Rz. 156

Nach § 230 HGB liegt eine stille Gesellschaft vor, wenn jemand an dem Handelsgewerbe eines anderen mit einer Vermögenseinlage beteiligt ist, die in das Vermögen des Unternehmers übergeht. Die stille Gesellschaft ist eine Innengesellschaft. Zwischen dem Unternehmer und dem stillen Gesellschafter muss ein Gesellschaftsvertrag, der die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks beinhaltet, geschlossen werden. Stiller Gesellschafter kann jede natürliche oder juristische Person sein.

 

Rz. 157

Der Begriff der stillen Gesellschaft ist im Hinblick auf den Objektsteuercharakter der GewSt im GewSt-Recht weiter als im Handels- und ESt-Recht. § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG verlangt im Gegensatz zu § 230 Abs. 1 HGB und § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht die Beteiligung an einem Handelsgewerbe.[1] Somit ist gewerbesteuerlich auch eine stille Beteiligung an einer GbR möglich, die eine gewerbliche Tätigkeit ausübt.[2]

 

Rz. 158

Im Rahmen einer stillen Gesellschaft müssen sich die Beteiligten zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen haben. Der stille Gesellschafter muss einen klagbaren Anspruch gegen den Unternehmer haben, dass der Gewerbebetrieb, an dem er als stiller Gesellschafter beteiligt ist, fortgeführt wird und in seinen wesentlichen Grundlagen gegen seinen Willen keine Änderungen erfährt.[3]

 

Rz. 159

Die stille Beteiligung kann am Unternehmen eines Einzelgewerbetreibenden, am Unternehmen einer Personengesellschaft oder an einer Kapitalgesellschaft bestehen. Statusrechtliche Doppelfunktionen sind möglich.[4] Damit kann sich auch der Gesellschafter einer GmbH am Unternehmen der GmbH still beteiligen. Beteiligt sich jedoch z. B. der beherrschende Gesellschafter und alleinige Geschäftsführer einer GmbH an dieser auch noch als stiller Gesellschafter mit einer erheblichen Vermögenseinlage unter Vereinbarung einer hohen Gewinnbeteiligung sowie der Verpflichtung, die Belange bestimmter Geschäftspartner persönlich wahrzunehmen, liegt eine atypische stille Gesellschaft und damit eine Mitunternehmerschaft vor.[5] Auch der Gesellschafter einer Personengesellschaft kann sich an dieser still beteiligen.[6] Die Einkünfte aus der stillen Gesellschaft sind dann allerdings dem Sonderbetriebsvermögen zuzuordnen und dort als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen. § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG findet in diesem Fall keine Anwendung.

 

Rz. 160

Die Regelungen des HGB zur stillen Gesellschaft sind weitgehend dispositiv. Daher kann der Gesellschaftsvertrag die im HGB vorgesehenen Regelungen einschränken oder erweitern. § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG erfasst nur die typisch stille Gesellschaft. Nur die Bezüge des typisch stillen Gesellschafters, der am Gewinn oder auch am Verlust, nicht aber an den stillen Reserven beteiligt ist, mindern den gewerblichen Gewinn des Unternehmens und kommen deshalb für eine Hinzurechnung in Betracht.[7]

 

Rz. 161

Dagegen werden die Gewinnanteile des atypisch stillen Gesellschafters, der als Mitunternehmer anzusehen ist, nicht hinzugerechnet, da sie den Gewinn des Unternehmens nicht mindern.[8] Die atypische stille Gesellschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass auch eine Beteiligung an den stillen Reserven besteht.

 

Rz. 162

Für die Hinzurechnung ist unerheblich, ob der typisch stille Gesellschafter an dem Gewerbebetrieb unmittelbar beteiligt ist oder ob ihm nur eine Unterbeteiligung an einem Mitunternehmeranteil eingeräumt wurde.[9]

 

Rz. 163

Erforderlich ist auch nicht, dass der stille Gesellschafter am gesamten Unternehmen beteiligt ist. Es genügt eine Beteiligung an einem Teilbetrieb oder einem abgrenzbaren Geschäftszweig.[10] In diesen Fällen muss der stille Gesellschafter am gesamten Gewinn des Teilbetriebs bzw. Geschäftszweigs beteiligt sein. Bei der Ermittlung dieses Gewinns sind alle Aufwendungen und Erträge anzusetzen, die durch den Teilbetrieb bzw. Geschäftszweig verursacht sind. Nicht ausreichend ist eine Beteiligung an einzelnen Geschäften. Im letzteren Fall liegt eine Gelegenheitsgesellschaft vor.[11]

 

Rz. 164

Typische stille Gesellschaften können mit steuerlicher Wirkung auch zwischen nahen Angehörigen vereinbart werden. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ist, dass die getroffenen Vereinbarungen ernsthaft gewollt sind und tatsächlich durchgeführt werden. Auch müssen sie dem Fremdvergleich standhalten.

 

Rz. 165

Abzugrenzen sind stille Gesellschaften von partiarischen Pacht-, Darlehens- und Arbeitsverhältnissen. Bei stillen Gesellschaften verfolgen die Beteiligten einen gemeinsamen Zweck. Dagegen sind partiarische Rechtsverhältnisse durch einen Austausch von Leistungen gekennzeichnet, wobei die Besonderheit besteht, dass die Gegenleistung – z. B. für die Zurverfügungstellung eines Darlehens – erfolgsabhängig ist. Dabei liegt die für die Annahme einer stillen Gesellschaft zu erbringende Vermögenseinlage bei der Erbringung von Dienstleistungen insbesondere dann vor, wenn die für die Arbeitsleistung geschuldete Vergütung zumindest teilweise nicht ausgezahlt, sondern als verzinsliche Gewinnbeteiligung gutgesch...

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