Rz. 10

Als Zuwendung versteht man jedwede Bereicherung des Vermögens einer anderen Person. Dabei muss sich der Zuwendende der Mehrung fremden Vermögens bewusst sein.[1] Nur die Gruppe der Zuwendungsgeschäfte lässt sich in entgeltliche und unentgeltliche unterscheiden.[2] Personenrechtliche Rechtsgeschäfte (z. B. Eheschließung) sind keine Zuwendungsgeschäfte, sie lassen sich als "entgeltfremd" qualifizieren. Ebenso wenig ist die Verfügung von Todes wegen (Erbeinsetzung oder Einräumung eines Vermächtnisses) ein geeigneter Zuwendungsgegenstand. Das hängt damit zusammen, dass eine Verfügung von Todes wegen weder beim (künftigen) Erblasser zu einer gegenwärtigen Entreicherung noch beim Begünstigten zu einer gegenwärtigen Bereicherung führt. Die Verfügung von Todes wegen führt zu keiner Vermögensverschiebung, sondern zu einer Vermögenszuordnung[3], die erbschaftsteuerrechtlich von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfasst wird. Problemtisch erscheint es auch, staatliche Zuwendungen in den Anwendungsbereich des Schenkungsteuerrechts einzubeziehen. Dagegen spricht bereits die Entstehungsgeschichte der Schenkungsteuer. Diese ist privatrechtlich geprägt und sollte eine Umgehung der Erbschaftssteuer durch Schenkungen verhindern.[4] Entscheidend ist vor allem, dass der Staat – im Gegensatz zu Privaten – im Grundsatz einem sog. Schenkungsverbot unterliegt. Staatliche Zuwendungen müssen durch die Verfolgung eines öffentlichen Interesses gerechtfertigt sein. Sie erfolgen damit im Ergebnis nicht objektiv freigebig (Rz. 259). Fraglich erscheint es vor diesem Hintergrund, ob es zur Aufgabe des Schenkungsteuerrechts gehört, illegale, d. h. im konkreten Fall durch ein öffentliches Interesse nicht gerechtfertigte Zuwendungen, zu sanktionieren. Das ist nach hier vertretener Meinung sowohl im Bereich der Leistungsverwaltung, bei der die Zuwendung nach Maßgabe des öffentlichen Rechts rückabzuwickeln ist, als auch im Fiskalbereich zu verneinen. Der BFH hält jedenfalls im Fiskalbereich eine freigebige Zuwendung für möglich, wenn der Vermögenstransfer nicht im öffentlichen Interesse liegt.[5]

 

Rz. 11

Der klassische Fall der unentgeltlichen Zuwendung ist die Schenkung. Doch reicht der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG über den zivilrechtlichen Schenkungsbegriff hinaus.[6] Einvernehmen herrscht, dass sich die Schenkung des Bürgerlichen Rechts von der freigebigen Zuwendung in subjektiver Hinsicht dahingehend unterscheidet, dass bei der Schenkung Bürgerlichen Rechts die Bereicherung mit übereinstimmendem Willen beider Parteien gefordert wird, während für die freigebige Zuwendung die Bereicherung mit dem einseitigen Willen des Zuwendenden ausreichend ist.[7] 2 weitere Abweichungen in der Rspr. des BFH vom Schenkungsrecht werden demgegenüber mit guten Gründen kritisch gesehen. Zum einen wird der Wille zur Unentgeltlichkeit dahingehend objektiviert, dass es für das Vorliegen einer Zuwendung ausreichen soll, wenn der Schenker die Umstände kennt, aufgrund derer eine Zuwendung nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen als objektiv unentgeltlich qualifiziert werden könne.[8] Zum anderen lehnt der BFH[9] einen Willen zur schenkweisen Zuwendung ausdrücklich ab. Unbenannte bzw. ehebedingte Zuwendungen erfolgen zwar mangels Gegenleistung objektiv unentgeltlich, sie bezwecken jedoch subjektiv nicht die (altruistische) Bereicherung des Lebenspartners, sondern die Verwirklichung der Lebensgemeinschaft. Aus dem eigenständigen Vertragszweck folgt ein eigenständiger Vertragstypus. Sie sind deshalb zivilrechtlich[10] ebenso wie die (angemessene) Ausstattung nach § 1624 BGB keine Schenkung, werden schenkungsteuerrechtlich[11] aber als freigebige Zuwendung erfasst. Die so entstandene Schenkungsteuer erlischt allerdings nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit, soweit die unentgeltliche Zuwendung gem. § 1380 BGB auf eine Ausgleichsforderung i. S. d. § 5 ErbStG angerechnet oder bei der Berechnung des steuerfreien Betrags berücksichtigt wird. Dies sollte nach einer in der FinVerw vertretenen Auffassung jedoch nicht gelten, wenn aufgrund einer sog. "überschüssigen Schenkung" nicht der beschenkte Ehegatte, sondern der Schenker eine Ausgleichsforderung hat.[12] Das FG Köln ist dieser Ansicht mit Urteil vom 18.1.2018[13] nicht gefolgt. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt entstand durch die lebzeitigen Zuwendungen des verstorbenen Ehemanns bei der beschenkten Ehefrau der höhere Zugewinn. Das FA vertrat die Ansicht, dass es an der für § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG erforderlichen Anrechnung nach § 1380 Abs. 1 BGB fehle, da dieser nicht anwendbar sei. Eine Anrechnung erfolge nur, wenn sich bereits ohne die Anwendung des § 1380 BGB eine Ausgleichsforderung der Beschenkten ergebe. Das FG Köln sah demgegenüber § 29 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG als erfüllt an, da § 1380 Abs. 2 BGB dem § 1380 Abs. 1 BGB vorgehe und auch bei überschüssigen Schenkungen zur Berechnung des fiktiven Zugewinnausgleichsanspruchs nach § 5 Abs. 1 ErbStG anwendbar sei. § 1380 BGB...

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