Rz. 32

Das DBA Schweiz vom 30.11.1978, das am 28.9.1980 in Kraft trat[1], gilt für Nachlässe bzw. Erbschaften von Erblassern, die im Zeitpunkt des Todes in einem oder in beiden Vertragsstaaten ihren Wohnsitz i. S. d. Abkommens hatten.[2] Die Staatsangehörigkeit der beteiligten Personen ist für die Abgrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs des Abkommens ebenso ohne Bedeutung wie der Wohnsitz des Begünstigten.

 

Rz. 33

In der Schweiz liegt die Gesetzgebungskompetenz in den Händen der Kantone und z. T. in denen der Gemeinden. Deshalb gibt es dort kein einheitliches, für das gesamte Staatsgebiet geltendes Erbschaftsteuerrecht. Der sachliche Anwendungsbereich des DBA entspricht Art. 2 des OECD-MA und umfasst alle Nachlass- und Erbschaftsteuern, die für Rechnung eines der beiden Vertragsstaaten, der Länder, Kantone, Bezirke, Kreise, Gemeinden oder Gemeindeverbände – auch in Form von Zuschlägen – erhoben werden.[3]

 

Rz. 34

Als Nachlass- und Erbschaftsteuern gelten alle Steuern, die von Todes wegen als Nachlasssteuern, Erbanfallsteuern, Abgaben vom Vermögensübergang oder Schenkungen auf den Todesfall erhoben werden.[4]

 

Rz. 35

Steuern auf Vermögensübertragungen unter Lebenden (Schenkungen) sind – mit der Ausnahme von Vorschenkungen – nicht Abkommensgegenstand. Deshalb kann bei diesen eine Vermeidung der Doppelbesteuerung grundsätzlich nur durch unilaterale Maßnahmen der beteiligten Staaten erfolgen.[5] Im Rahmen der Regelungen zum Verständigungsverfahren enthält das DBA Schweiz allerdings einen Passus[6], nach dem sich die zuständigen Behörden bemühen werden, Schwierigkeiten und Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen durch ein Verständigungsverfahren zu beseitigen. Ergänzend wird angemerkt, dass sich die zuständigen Behörden dabei auch darüber beraten können, wie eine Doppelbesteuerung in den Fällen vermieden werden kann, die im Abkommen nicht behandelt sind. An dieser Stelle wird explizit auf die Besteuerung von Schenkungen und Zweckzuwendungen unter Lebenden hingewiesen.[7]

 

Rz. 36

Nach dieser Regelung kann jeder Schenker oder Beschenkte die Einleitung eines Verständigungsverfahrens beantragen. Faktisch wurde die Möglichkeit einer auf diese Vorschrift des DBA gestützten Vermeidung einer Doppelbesteuerung bei einer Schenkung im Rahmen einer Verständigungsvereinbarung erst in einem einzigen Anwendungsfall genutzt. Die dabei zwischen den zuständigen Behörden getroffene Vereinbarung besteht darin, dass bei der Übertragung von Geschäftsvermögen einer schweizerischen Betriebstätte (nach der FinVerw wohl nicht Anteile an Kapitalgesellschaften) durch einen deutschen Schenker die für Erbfälle geltenden Regelungen des Abkommens auch für Schenkungen unter Lebenden entsprechend anzuwenden sind. Gemäß dieser Vereinbarung kann bei Anwendung des DBA bei einer Schenkung eines deutschen Schenkers unbewegliches Betriebsvermögen im Belegenheitsstaat[8] und (sonstiges) Betriebsvermögen einer Betriebstätte im Betriebstättenstaat besteuert werden[9]; bei Personengesellschaften ist Art. 6 Abs. 9 DBA-Erb CH zu beachten. Die Doppelbesteuerung ist im Wohnsitzstaat nach Art. 10 DBA-Erb CH zu vermeiden. Das übrige Betriebsvermögen kann nach Art. 8 Abs. 1 DBA-Erb CH nur im Wohnsitzstaat besteuert werden. Bei Ansässigkeit des Erwerbers in Deutschland ist jedoch Art. 8 Abs. 2 DBA-Erb CH anzuwenden.[10]

 

Rz. 37

Soweit das Abkommen keine eigenen Begriffsbestimmungen enthält, erfolgt die Auslegung der im DBA verwendeten Begriffe für die Abkommensanwendung – entsprechend dem Musterabkommen der OECD – nach dem Sinn und Vorschriftenzusammenhang, ansonsten nach innerstaatlichem Recht.[11]

 

Rz. 38

Zur Bestimmung des abkommensrechtlichen Wohnsitzes des Erblassers wird im Abkommen auf das innerstaatliche Recht der Vertragsstaaten bezug genommen.[12] Die nationalen Begriffsdefinitionen werden somit zum Vertragsinhalt erhoben. Aus deutscher Sicht ist deshalb die Inländereigenschaft i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 ErbStG für das abkommensrechtliche Wohnsitzkriterium ausschlaggebend. Deshalb besteht auch bei Erblassern, die im Rahmen der erweitert unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht[13] innerhalb der ersten 5 Jahre nach einem Wegzug ins Ausland fiktiv als Inländer gelten, für Abkommenszwecke ein inländischer Wohnsitz. Nach der Rspr. besteht bei einem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Enklave Büsing unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland.[14]

 

Rz. 39

Die bei der Überschneidung der nationalen Wohnsitzkriterien auftretenden Konfliktfälle eines "Doppelwohnsitzes" werden im DBA durch eine Kollisionsregelung gelöst. Deren stufenartige Struktur entspricht dem Musterabkommen der OECD.[15] Wenn für einen Erblasser nach den nationalen Kriterien in beiden Staaten ein abkommensrechtlicher Wohnsitz besteht, wird auf das Vorhandensein einer ständigen Wohnstätte in einem der beiden Vertragsstaaten abgestellt. Falls eine solche ebenfalls in beiden Staaten vorhanden ist, gilt der Erblasser als in dem Staat an...

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