Dötsch, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rz. 628; Neumann, in Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020, § 14 KStG Rz. 299; Walter, in Bott/Walter (früher: Ernst & Young), KStG, § 14 KStG Rz. 780; Hierstetter, BB 2015, 859; kritisch Bahns/Graw, DB 2008, 1645.
[4] BFH v. 17.2.1971, I R 148/68, BStBl II 1971, 411; Brink, in Schnitger/Fehrenbach, KStG, 2. Aufl. 2018, § 14 KStG Rz. 423.
[5] Rz. 88.
[6] Zur Problematik Hierstetter, BB 2015, 859.

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