Rz. 500

§ 7 Abs. 4 ErbStG hat im Grundsatz nur klarstellenden Charakter. Da bereits das Zivilrecht die belohnende Schenkung als Schenkung behandelt (§ 534 BGB), vollzieht das Schenkungsteuerrecht hier die zivilrechtliche Wertung nach. Das klassische Beispiel bildet die aus Dankbarkeit erfolgende, belohnende Rück- oder Gegenschenkung. Keine Belohnung liegt vor, wenn es sich um eine Gegenleistung handelt. Hier ist insbesondere an die Konstellation der sog. Vorleistungs- bzw. Veranlassungsfälle zu denken, mit denen der Leistende eine Gegenleistung veranlassen möchte, ohne dass der Empfänger zu einer entsprechenden Gegenleistung verpflichtet ist. Unterlässt der Empfänger die Gegenleistung, geht dem Leistenden ein bereicherungsrechtlicher Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB (condictio ob rem) zu. Erfolgt die Gegenleistung, beruht sie auf entgeltlicher Grundlage. Im Arbeitsrecht gilt allgemein der Grundsatz, dass Gratifikationen zivilrechtlich auf entgeltlicher Grundlage beruhen.[1] Ebenso stellen "Geschenke" an Angestellte, soweit sie sich als Ausfluss des Arbeitsverhältnisses darstellen, Arbeitslohn dar.[2] Neben der zivilrechtlichen Abgrenzungsfrage zwischen (entgeltlicher) Entlohnung und (unentgeltlicher) Belohnung stellt sich steuerrechtlich die ergänzende Frage des Verhältnisses zum Einkommensteuerrecht. Wenn bestimmte Leistungen bereits nach § 19 EStG steuerbar sind, schließt dies zutreffend eine doppelte Erfassung mit Schenkungsteuer aus. Eine (nachträgliche) Entlohnung kommt allerdings dann nicht mehr in Betracht, wenn in der Vergangenheit eine Leistung als unentgeltlich gewährt worden und der Vorgang abgeschlossen war.[3] Das ist etwa der Fall, wenn Dienste einseitig und unentgeltlich geleistet worden sind, die nachträglich vergütet werden sollen. Zivilrechtlich wird hier die Möglichkeit einer nachträglichen Vergütung angenommen[4], doch gilt steuerrechtlich § 38 AO.

 

Rz. 501

Wenn das Gesetz die Schenkung unter Auflage als Schenkung bezeichnet, stimmt dies zwar mit der zivilrechtlichen Sichtweise, nicht aber mit der gegenwärtigen Interpretation des BFH überein. Im Fall der sog. Leistungsauflage in der Auflagenanordnung ist eine Verkürzung des Zuwendungsgegenstands bei der Schenkung anzunehmen.[5] Hier wäre eine Rückkehr zur zivilrechtlichen Sichtweise, die in vollem Umfang eine Schenkung annimmt, angebracht. Die Auflage kann nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abgezogen werden, wenn sie nicht ausnahmsweise dem Beschwerten selbst zugutekommt (§ 10 Abs. 9 ErbStG).[6]

 
Praxis-Beispiel

Der Vater schenkt seinem Sohn ein Grundstück unter der Auflage, seiner Schwester ein Wohnrecht einzuräumen.

 

Rz. 502

Der Begriff "lästiger Vertrag", der gleichbedeutend mit dem gegenseitigen Vertrag ist, stellt klar, dass eine freigebige Zuwendung auch dann vorliegt, wenn absichtlich der Schein der Entgeltlichkeit hervorgerufen wird, um die Schenkung zu verschleiern. Neben dem Fall der bewusst verdeckten bzw. verschleierten Schenkung[7] geht es hierbei auch um den allgemeinen Grundsatz, dass es für die Frage der Steuerpflicht auf die Bezeichnung des Geschäfts nicht ankommt, sondern auf dessen Inhalt.[8]

 

Rz. 503–509

einstweilen frei

[1] Näher Fischer, Die Unentgeltlichkeit im Zivilrecht, 2002, 49 f. m. w. N.; zum Trinkgeld als entgeltliche Leistung Fischer, Die Unentgeltlichkeit im Zivilrecht, 2002, 67 ff.
[2] RFH v. 12.9.1940, IIIe 46/39, RStBl 1940, 965; RFH v. 26.11.1943, III 138/42, RStBl 1944, 205; Geck, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 7 Rz. 168, 473 ff.
[4] Grundlegend RG v. 22.11.1909, VI 437/08, RGZ 72, 188; näher Fischer, Die Unentgeltlichkeit im Zivilrecht, 2002, 46 ff. m. w. N.
[8] RFH v. 9.7.1931, I e A 886/28, RStBl 1931, 971.

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